RSNplusGiro-Bergpunkte und Selbstvertrauen geholt

Geschke und Steinhauser beeindrucken in glückloser Gruppe

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Geschke und Steinhauser beeindrucken in glückloser Gruppe"
Georg Steinhauser (EF Education - EasyPost) führt die Ausreißergruppe des Tages auf der 8. Giro-Etappe an. | Foto: Cor Vos

11.05.2024  |  (rsn) – Zwei Deutsche haben die 8. Etappe des Giro d'Italia quer durchs Apennin in Richtung Bergankunft in Prati di Tivo maßgeblich mitgeprägt: Simon Geschke (Cofidis) und Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) setzten von Beginn an auf Attacke und gaben alles, um in der Ausreißergruppe des Tages dabei zu sein.

Das gelang auch, nur die Ausbeute am Etappenende war nicht ganz die, die sie sich erhofft hatten. Weil das UAE Team Emirates unterwegs entschied, dass die Spitzengruppe zu prominent besetzt war und Tadej Pogacar die Etappe doch gerne gewinnen sollte, bließ man im Peloton zur Verfolgung und hielt die Spitzengruppe an der kurzen Leine, so dass in der 14,6 Kilometer langen Schlusssteigung alle Ausreißer wieder eingeholt wurden.

"Meine Prognose war, dass heute eine Gruppe ankommt. Da probiert man natürlich, drin zu sein", sagte Geschke am Abend zu radsport-news.com, und Steinhauser erklärte RSN: "Die Etappe hatte ich mir von Anfang an angeschaut und geplant, dass ich in die Gruppe gehe. Ich bin natürlich zufrieden, dass das auch geklappt hat. Dass wir dann von UAE nie mehr als zwei Minuten bekommen haben, das hat die Gruppe nicht in der Hand. Und ich denke, das war auch der Grund, dass sie teilweise nicht zu 100 Prozent funktioniert hat." ___STEADY_PAYWALL___

"Hatte darauf spekuliert, dass im Tal hinten Feierabend ist"

Schon ganz zu Beginn des Rennens gingen die beiden Deutschen in die Offensive, versuchten es dann erneut und als es nach 37 Kilometern an der Forca Capistrello über die erste Bergwertung der 2. Kategorie ging, sah es gut aus: Geschke und Steinhauser saßen in einer vierköpfigen Spitzengruppe mit Romain Bardet (dsm-firmenich – PostNL) und Valentin Paret-Peintre (Decathlon – AG2R). Doch es kehrte dahinter keine Ruhe ein, die Gruppe wuchs in der Abfahrt sowie anschließend im Mittelteil der Etappe bis auf 14 Mann an und UAE wurde das Spiel zu heiß.

Die Ausreißer des Tages mit Valentin Paret-Peintre (Decathlon – AG2R, Mitte) und Simon Geschke (Cofidis, rechts) hatte auf der 8. Giro-Etappe kein Glück. | Foto: Cor Vos

"Die Gruppe lief schon gut, waren ja 14 Fahrer. Aber im Tal hatte ich darauf spekuliert, dass hinten Feierabend ist und wir drei, vier, fünf oder sechs Minuten kriegen", erzählte Geschke, von der entscheidenden Phase, in der das Pendel gegen die Ausreißer umschlug. "Wenn man dann die ganze Zeit nur anderthalb Minuten hat, obwohl 14 Mann kreiseln, ist klar, dass UAE hinten nicht langsam fährt. Da reicht es bei so einer Etappe dann leider nicht, um um den Sieg zu fahren – schade."

Trotzdem machten Geschke und Steinhauser Eindruck und das Beste aus ihrer Situation: Steinhauser holte sich zwei Sekunden Zeitgutschrift am Intergiro Sprint und Geschke gewann die ersten beiden Bergpreise des Tages jeweils vor seinem 16 Jahre jüngeren Landsmann. Gemeinsam versuchten sie auch, die Gruppe über den vorletzten Pass des Tages hinweg nochmal auszudünnen und dadurch vielleicht nochmal Gnade vom UAE-Team zu bekommen.

Steinhauser und Geschke ziehen zu zweit durch, aber nur kurz

"Es war natürlich cool, mit zwei Deutschen dort zu sein und sich zu battlen. Ich wollte am Bergpreis nicht 100 Prozent ins Rote gehen für die Punkte und habe es dann danach kurz probiert, mit ihm (Geschke) durchzuziehen. Aber wir haben schnell gemerkt, dass wir Gegenwind haben werden und dass das keinen Sinn macht", erzählte Steinhauser.

Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) während der 8. Giro-Etappe. | Foto: Cor Vos

Ein gutes Verhältnis pflegen die Beiden trotz des großen Altersunterschieds ohnehin. Beide gehörten in diesem Jahr bereits zu den Gästen des neuen Freiburger Höhen-Hotels mit Zimmern, in denen man Höhenluft simulieren kann, um ein Höhentrainingslager direkt im Breisgau zu absolvieren. "Viel geredet haben wir heute natürlich nicht, aber wir kennen uns sehr gut", bestätigte Geschke, dass es an der Zusammenarbeit der beiden Deutschen jedenfalls nicht lag, dass die Spitzengruppe keinen Erfolg hatte.

Immerhin aber belohnte sich Geschke mit insgesamt 27 Punkten für die Bergwertung und rückte dort hinter Überflieger Pogacar sowie Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) auf den dritten Rang vor. "Dass wir nicht durchkommen, war mir relativ schnell klar. Deshalb wollte ich wenigstens die Bergpunkte mitnehmen, auch wenn das Bergtrikot jetzt doch schon weit weg ist", erklärte er. "Ich würde es jetzt noch nicht als Ziel sehen, wirklich auf die Bergwertungen zu fahren. Aber wenn ich in der Gruppe bin, nehme ich sowas natürlich gerne mit. Denn so fing es ja bei der Tour vor zwei Jahren auch an…"

Geschke "noch nicht" auf Jagd nach dem Bergtrikot

Damals übernahm Geschke das Bergtrikot auch quasi als Nebenprodukt eines Ausreißversuchs in den Alpen und hielt es bis zur letzten Bergankunft in den Pyrenäen, wo er es dann doch noch an Tour-Sieger Jonas Vingegaard abgeben musste. Das Bergtrikot beim Giro zu gewinnen, scheint allerdings fast noch weniger realistisch, als damals in Frankreich. Pogacar hat nach acht Renntagen bereits 104 Punkte, Martinez 52 und Geschke nun 36.

Simon Geschke (Cofidis) sammelte am Samstag 27 Bergpunkte und ist nun Dritter der Sonderwertung. | Foto: Cor Vos

"Ich muss mich erstmal reinfuchsen, wie das Punktesystem ist. Es ist ja doch sehr anders, als bei der Tour", sagte Geschke. "Am Ende denke ich aber, dass Pogacar auch als Sieger in der Bergwertung in Rom stehen wird, wenn nichts dazwischenkommt. So wie er hier fährt, wird er sicher noch die eine oder andere Bergankunft gewinnen können."

Dazwischen kommen kann bei einer dreiwöchigen Rundfahrt aber eben immer etwas – und dann ist es gut, in Lauerstellung auf Rang zwei oder drei zu liegen. Das gilt für die Podiumskandidaten in der Gesamtwertung genauso, wie jetzt vielleicht für Geschke in der Bergwertung. Doch selbst wenn es mit dem Punktesammeln in den verbleibenden zwei Giro-Wochen nicht ganz perfekt läuft, darf man sich nach den Auftritten im Apennin sicher sein: Von Steinhauser und Geschke wird man in diesem Mai in Italien noch hören.

Steinhauser holt sich Selbstvertrauen für weitere Angriffe

"Schlussendlich bin ich super zufrieden. Die Beine sind gut und ich habe es probiert, aber es hat halt nicht geklappt. Aber es wird schon noch ein paar Chancen geben", blickte Steinhauser voraus. Ich habe gezeigt, wofür ich zum Giro gekommen bin und es gibt einem auch Selbstvertrauen, wenn man einen guten Tag hat, sich zeigen kann und Teil vom Renngeschehen ist. Das macht mir einfach Spaß."

Will in diesem Giro noch öfter in die Offensive gehen: Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost). | Foto: Cor Vos

Das Ziel in Prati di Tivo erreichten Geschke und Steinhauser auf den Plätzen 18 und 21 gemeinsam in einer sechsköpfigen Gruppe 2:21 Minuten nach Tagessieger Pogacar. Geschke machte dadurch acht Plätze in der Gesamtwertung gut und ist bei seinem letzten Giro nun 22., mit 15:47 Minuten Rückstand auf Rosa. Steinhauser liegt sogar noch 7:22 Minuten vor ihm auf Rang 17. Vor der Etappe war er 16., doch der verlorene Platz tat ihm nicht weh:

"Wenn ich in den Top Ten wäre, wäre das schon etwas. Aber so ist alles gut. Ich sehe das so entspannt wie möglich. Wenn am Ende etwas Gutes rauskommt, ist das natürlich super. Aber genau wie ich erwartet habe, dass ich einen guten Tag habe wie heute, erwarte ich auch, dass ich mal einen schlechten Tag haben werde und Zeit verliere. Der Giro ist noch ganz schön lang. Da kann noch viel passieren", so der Grand-Tour-Debütant.

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