RSNplusHigh-Speed-Finale von Andora sorgt für Kritik

Das ´kleine Sanremo´ und die Freude, es überlebt zu haben

Von Tom Mustroph aus Andora

Foto zu dem Text "Das ´kleine Sanremo´ und die Freude, es überlebt zu haben"
Jonathan Milan (Lidl - Trek, links) gewann die 4. Etappe des Giro d´Italia in Andora. | Foto: Cor Vos

07.05.2024  |  (rsn) - Die 4. Etappe von Acqui Terme nach Andora hielt ein Finale bereit, das alle an Mailand-Sanremo erinnerte. Manche freuten sich darüber. "Oh, ich kenne hier fast jeden Meter. Es war schön, mal wieder auf dieser Strecke zu sein", sagte etwa Tadej Pogacar, im Frühjahr Dritter auf der Via Roma.

Lange ging es auch jetzt auf der Küstenstraße Aurelia durch Ligurien. Sogar der erste der berühmten Capi der Classicissima, Capo Mele, wurde befahren. Der Anstieg spielte auf dieser Giro-Etappe die Rolle des Poggio. Und wie man es vom Poggio kennt, der letzten Rampe, bevor es in Sanremo auf die Zielgerade geht, der letzten richtigen Angriffschance also, versuchte es auch hier ein Mann mit einem großen Motor:

Filippo Ganna, mehrfacher Weltmeister im Einzelzeitfahren auf der Straße und in der Verfolgung auf der Bahn, zudem Olympiasieger in der Mannschaftsverfolgung, brach plötzlich aus dem Peloton aus. Sechs, sieben Sekunden Vosprung hatte er vor dem zunächst verblüfften Feld. ___STEADY_PAYWALL___

"Es war enger und intensiver als Sanremo"

"Das war nicht lange vorher geplant. Ich habe es mir erst am Beginn des Anstiegs vorgenommen", meinte der Ineos-Profi, als er sich auf der Rolle das Laktat aus den Beinen fuhr. Er wurde allerdings eingefangen, vom den Hügel herunterrasenden Feld.

Das war ein großer Unterschied zu Sanremo. Dort ist nach dem Poggio und nach fast 300 Kilometern Rennstrecke das Peloton meist ausgedünnt. Hier waren es 190 Kilometer, und es gab auch keine große Selektion zuvor. Das führte dazu, dass das Peloton am Ende dieser Giro-Etappe noch fast zwei Drittel der kompletten Besetzung zählte. 113 Fahrer erreichten zeitgleich das Ziel. "Es war enger und intensiver als Sanremo", beobachtete auch Pogacar.

Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) versuchte am Capo Mele sein Glück, wurde aber auf dem Schlusskilometer wieder gestellt. | Foto: Cor Vos

Nicht jeder Radprofi bewertete die Situation so freundlich. "Um ehrlich zu sein, bin ich kein Fan eines solchen Finishs. Wir sind in einem Feld mit 80km/h runtergefahren. Das ist meiner Meinung nach unnötig", meinte etwa Phil Bauhaus. Der Bahrain Victorious-Profi wurde Dritter, fand noch einen Weg zwischen Bande und Konkurrenz bei diesem Hochgeschwindigkeitsfinish. Aber er bewertete die Risiken, die die Veranstalter den Fahrern aufgebürdet hatten, als zu groß. Denn die können ja nicht einfach bei einem Sprintfinale plötzlich den Dampf herausnehmen, nur weil es bergab immer schneller wird.

Vielmehr legt jeder alles in die Pedale, was er hat. "Wir müssen immer so viele Risiken eingehen, denn alle Teams brauchen Punkte. Massensprints sind immer supergefährlich. Und dann ging es eben heute auch noch bergab. Ich hatte einen 58er Ring montiert. Mein Mechaniker hat heute früh gesagt, dass er den in 26 Jahren noch nie montiert hat. Ich weiß nicht, ob das nötig wirklich ist", kritisierte Bauhaus. Froher als über seinen guten dritten Platz war er darüber, dass alle heil ins Ziel kamen in diesem Finale.

"Ich bin froh, dass ich noch am Leben bin"

Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), Sieger der 3. Giro-Etappe, drückte seinen Unwillen noch drastischer aus. "Ich bin froh, dass ich noch am Leben bin", meinte der Belgier. Er war am Teufelslappen eingeklemmt, wohlgemerkt bei etwa 80 km/h! "Zwei Fahrer vor mir waren Schulter an Schulter. Einer wäre fast über die Gitter geflogen", schilderte er die Situation. Alles ging noch mal gut, deshalb gab es ein großes Aufatmen.

Malerisch: Das Peloton auf der Via Aurelia. | Foto: Cor Vos

Formal machten die Streckenplaner auch nichts falsch. Denn es war ja keine abschüssige Zielankunft. Die darf es seit dem Horrorsturz von Katowice 2020 nicht mehr geben. In Andora verliefen die letzten 750 Meter laut Profil auch horizontal, die allerletzten Meter sogar ganz leicht ansteigend. Davor aber war es eine wilde Jagd bergab. Und das ist dann doch eine Gefahrensituation, die für ein großes Feld im Massensprint besser vermieden werden sollte.

Selbst für Pogacar, der ja keiner Herausforderung aus dem Wege geht, war es schließlich "enger und intensiver" als beim größten der Sprintklassiker.

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.05.2025Pidcock: Die Gesamtwertung ist kein Ziel, Rosa aber schon

(rsn) – Es war noch im Trikot der britischen Talenteschmiede Trinity Racing, als Thomas Pidcock schon einmal beim Giro zu überzeugen wusste. Drei Etappensiege fuhr der Brite ein. Auf einen wie Anto

05.06.2024Kanter “super motiviert“, Fragezeichen hinter der Form

(rsn) – Sein Giro-Debüt musste Max Kanter bereits nach der 9. Etappe beenden. Der Sprinter von Astana Qazaqstan musste wie zahlreiche weitere Profis auch wegen eines grippalen Infekts das Rennen au

28.05.2024Gianetti: “Jetzt sind wir bereit für die Tour de France“

(rsn) – Den ersten Teil seines großen Plans, als erster Fahrer nach Marco Pantani 1998 im Lauf einer Saison das Double aus dem Giro d’Italia und der Tour de France zu gewinnen und damit ein weite

28.05.2024Grande Partenza 2026 in Albanien?

(rsn) – Kurz nach dem Finale des 107. Giro d’Italia, der am Sonntag in Rom mit dem überlegenen Gesamtsieg von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) endete, kursieren bereits zahlreiche Berichte über

27.05.2024Martinez macht beim Giro einen Kindheitstraum wahr

(rsn) - Trotz eines fünften Platzes beim Giro d’Italia 2021 galt Daniel Martinez bisher eher als Mann für einwöchige Rundfahrten. Mit seinem zweiten Rang bei der 107. Italien-Rundfahrt hat der Ne

27.05.2024O´Connor zeigte beim Giro große Grand-Tour-Klasse

(rsn) – Viele Jahre galt Ben O´Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) als Rohdiamant im Hinblick auf dreiwöchige Landesrundfahrten. Nach vielversprechenden Leistungen aber gelang es ihm bislang nur s

27.05.2024Bora-Teamchef Denk bestätigt Abschied von Buchmann

(rsn) – Nach den Verwerfungen im Zusammenhang mit der Giro-Ausbootung von Bora – hansgrohe war bereits über einen bevorstehenden Abschied von Emanuel Buchmann berichtet worden. Nun bestätigte Te

27.05.2024Giro-Debütant Steinhauser: “Grand Tours sind was für mich“

(rsn) – Mit einem Etappensieg und zwei dritten Plätzen kehrt Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) von seinem Grand-Tour-Debüt zurück. Der 22-jährige Allgäuer gehörte zu den großen Ü

27.05.2024Giro-Entdeckung Pellizzari auf dem Weg zu Bora - hansgrohe

(rsn) – Neben Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) war er die Entdeckung dieses Giro d´Italia: Giulio Pellizzari (VF Group – Bardiani CSF). Der 20-jährige Italiener aus den Marken fuhr

26.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

26.05.2024Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Pogacar: “Das Rosa Trikot ist eine verrückte Erfahrung“

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

Weitere Radsportnachrichten

02.06.2025Niedermaier verlängert mit Canyon – SRAM

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.06.2025EF trauert dem entgangenen Maglia Rosa nicht hinterher

(rsn) – Zwei Etappensiege und ein dritter Platz in der Gesamtwertung: Der Giro d’Italia 2025 dürfte als eine der erfolgreichsten Grand Tours in die Geschichte von EF Education – EasyPost eingeh

02.06.2025Giro-Debütant van Aert mit Trofeo Bonacossa ausgezeichnet

(rsn) - Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kann auf ein erfolgreiches Giro-Debüt zurückblicken. Nicht nur gewann der Belgier die Schotter-Etappe nach Siena und komplettierte damit seine Sammlung

02.06.2025Deutsche Erfolge in Luxemburg, Österreich und im Iran

(rsn) - Die deutschen Kontinental-Teams haben in der vergangenen Woche bei internationalen Rundfahrten starke Akzente gesetzt. Joshua Huppertz (Lotto - Kern Haus - PSD Bank) sicherte sich bei der tra

02.06.2025Reef: “Wir haben in den letzten Wochen alles perfekt umgesetzt“

(rsn) – Der achte Gesamtsieg bei einer Grand Tour kam für Visma – Lease a Bike eher unerwartet. Zwar hatte Simon Yates bereits im Jahr 2018 die Vuelta a Espana für sich entscheiden können, dana

02.06.2025Das große Ziel verfehlt, Denz und Pellizzari retteten die Bilanz

(rsn) – Heinrich Haussler sprach von einer "emotionalen Achterbahnfahrt“. Der Sportliche Leiter von Red Bull – Bora – hansgrohe sprach im Ziel der 18. Etappe des Giro d’Italia über den Tage

02.06.2025Hollmann nach Giro-Sturz zum zweiten Mal operiert

(rsn) – Juri Hollmann ist seit seinem Ausscheiden auf der 6. Etappe des Giro d´Italia in Neapel bereits zwei Mal operiert worden. Das teilte sein Team Alpecin – Deceuninck mit und gab ein Update

01.06.2025Adam Yates zwischen den Stühlen – und doch zufrieden

(rsn) – Allzu oft kam es noch nicht vor, dass Simon und Adam Yates in ihren Karrieren, die sich näher an der Zielgeraden als an Kilometer 0 befinden, in Grand Tours gegeneinander antreten mussten.

01.06.2025Krieger kommt als Giro-Letzter in Rom an

(rsn) – Die Gemeinsamkeit zwischen Alexander Krieger (Tudor) und Giovanni Pinarello ist nicht unbedingt offensichtlich, aber es gibt sie. Den Sprintanfahrer und den Begründer der italienischen Edel

01.06.2025Yates: “Es ist noch nicht ganz bei mir angekommen“

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat seinem Team einen perfekten Abschluss des 108. Giro d´Italia beschert. Der Niederländer setzte sich auf der 21. Etappe nach 143 weitgehend ruhig ge

01.06.2025Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) setzte am Sonntag den für sein Team perfekten Schlusspunkt des 108. Giro d´Italia. Im Massensprint in den Straßen Roms ließ er alle Konkurrenten hint

01.06.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 9. Mai im albanischen Durres zum 108. Giro d‘Italia (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, zwei Luxemburger sowie je ein Österreicher und Schweizer.

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Trofeo Alcide Degasperi (1.2, ITA)