Interview Raphael Schweda

Spanier bei Bianchi sprachen über Blutdoping

29.05.2007  |  (Ra) - Raphael Schweda, früher Radprofi bei Bianchi, ist Manager beim Team Wiesenhof-Felt. Im Interview mit Radsport aktiv sprach Schweda über den unerwarteten Rückzug des Hauptsponsors Wiesenhof, was er von Doping als aktiver Radprofi mitbekommen hat und Möglichkeiten, die den Radsport aus der Misere helfen könnten.

Herr Schweda, Ihr Hauptsponsor Wiesenhof hat angekündigt, sich zum Jahresende zurückzuziehen. Wann haben sie davon erfahren?

Schweda: Ehrlich gesagt, 30 Minuten vor Beginn der Pressekonferenz von Rolf Aldag und Erik Zabel.

Waren Sie von diesem Entschluss sehr überrascht?

Schweda: Es wurde vom Hauptsponsor zunächst angedeutet, dass man das Engagement über das Jahr hinaus fortzusetzen gedenkt. Kurz vor der Pressekonferenz wurde dann das Ende des Sponsorings mitgeteilt. Das war schon überraschend.

Sind Sie arg enttäuscht?

Schweda: Natürlich bin ich sehr traurig. Es ist schade, wie die Bekanntgabe gelaufen ist. Ich konnte nicht einmal alle Fahrer selbst informieren. Viele mussten es aus den Medien erfahren.

Wie schwer wird es sein, einen neuen Sponsor zu finden?

Schweda: In der aktuellen Situation wird es natürlich sehr schwer.

Haben Sie die Hoffnung schon aufgegeben?

Schweda: Ich war bei den Neuseen Classics beim Team und habe gesehen, wie super die Stimmung trotz allem in der Mannschaft ist und wie sehr sich die Leute reinhängen. Spätestens da wurde mir klar, dass ich gemeinsam mit Sportdirektor Jens Heppner alles geben werde, um einen neuen Sponsor für die Jungs zu finden. Sie hätten es absolut verdient.

Wird man im Team jetzt noch offensiver fahren, um auf mich aufmerksam zu machen?

Schweda: Das würde ja bedeuten, dass wir bisher nicht offensiv gefahren sind. Wir sind mit dem ersten halben Jahr sehr zufrieden. Auch zuletzt hat sich Steffen Radochla mit seinem Etappensieg bei der Rheinland-Pfalz Rundfahrt und weiteren Podiumsplatzierung in Szene gesetzt. Auch Stefan van Dijk ist jetzt wieder fit und hat beim Circuit de Lorraine gute Ergebnisse geliefert. Außerdem kommt auch Olaf Pollack nach Schlüsselbeinbruch wieder zurück. Jetzt gilt es, diese Leistungen bis zum Jahresende fortzusetzen. Es wäre jetzt grundverkehrt, wenn jeder im Team für sich alleine auf Ergebnisse fahren würde. Das wäre der Anfang vom Ende. So wie ich unsere Fahrer aber kenne, wird dies nicht passieren. Es werden weiterhin alle an einem Strang ziehen.

In einer Fernsehsendung haben Sie gesagt, dass Sie 2003 als Profi bei Bianchi Blutdoping mitbekommen haben und deshalb am Jahresende die Karriere beendet haben. Wie hat dieses „mitbekommen“ ausgesehen?

Schweda: Ich habe Gespräche von unseren spanischen Fahrern im Team Bianchi mitbekommen. Sie haben wohl nicht gewusst, dass ich spanisch kann. Da habe ich rausgehört, dass Blutdoping und ein Präparatore, wie sich später herausstellte Fuentes, im Spiel war.

Haben auch die deutschen Fahrer im Team etwas genommen?

Schweda: Nein, da habe ich nichts mitbekommen. Die Leistungen der deutschen im Team waren auch nicht so dominant, dass man ein Dopingvergehen annehmen könnte. Von Jan Ullrich habe ich in dieser Zeit auch nichts in dieser Richtung mitbekommen.

Haben Sie mit anderen Fahrern aus dem Team über ihr Wissen gesprochen?

Schweda: Nein. Das ist eine intime Sache und jedem seine eigene Angelegenheit. Man hat aber natürlich gemutmaßt, das da was im Spiel ist.

Für Sie war Doping kein Thema?

Schweda: Nein. Mir war klar, dass ich nicht viel besser werden könnte. Natürlich wollte ich auch mal einen großen Klassiker gewinnen – aber ohne Doping. Als ich gemerkt habe, dass ich das nicht erreichen kann, habe ich aufgehört.

Wann haben Sie sich entschlossen, mit dem aktiven Radsport aufzuhören?

Schweda: Mein Entschluss fiel nach der Spanien Rundfahrt 2003. Ich war zu der Zeit 27. Dort habe ich gesehen, wie stark die Spanier wieder gefahren sind. Das ist schon ärgerlich, wenn man bedenkt, dass die deutschen Profis wohl von allen Nationen den größten Trainingsumfang trainieren. Wir trainierten sehr viel, viel mehr als die Spanier. Sie haben über den Winter kaum Grundlagentraining gemacht, haben sich präpariert und sind uns dann um die Ohren gefahren. Ich hatte dann im Herbst 2003 ein Angebot eines spanischen Teams für die nächste Saison. Mit meinem Hintergrundwissen habe ich aber abgelehnt.

Was muss sich im Radsport ändern, damit es wieder bergauf geht?

Schweda: Ich bin zunächst der Meinung, dass man durch gutes Training und guter psychologischer Betreuung seine Ergebnisse einfahren kann. Des Weiteren sollten frische Leute in den Radsport kommen. Der wichtigste Punkt ist meiner Meinung nach aber eine Zentralisierung des Radsports. So sollten alle Fahrer eines Teams ihren Wohnsitz im selben Ort, am Besten im Ort des Service Course (Teamsitz) haben. Natürlich wäre das für die älteren Fahrer eine Umstellung, aber die jungen Fahrer, die ihren Traum leben, würden das sicherlich machen.

Welche Vorteile würde diese Zentralisierung bringen?

Schweda: Man würde dadurch dunkle Wege umgehen. Man könnte die Fahrer viel besser kontrollieren, als wenn sie 1000 Kilometer entfernt leben würden. Zudem wäre es, wenn alle Fahrer des Teams eng beisammen wären, für außenstehende Personen, zum Beispiel Präparatoren, viel schwerer, Kontakt zu einzelnen Fahrern aufzunehmen. Das würde die Teamleitung dann eher mitbekommen. Auch einen Kostenvorteil würde dies mit sich bringen. So müssten die Dopingkontrolleure nicht mehr um die ganze Welt reisen, sondern könnten ein ganzes Team an einem Ort antreffen. Allerdings müssten alle Teams der Serie, angefangen bei der Pro Tour wie auch bei der Continental Tour daran teilnehmen. Wenn dies nur wir deutsche Teams tun würden, würde es nicht funktionieren und zu Nachteilen der deutschen Teams führen.

Mit Raphael Schweda sprach Christoph Adamietz

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