RSNplusRSN-Rangliste, Platz 74

Jungels: Krankheit und ein Radwechsel bremsten die Euphorie

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Jungels: Krankheit und ein Radwechsel bremsten die Euphorie"
Ein schweres Jahr: Nach seiner starken Saison 2022 warfen Bob Jungels 2023 unterschiedliche Probleme wieder zurück. | Foto: Cor Vos

22.11.2023  |  (rsn) – Mit großer Euphorie ist Bob Jungels in die Saison 2023 gestartet: Nach seinem spektakulären Comeback auf ganz großer Bühne durch seinen Alpen-Etappensieg bei der Tour de France 2022 in Chatel les Portes du Soleil und dem Wechsel von AG2R – Citroen zu Bora – hansgrohe schienen die Sterne für den Luxemburger endlich wieder gut zu stehen.

Die Endofibrose, die ihn in den Jahren zuvor lahm legte, war 2022 endlich endgültig überstanden und es schien wieder vorwärts zu gehen. Am Saisonende aber musste er im Gespräch mit radsport-news.com nun trotzdem frustriert Bilanz ziehen: "Sie fällt sehr ernüchternd aus", sagte Jungels, dessen einziges Top-Ten-Ergebnis abseits der Luxemburgischen Meisterschaften von Anfang Februar stammte: ein zweiter Platz auf der 3. Etappe der Valencia-Rundfahrt, wo er in Sagunto im Sprint einer dreiköpfigen Spitzengruppe nur gegen den Italiener Simone Velasco (Astana Qazaqstan) den Kürzeren zog.

Immerhin 75 Renntage bestritt Jungels im Jahr 2023, darunter waren der komplette Giro d'Italia und die komplette Tour de France. Und doch war es wieder mal ein Jahr zum Vergessen – schon Mitte März kam der große Tiefschlag.

___STEADY_PAYWALL___ "Ich bin natürlich voll motiviert reingekommen ins Jahr, habe einen guten Winter gehabt und war voller Hoffnung. Aber nach Paris-Nizza bin ich durch einen Virusinfekt krank geworden und in dem Zug haben wir auch festgestellt, dass die Lunge angeschlagen war – was aber auch noch von meiner Covid-Infektion im letzten Jahr gewesen sein kann", erzählte der 31-Jährige. "Ich war dann drei Wochen komplett raus, musste danach wieder von Null anfangen und ab da lief alles ein bisschen schwierig."

Auf dem Weg zu Platz 2 am 3. Februar in Sagunto: Bob Jungels bei der Valencia-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

Jungels verpasste die komplette Klassikersaison, die eigentlich mit den Rennen in Flandern und in den Ardennen sein erstes großes Highlight sein sollte. Anstatt dort auf eigene Kappe zu fahren, musste er seine Form wieder neu aufbauen und das Rennprogramm umstellen.

Nach zehn Tagen in Italien bei seinem Trainer Paolo Artuso ging es über die Tour de Romandie zum Giro, wo er als Helfer für Lennard Kämna und Aleksandr Vlasov agierte – um dann aber erneut krank zu werden, nach der Italien-Rundfahrt wieder zehn Tage außer Gefecht zu sein und dann auf die Schnelle fit für die Tour zu werden.

"Die ganze Saison nur so bei 80 Prozent"

"Ich war wieder ganz okay in Form, aber eigentlich die ganze Saison immer nur so bei 80 Prozent", so Jungels rückblickend, und Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk merkte gegenüber radsport-news.com: "Es war ein Up-and-Down bei Giro und Tour. Wenn ich an die Courchevel-Etappe bei der Tour denke, das war beeindruckend. Da fährt er mit den besten 20 oder 25 über den Col de la Loze", so der 50-Jährige.

Der Tag, an dem Teamkollege Jai Hindley das Gelbe Trikot eroberte: Bob Jungels vor Wout van Aert auf dem Col de Marie Blanque. | Foto: Cor Vos

"Aber dann hat er auch wieder Tage gehabt, wo er nicht gut war. Und was nach der Tour passiert ist, ist für mich eigentlich das Enttäuschendste. Da waren noch viele Rennen, die ihm auf den Leib geschneidert waren, wie zum Beispiel in Kanada oder seine Heimat-Rundfahrt in Luxemburg. Da war Bob nicht mehr viel zu sehen. Er war in der ersten Saisonhälfte krankheitsgeplagt, aber in der zweiten Saisonhälfte war es vielleicht eher nicht das Niveau, das wir erwartet hätten."

Doch genau wie es für fehlende Konstanz innerhalb der beiden Grand Tours mit dem völlig verkorksten Frühjahr eine ziemlich simple Erklärung gab, so gab es die auch für den Sommer: Jungels fuhr zwischen Tour de France und Luxemburg-Rundfahrt fünf Eintagesrennen, die Klasikoa San Sebastian, den Circuito de Getxo, den Bretagne Classic und in Kanada den GP Québec und den GP Montréal, kam bei keinem davon aber ins Ziel.

Wechsel vom Tarmac SL7 aufs SL8 sorgte für Muskelprobleme

"Nach der Tour haben wir mein Rad gewechselt und ich bin vom SL7 auf das SL8 (die neue Variante des Specialized S-Works Tarmac, Anm. d. Red.) umgestiegen, bin aber mit dem Wechsel nicht ganz klargekommen. Durch die andere Geometrie hatte ich muskuläre Probleme und dadurch waren dann die Rennen, bei denen ich auf meine Kappe hätte fahren können auch wieder hin", erklärte Jungels die Sommer-Misere.

Schwerer Wiedereinstieg nach Krankheit im Frühjahr: Bob Jungels im Regen bei der Tour de Romandie. | Foto: Cor Vos

"Bei jedem Rennen sind die Muskeln zugegangen und ich habe ein DNF nach dem anderen eingefahren, was mir so in meiner Karriere auch noch nicht passiert ist. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt – es lag also nicht am Rad, sondern einfach an der Umstellung. Vielleicht bin ich da mit dem Alter einfach sensibler geworden."

Immerhin: Anfang Oktober setzte Jungels noch einen versöhnlichen Schlusspunkt unter seine Saison, als er bei Gran Piemonte wieder mit der Spitze mithalten konnte und 16. wurde, um zwei Tage später bei Il Lombardia gute Helferdienste für Vlasov auf dessen Weg zu Platz vier zu leisten. Sein persönliches Saisonhighlight, sei aber trotz allem die Tour de France gewesen, erklärte er: mit dem Etappensieg und dem Tragen des Gelben Trikots durch Jai Hindley sowie dem abschließenden Tageserfolg von Jordi Meeus auf den Champs-Élysées.

Was verändert sich durch Roglic im neuen Jahr?

Ob Jungels auch 2024 in Frankreich wieder dabei sein wird, wenn Bora – hansgrohe dort mit Neuzugang Primoz Roglic ums Tour-Podium oder sogar den Tour-Sieg kämpfen will, ist noch unklar. Konkrete Saisonpläne werden erst im Dezember im Trainingslager auf Mallorca geschmiedet.

"Es ist klar, dass für mich mit Primoz jetzt meine persönlichen Chancen bei den flämischen Klassikern sicher größer sind als bei anderen Rennen", deutete Jungels aber schon mal an, dass die 2023 ausgefallenen Ziele in Flandern 2024 wieder auf die Agenda rücken dürften. Und dann komme eben auch viel auf die Vorstellungen des neuen Stars an: "Ich denke schon, dass Primoz auch mitbestimmen wird, wer dann im Team ist und wen er bei den Rennen dabei haben will. Da werden wir uns alle im Dezember zusammensetzen und dann schauen wir, was herauskommt."

Data powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.01.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2023 im Ãœberblick

(rsn) – Auch in diesem Jahr haben wir wieder mit Hilfe eines eigens dafür erstellten Punkteschlüssels den besten Fahrer des deutschsprachigen Raums ermittelt. In unserer Rangliste finden Sie die P

06.01.2024Hirschi: Trotz Handgelenksbruch reihenweise Top-Ergebnisse

(rsn) – Ein Etappensieg bei einer Grand Tour oder ein Erfolg bei einem großen Klassiker ist Marc Hirschi (UAE Team Emirates) in der vergangenen Saison verwehrt geblieben. In der gesamten WorldTour-

05.01.2024Küng: Achterbahnfahrt knapp unter den eigenen Ansprüchen

(rsn) – Auf Gran Canaria ist Stefan Küng ins neue Jahr gestartet. Der 30-Jährige verbringt, bevor in der kommenden Woche die Teampräsentation von Groupama – FDJ für die neue Saison ansteht, no

04.01.2024Gall: “Spätzünder“ mit steiler Entwicklungskurve

(rsn) – Als erst vierter Straßenradfahrer wurde Felix Gall (AG2R - Citroën) in Österreich als Sportler des Jahres ausgezeichnet. Maßgeblich dafür war seine herausragende Leistung bei der Tour d

03.01.2024Großschartner: Begeistert von erster Saison an Pogacars Seite

(rsn) – Im vergangenen Winter zog es Felix Großschartner in die Vereinigten Arabischen Emirate. Nach dem Wechsel von Bora – hansgrohe zu UAE Team Emirates wurde “Edelhelfer mit Freiheiten“ zu

02.01.2024Schmid: Die starken Leistungen des Vorjahrs bestätigt

(rsn) – Als Fünfter der Rangliste 2023 hat Mauro Schmid (Soudal – Quick-Step) sein starkes Ergebnis aus dem Vorjahr, als er sogar den dritten Platz belegt hatte, eindrucksvoll bestätigt. Der Sch

01.01.2024Kämna: Richtig guten Sport geboten

(rsn) - Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) kann auf eine starke Saison zurückblicken und wurde im rsn-Ranking folgerichtig bester Deutscher. Der Schlüssel zum Erfolg für den 27-Jährigen war, dass

31.12.2023Politt: Mit langem Anlauf zum ersten Zeitfahrtitel

(rsn) - Seit 2016 landete Nils Politt (Bora - hansgrohe) bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften immer unter den besten Fünf. Nur ein Sieg war ihm bisher nicht vergönnt gewesen. Dies änderte sic

30.12.2023Engelhardt: Riesenschritte in der ersten Profisaison

(rsn) – Sein großes Talent zeigte Felix Engelhardt bereits 2022, als er in Portugal Straßen-Europameister wurde. Noch besser lief es in seiner ersten Saison bei den Profis: Mit zwei UCI-Siegen un

29.12.2023Zwiehoff: Aus dem Experiment wurde ein voller Erfolg

(rsn) – Die Geschichte von Ben Zwiehoff ist inzwischen hinlänglich bekannt. Der gehobene Mittelklassemountainbiker – sein bestes Ergebnis im Weltcup war Platz 23 in Nove Mesto – und Gelegenheit

28.12.2023Zimmermann: Perfekter Dauphiné-Tag macht Lust auf mehr

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché - Circus - Wanty) hat auch 2023 bewiesen, dass er zu Deutschlands besten Radprofis zählt. Der Augsburger feierte einen Etappensieg beim Critérium du DauphinÃ

28.12.2023Konrad: Viele Helferaufgaben im finalen Bora-Jahr

(rsn) – Es war für Patrick Konrad (Bora – hansgrohe) eine lange Saison, die vor allem eine große Veränderung mit sich brachte. Denn nach zehn Jahren verlässt der Niederösterreicher die Raubli

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine