Mit Gelassenheit zur WM-Medaille im Zeitfahren?

Brennauer und Worrack sollen Arndt beerben

Von WM-Korrespondent Felix Mattis aus Florenz

Foto zu dem Text "Brennauer und Worrack sollen Arndt beerben "
Lisa Brennauer und Trixi Worrack mit ihren Gold-Medaillen aus dem Mannschaftszeitfahren. | Foto: ROTH

24.09.2013  |  (rsn) - Auf den ersten Blick unterscheiden sie sich deutlich voneinander: Die eine ist blond, die andere brünett - die eine spricht leise und ruhig, die andere lauter - die eine nimmt in diesem Jahr an ihren 16. Weltmeisterschaften teil, die andere gibt hier in Florenz ihr Debüt bei Welttitelkämpfen auf der Straße - die eine heißt Trixi Worrack, die andere Lisa Brennauer. Doch die Mission der beiden ist dieselbe: Sie sollen Deutschland im WM-Einzelzeitfahren vertreten - möglichst erfolgreich, versteht sich.

„An einem guten Tag sind sowohl Lisa als auch Trixi Medaillen-Kandidaten im Zeitfahren“, legte ihr Chef beim Team Specialized-Lululemon, Ronny Lauke, die Messlatte nach dem gemeinsamen Erfolg im Mannschaftszeitfahren gleich auf eine ordentliche Höhe. Der Anspruch ist hoch und der Bund Deutscher Radfahrer auch bei den Frauen in den Einzelzeitfahren der letzten Jahre verwöhnt worden. Judith Arndt siegte 2011 und 2012, Hanka Kupfernagel 2007. Hinzu kamen im vergangenen Jahrzehnt drei weitere Silber- und eine Bronze-Medaille durch Arndt. Doch die Doppel-Weltmeisterin ist nicht mehr da und ihr Erbe wiegt schwer.

Brennauer und Worrack sind gut beraten, sich nicht auch selbst noch zusätzlichen Druck zu machen und vermeiden es daher, konkrete Zielvorgaben zu formulieren. „Mal sehen, was herauskommt“, sagte Worrack. „Ich will mir nicht zu große Ziele setzen. Es ist schwer zu sagen, aber ich bin in einer guten Form gewesen am Sonntag. Jetzt lasse ich mich überraschen und gehe locker an die Sache heran.“

Brennauer hält es ähnlich. „Man muss, glaube ich, mit einer gewissen Gelassenheit an den Start gehen, um das Beste herauszuholen“, erklärte die Deutsche Zeitfahrmeisterin. Lockerheit ist offenbar das Zauberwort vor dem WM-Zeitfahren. Natürlich sei sie vor ihrer ersten Straßen-WM aufgeregt gewesen, sagte Brennauer, die im vergangenen Jahr noch auf der Bahn bei Olympia startete. „Aber ich habe ja zum Glück schon ein Rennen gehabt. Das nimmt so ein bisschen die erste Spannung und den ersten Druck.“

Brennauer blickt auf eine starke Saison zurück - vor allem natürlich in ihrer Spezialdisziplin. „Ich glaube, Platz acht war meine schlechteste Zeitfahrplatzierung“, bilanzierte sie kurz und lag dabei nur knapp daneben - zwei siebte Plätze in Tschechien und dem Baskenland waren es in Wirklichkeit - dazu ein fünfter, ein vierter und ein zweiter Platz sowie zwei Zeitfahrsiege, kurz: „Ich bin einige starke Zeitfahren gefahren.“

Ihr WM-Ziel aber formulierte die 25-Jährige ähnlich vage, wie Worrack: „Ich würde meine Leistungen gerne bestätigen“, sagte sie. Den Sieg schließen beide allerdings aus. „Ellen van Dijk ist im ganzen Jahr in dieser Disziplin so herausragend gewesen, dass ich es nicht für möglich halte, an ihr vorbeizukommen“, meint eBrennauer. Dahinter scheint jedoch einiges möglich.

Ihre Fortschritte in dieser Saison schreibt die Allgäuerin selbst mehreren Faktoren zu. Zum einen habe sich nach dem Erreichen des Ziels ‚Olympia-Teilnahme‘ ihr Fokus ohnehin etwas verändert, zum anderen sorgte die Bundeswehr dafür, dass Brennauer sich weiter von der Bahn entfernte und in Richtung Straße bewegte.

„Ich habe im Winter den Bundeswehr-Lehrgang gemacht und konnte dadurch keine Bahn-Weltcups fahren. Das hat mit Sicherheit mehr Ruhe in meinen Winter gebracht und dadurch habe ich mich konsequenter und besser auf meine Saison vorbereitet“, erklärt Brennauer, die auch vor den Olympischen Spielen schon die meiste Zeit auf der Straße trainierte, weil die nächste Trainingsbahn in Augsburg doch ein ganzes Stück entfernt liegt. „Ich habe mich in diesem Jahr speziell aufs Zeitfahren spezialisiert und habe den Trainer gewechselt. Andreas Lang hat neuen Wind hereingebracht - neue Trainingsformen.“

Ganz so rund wie bei Brennauer lief es für Worrack im Jahr 2013 nicht - auch wenn sie Deutsche Meisterin auf der Straße wurde. Im Frühjahr musste sie wegen eines Schlüsselbeinbruchs pausieren. „Ich musste zwei Monate rausnehmen“, erinnerte sich die 31-Jährige auf Nachfrage, wollte das aber nicht als vorweggenommene Entschuldigung gewertet wissen: „Es ist schwer zu sagen, ob ich davon noch etwas merke. Ich bin trotzdem gut fit geworden, denke ich.“ Ob sie fit genug für eine Medaille oder zumindest eine andere Spitzen-Platzierung ist, wird man am Dienstagmittag ab 14:00 Uhr auch im Live-Ticker auf radsport-news.com erfahren.

Innerhalb der Top Ten könnten dort jedenfalls Details entscheiden. „Es wird sehr eng zugehen“, ahnte Lauke bereits am Sonntag, und das glauben wohl auch Worrack und Brennauer, wenn sie sich nicht auf Zahlen festnageln lassen wollen. Doch so wenig konkret das Duo in Sachen Zielsetzung auch ist, am Abend vor dem großen Tag wirkten sie beide doch vorsichtig optimistisch.

Zumindest die Strecke dürfte ihnen nämlich liegen. Topfeben ist es auf dem Kurs durch Florenz, und im Gegensatz zum Mannschaftszeitfahren oder der Männer-Strecke auch durchweg kurvig. „Das kommt mir entgegen“, bemerkte Worrack - und auch die von der Bahn kommende Brennauer ist auf flachen Strecken naturgemäß am stärksten.

Dass die Frauen im Unterschied zu den Männern nur einen Tag Pause zwischen Kollektiv-Übung und Individual-Auftritt hatten, dürfte im Kampf um die Medaillen keine allzu große Rolle spielen, denn von den Favoritinnen sind alle auch im Mannschaftszeitfahren am Sonntag angetreten. Trotzdem war es wichtig, gut durch den rennfreien Montag zu kommen.

„Wir haben uns heute nochmal die Strecke angeschaut, vor allem die Kurven. Die ersten zwölf Kilometer kannten wir ja noch nicht“, erzählte Brennauer. „Und nachmittags sind wir dann nochmal ein bisschen auf die Rolle.“ Nach dem Abendessen ging es dann zum Pressetermin, anschließend zur Mannschaftsbesprechung mit Bundestrainer André Korff sowie dessen ‚rechter Hand‘ Lauke und von dort auf die Zimmer - vielleicht ja auch, um dort dann schon einmal von einer Zeitfahr-Medaille zu träumen.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.10.2013WM: Auch dänisches Team Opfer von Fahrraddieben

(rsn) - Bei der Straßen-WM in Florenz haben Fahrraddiebe erneut zugeschlagen. Wie das dänische Team meldete, wurden ihm nach Ende der Titelkämpfe insgesamt 30 Rahmen und 50 Paar Laufräder gestohle

01.10.2013Polnisches Team kehrt ernüchtert von der WM zurück

(rsn) – Aus der Traum für die polnische Nationalmannschaft von einer Medaille bei den Straßenweltmeisterschaften in Florenz. Auf den Weg in die Toskana begaben sich die Polen mit insgesamt 29 Fahr

30.09.2013Bei den Attacken der Kletterer musste Gilbert passen

(rsn) – Obwohl er seit seinem WM-Triumph von Valkenburg fast ein Jahr ohne Sieg geblieben war, hätte Philippe Gilbert das Regenbogentrikot – auf dem ja bekanntlich ein Fluch lasten soll – nur z

30.09.2013Froome, Wiggins und Co. die große Enttäuschung im Straßenrennen

(rsn) - Als sich das Fahrerfeld bei der 80. Straßen-WM in Lucca in Bewegung setzte, um die 272 Kilometer in Richtung Ziellinie am Nelson Mandela Forum in Angriff zu nehmen, regnete es sprichwörtli

30.09.2013Denifl: Büroklammer verhinderte mögliche Top-Platzierung bei WM

(rsn) - Der Auftritt der Österreicher am Sonntag im WM-Straßenrennen war von vielen Stürzen überschattet. So kamen mit Riccardo Zoidl, der sich eine Adduktorenverletzung zuzog, Bernhard Eisel, Ste

30.09.2013Rodriguez und Valverde spielten ihr Spiel (fast) perfekt

(rsn) - Vor dem Straßenrennen der Weltmeisterschaften schaute alles auf Lokal-Matador Vincenzo Nibali. Der Italiener war der meistgenannte Favorit und musste mit riesigem Druck umgehen. Für Alejandr

30.09.2013Moster: „Eine Weltmeisterschaft mit Licht und Schatten“

(rsn) – „Licht und Schatten“ – so lautet die Bilanz des Bundes Deutscher Radfahrer nach dem letzten von zwölf Wettbewerben der Straßen-WM von Florenz. Der Freiburger Simon Geschke belegte i

29.09.2013Geschkes Ergebnis der Lohn für starke Teamleistung

(rsn) - Auch wenn der WM-Titel letztlich unter den Bergfahrern ausgemacht wurde und mit Dominik Nerz der stärkste Kletterer des Teams früh ausgeschieden war, konnte die deutsche Nationalmannschaft

29.09.2013Huzarski: 240 Kilometer im Dauerregen auf der Flucht

(rsn) - Im Grunde gibt es nur zwei Sorten von Rennfahrern. Die einen hassen es, im Regen zu fahren, den anderen sind die während des Rennens herrschenden Wetterbedingungen egal. Konstant rufen sie ih

29.09.2013Cancellara: „Das Resultat ist eigentlich fast sekundär"

(rsn) – Im WM-Straßenrennen von Florenz wurde es für Fabian Cancellara nichts mit der erhofften Medaille. Nach 272,5 schweren Kilometern von Lucca nach Florenz belegte der Schweizer, der im Zeitfa

29.09.2013Rui Costa zeigt beim Pokerspiel von Florenz die besten Nerven

Florenz (rsn/dpa) - Rui Costa war der große Profiteur des Pokerspiels der Favoriten in Florenz. Der 26 Jährige holte überraschend als erster Portugiese den WM-Titel auf der Straße und stürzt

29.09.2013Rui Costa wird als erster Portugiese Straßen-Weltmeister

(rsn) – Rui Costa hat für den ersten Sieg eines Portugiesen in einem WM-Straßenrennen gesorgt. Der 27-Jährige verwies am Sonntag in einem packenden Sprintduell nach 272 Kilometern von Lucca nach

Weitere Radsportnachrichten

22.12.2024Van der Poel erteilt der Konkurrenz eine Lehrstunde

(rsn) – Er startete aus der dritten Reihe und lag schon nach etwas mehr als einer Minute in der ersten Abfahrt zur Kuil in Führung. Bei der Ausfahrt derselben setzte er sich unwiderstehlich ab: Mat

22.12.2024Van Aert muss seinen Crossauftakt verschieben

(rsn) – Am Montag wären sich Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und Wout Van Aert (Visma – Lease a Bike) beim Superprestige-Rennen in Mol das erste Mal in dieser Cyclocross-Saison gege

22.12.2024Zuerst kalte Hände, dann doch Siegpremiere für Alvarado

(rsn) - Ceylin del Carmen Alvarado (Fenix – Deceuninck) hat in und an der berühmten Kuil den Cross-Weltcup von Zonhoven gewonnen. Nach einem spannenden Rennen verwies sie Zoe Bäckstedt (Canyon –

22.12.2024Viel Spaß und eine Riesenerfahrung bei der Tour

(rsn) – Mit seinen 27 Jahren hat sich Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) zum absoluten Allrounder und einem Fixstarter bei fast allen großen Rennen des Jahres entwickelt. Der Augsburger ist

22.12.2024Teutenberg und Brauße holen sich Omnium-Titel

(rsn) – In Frankfurt an der Oder wurden an diesem Wochenende die Deutschen Meisterschaften im Mehrkampf auf der Bahn ausgefahren. Die Goldmedaillen sicherten sich Franziska Brauße (Ceratizit WNT Pr

22.12.2024“Bis zur Corona-Infektion lief es richtig gut“

(rsn) - Erst zwölf Tage des neuen Jahres waren vergangen, da standen für Linda Riedmann vom Team Visma - Lease a Bike schon die ersten Rennen an. In Australien bei der Santos Tour Down Under begann

22.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine