Außer Astana zogen alle an einem Strang

Martin neutralisierte die Tour-Etappe und verhinderte Schlimmeres

Von Joachim Logisch aus Nizza

Foto zu dem Text "Martin neutralisierte die Tour-Etappe und verhinderte Schlimmeres"
Tony Martin (Jumbo - Visma) auf der 1. Etappe der 107. Tour de France | Foto: Cor Vos

30.08.2020  |  (rsn) - Bei Twitter kursiert ein Foto, das zu zeigen scheint, wie ein Fahrzeug der Werbekarawane, das ein Flüssigwaschmittel anpreist, einen Schaum versprüht. Es ist kaum vorstellbar, dass es wirklich dieser Schaum gewesen sein könnte, der zu den vielen Stürzen während der 1. Etappe der 107. Tour de France führte. Ganz sicher ist, dass der erste Regen in Nizza seit rund zwei Monaten die Straßen in glitschige Rutschbahnen verwandelte.

Was hätte alles noch passieren können, wenn Tony Martin (Jumbo – Visma) nicht eingegriffen und dafür gesorgt hätte, dass das Rennen zeitweise neutralisiert wurde?

"Das Rennen war vom Feld her so nervös, so schnell, dass niemand eine Chance hatte. Dann setzte der Regen ein und es gab viele Stürze, weil die Straßen unheimlich glatt wurden. Man konnte nicht sehen, wie glatt es war. Aber es befand sich sehr viel Öl auf den Straßen“, schilderte er gegenüber radsport-news.com, wie es zu den gefährlichen Situationen kam.

Der viermalige Zeitfahrweltmeister handelte vor der letzten Abfahrt. "Ich habe gemerkt, dass alle gerne neutralisieren würden. Wie das aber so ist, macht keiner den ersten Schritt. Da habe ich die Initiative ergriffen. Alle waren auch damit einverstanden, das Rennen bis zum Finale zu neutralisieren. Ich bin stolz aufs ganze Feld, dass wir zusammengehalten haben. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Zeichen in Richtung Sicherheit für uns Fahrer“, sagte er, um dann gegenüber radsport-news.com einzuschränken: "Astana als einzige Ausnahme leider nicht. Es ist doch Radrennen, wurde argumentiert.“

Astana bezahlte die Rechnung für eine gefährliche Attacke

In der TV-Übertragung war dann deutlich zu sehen, wie sich das kasachische Team in der Abfahrt mit mehreren Fahrern an die Spitze setzte und Tempo bolzte. In einer Kurve rutschte dann Kapitän Miguel Angel Lopez auf der nassen Straße das Hinterrad weg. Nur mit einer artistischen Meisterleistung konnte der Kolumbianer einen Sturz verhindern. Doch wie ein Rennwagen driftete er quer über die ganze Straße, bis er gegen ein Verkehrsschild prallte. Lopez hatte aber seine Geschwindigkeit soweit verringern können, dass er augenscheinlich ohne schwere Verletzungen weiterfahren und auf Position 130 das Ziel erreichten konnte - zeitgleich mit Etappensieger Alexander Kristoff (UAE Emirates).

Die gefährliche Astana-Offensive kam allerdings im Feld nicht gut an, und auch Martin meinte kritisch zu radsport-news.com: "Ich finde es schade, dass es immer wieder welche gibt, die nicht an einem Strang ziehen wollen. Doch sie haben die Rechnung dafür bezahlt. Der Sturz war kein Pech. Jeder im Feld dachte sich danach seinen Teil."

Dagegen wurde seine Initiative direkt oder indirekt von den anderen Fahrern gelobt. "Natürlich fahren wir alle, um zu gewinnen. Es war aber schön, dass wir gemeinsam die unnötigen Risiken in den Abfahrten vermieden und zusammengehalten haben“, sagte Weltmeister Mads Pedersen (Trek - Segafredo), der Zweiter geworden war, auf letour.fr.

Ähnlich äußerte sich Teamkollege Tom Dumoulin. "Es war wirklich nicht normal, wie rutschig die Straßen waren. Es war eine gute Entscheidung, dass wir die Abfahrt mit verminderter Geschwindigkeit gefahren sind“, sagte der Niederländer gegenüber dem Algemeen Dagblad. Und Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) twitterte: "Großer Respekt vor Tony Martin, der unsere Sicherheit voranstellte. Die beste Entscheidung, die das Peloton treffen konnte."

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

07.12.2025Vanthourenhout schlägt “nach schweren Wochen“ in Terralba zurück

(rsn) – Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen – Altez) hat sich nach einem ereignisarmen Rennen mit spannendem Finale den Sieg beim Weltcup in Terralba gesichert. Aus einer Zehnergruppe war er in

07.12.2025Brand stürmt auf Sardinien weinend zum Premierensieg

(rsn) – Ein Jahr nach der wegen eines Sturmes abgesagten Weltcup-Premiere auf Sardinien hat sich Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) den Sieg auf der italienischen Insel gesichert. Beim Weltcup

07.12.2025Zurück zu den Wurzeln als teamfreie Einzelkämpferin

(rsn) - Gerade einmal fünf Renntage fanden sich im Jahreskalender der Straßenolympiasiegerin von 2021, der Österreicherin Anna Kiesenhofer. Nach zwei Saisons in der WorldTour trat sie zumindest spo

07.12.2025Instagram-Video zeigt: Van der Poel verhindert Sturz spektakulär

(rsn) – Die Radsport-Welt scharrt seit geraumer Zeit mit den Füßen ob des Saisondebüts von Mathieu van der Poel im Cross-Kalender. Am nächsten Sonntag beim Weltcup in Namur ist es so weit, doch

07.12.2025Magnier nimmt Klassiker ins Visier

(rsn) – Paul Magnier (Soudal – Quick-Step) war in der abgelaufenen Saison einer der erfolgreichsten Profis überhaupt. 19 Siege feierte der 21-Jährige in seinem zweiten Jahr als Profi, vor allem

07.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

07.12.2025Holm über Gaviria: “Der faulste Fahrer, den ich jemals kennengelernt habe“

(rsn) – Im Trikot von Quick-Step hat Fernado Gaviria gute Zeiten erlebt. Etappensiege bei der Tour de France und beim Giro; in Italien gewann er auch die Punktewertung. Als der Kolumbianer vor zehn

07.12.2025Spitze gegen Ex-Team: “Mensch wieder im Vordergrund“

Das neue Team und die neue Saison dürften für Marco Haller (Tudor) am Jahresbeginn erstmal im Hintergrund gestanden haben. Der 34-Jährige bekam Anfang Januar Nachwuchs und wurde zum zweiten Mal Vat

07.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

07.12.2025Hollmann muss Alpecin verlassen, ProTeam-Neuzugang für Bike Aid

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

06.12.2025Etxeberria hat “beim Real Madrid des Radsports unterschrieben“

(rsn) – Als der Zweitdivisionär Kern Pharma Ende 2024 fünf Neoprofis für die anstehende Saison bekannt gab, fiel vor allem der des Luxemburgers Mats Wenzel auf, der einer von nur zwei Ausländern

06.12.2025Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2026

(rsn) - Wie sieht das Peloton 2026 aus? Welche Farben werden in der kommenden Saison vorherrschend sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor - den Anfan

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)