Belgierin gelingt in Zürich die Titelverteidigung

Kopecky siegt mit Köpfchen, Lippert knapp an WM-Bronze vorbei

Von Marc Zeiringer

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Lotte Kopecky hat bei der WM in Zürich das WM-Straßenrennen der Frauen gewonnen. | Foto: Cor Vos

28.09.2024  |  (rsn) – Lotte Kopecky hat bei den Weltmeisterschaften in Zürich ihren Titel im Straßenrennen der Frauen verteidigt. Die 28-jährige Belgierin entschied nach 154,1 verregneten Kilometern von Uster nach Zürich am Sechseläutenplatz den Sprint einer sechsköpfigen Spitzengruppe vor der US-Amerikanerin Chloe Dygert für sich.

Die Italienerin Elisa Longo Borghini sicherte sich Bronze vor der Friedrichshafenerin Liane Lippert, der nach einer herausragenden Vorstellung wie bereits in Australien 2020 nur der vierte Platz blieb.

Ebenfalls leer gingen die erfolgsverwöhnten Niederländerinnen aus. Zwar hatte das Team weite Strecken des Rennens bestimmt, letztlich musste sich die Vorjahreszweite Demi Vollering aber mit dem fünften Rang begnügen. Sechste wurde die Australierin Ruby Roseman-Gannon, beste Schweizerin war Noemi Rüegg auf Platz elf.

“Ich konnte es gar nicht glauben, als ich über die Ziellinie gefahren bin. Als erstes möchte ich aber der Familie von Muriel Furrer mein Beileid aussprechen. Die Trauerminute am Start, die Schweizer Fahrerinnen in Tränen, das ist etwas, das keiner sehen will. Es ist auch für die Teamkolleginnen ein sehr schwerer Moment. Ja man kann sagen, dass der Titel auch an Muriel geht", gedachte die alte und neue Weltmeisterin in einer ersten Reaktion der im Juniorenrennen tödlich verunglückten Schweizerin.

Kopecky behielt bei den Psycho-Spielchen kühlen Kopf

Kopecky gewann mit dieser Goldmedaille nicht nur ihr drittes WM-Edelmetall nach Silber in Wollongong 2022 und dem Sieg im letzten Jahr in Glasgow. Sie konnte auch als erste Fahrerin seit Marianne Vos (2012, 2013), die in Zürich Achte wurde, ihren Titel verteidigen.

“Es war heute sicher ein Sieg mit Köpfchen. Es war mit dem vielen Regen und den kalten Temperaturen ein unangenehmer Tag. Am steilen Anstieg hatte ich keine Probleme, aber am längeren in der Schlussrunde als Demi (Vollering) attackierte, hatte ich Schwierigkeiten. Ich habe dann einfach versucht, mein Tempo zu fahren und zurückzukommen. Am Ende waren es sehr viele Psycho-Spielchen. Man musste zur richtigen Zeit seine Kraft einsetzen“, erklärte Kopecky, die sich ihre Kräfte perfekt einteilte und im Zielsprint gegen Dygert das bessere Ende für sich hatte.

"An diesem Morgen wollte ich echt nicht fahren und jetzt sitze ich hier mit der Silbermedaille und bin sauer, dass ich nicht Gold gewonnen habe. Ich war irgendwie eingeklemmt. In einem Sprint gegen Kopecky ist der zweite Platz aber wahrscheinlich das Beste, was ich herausholen kann“, erklärte die 27-Jährige, die im Zeitfahren bereits Bronze geholt hatte, auf der Pressekonferenz.

Lippert wird für überragenden Auftritt nicht belohnt

Dagegen konnte sich Lippert für ihre starke Leistung nicht mir einer Medaille belohnen. Die dreimalige Deutsche Meisterin hielt bis auf die Zielgerade mit den Besten mit und drückte dem Rennen mit einigen Vorstößen sogar ihren Stempel auf. Am Ende muss sich die die 26-jährige Friedrichshafenerin wie in Wollongong 2022 mit dem vierten Platz zufriedengeben.

“Es war ein so hartes Rennen, aber ich habe mich vom Start weg sehr gut gefühlt. Als Elisa Longo Borghini angriff, musste ich die Lücke schließen. Da war ich am Limit. An Ende hat mir ein wenig die Energie gefehlt. Ich habe so viel gemacht, ich wollte unbedingt dranbleiben und nicht aufgeben. Ich wollte unbedingt eine Medaille holen“, erklärte Lippert gegenüber RSN.

Dennoch hatte das deutsche Team Grund zum Jubel. U23-Zeitfahrweltmeisterin Antonia Niedermaier sicherte sich in der U-23 Wertung, die im Rahmen des Elite-Rennens ausgefahren wurde, die Bronzemedaille. In einem ähnlich spannenden Sprintfinale musste sie sich nur der Niederländerin Puck Pieterse und der Neuseeländerin Neve Bradbury geschlagen geben.

Pieterse bescherte mit ihrer Goldmedaille dem Oranje-Team immerhin ein Trostpflaster. Denn im Straßenrennen der Elite verpassten die Niederländerinnen erstmals seit 2014 eine Medaille.

So lief das WM-Straßenrennen der Frauen:

Angeführt von Titelverteidigerin Kopecky nahmen am Mittag 197 Fahrerinnen aus 67 Nationen in Uster bei starkem Regen das über 154 schwere Kilometer führende Straßenrennen der Frauen in Angriff. Vor dem Start gedachte das Feld der im Straßenrennen der Juniorinnen tödlich verunglückten Muriel Furrer mit einer Schweigeminute, wobei die Schweizer Auswahl in der ersten Reihe Aufstellung genommen hatte.

Es war dann auch eine heimische Fahrerin, die nach nur einem Kilometer eine erste Ausreißergruppe initiierte: Einer Attacke von Caroline folgten die Spanierin Sara Martin und die Luxemburgerin Nina Berton. Das Trio bekam aber nur einen kleinen Vorsprung von rund einer Minute zugestanden, ehe die Niederländerinnen das Kommando im Feld übernahmen und die Ausreißerinnen bereits gut 100 Kilometer vor dem Ziel wieder einfingen.

Danach bestimmte Team Oranjie weiter das Geschehen. Zunächst waren Riejanne Markus und Mischa Bredewold in einer elfköpfigen Spitzengruppe dabei, ehe ihre Teamkollegin Pauliene Rooijackers mit hohem Tempo das 70 Kilometer vor dem Ziel bereits deutlich geschrumpfte Feld wieder heranführte und auch in der Folge den Druck aufrechterhielt.

Das Streckenprofil des WM-Straßenrennens der Frauen | Foto: UCI

Die bis zu 17 Prozent steile Rampe an der Zürichbergstraße in der zweiten Runde sorgte für eine weitere Selektion im nur noch knapp 50 Fahrerinnen umfassenden Feld. Vollering und Lippert gaben das Tempo vor und sorgten dafür, das viele Fahrerinnen Probleme bekamen. Als die Zweite von Glasgow 2023 Vollering das Tempo weiter erhöhte, verkleinerte sich die Spitzengruppe auf nur noch 15 Fahrerinnen.

Weitere Attacken von Caroline Andersson (Schweden), Juliette Labous (Frankreich) und Markus folgten. Die Belgierin Justine Ghekiere und Markus konnten sich dann absetzen und fuhren sich in der vorletzten Runde kurzeitig einen Vorsprung von 50 Sekunden heraus, ehe die dreimalige Weltmeisterin Marianne Vos (Niederlande) und Roseman-Gannon den Anschluss an die Spitze schafften. Bei der letzten Zieldurchfahrt hatte das neu formierte Quartett fast eine Minute Vorsprung auf die Verfolgerinnen, die zunächst nicht wesentlich näher herankamen.

Im Anstieg zur Zürichbergstraße formierte sich dann aber ein Quintett, bestehend aus Lippert, Vollering, Dygert, Kopecky und Longo Borghini, das sich auf die Jagd nach der Spitzengruppe machte. Im weiteren Verlauf des Anstieges attackierte Longo Borghini. Vollering und Lippert konnten dranbleiben und gemeinsam kamen sie an die Spitzengruppe heran. Somit lagen 19 Kilometer vor dem Ziel sieben Athletinnen vorn.

Vollering hängt ihre eigenen Teamkolleginnen ab

Nach einer weiteren Attacke von Longo Borghini musste Vos reißen lassen, Markus war davor schon zurückgefallen. Im welligen Bereich schafften dann in der Abfahrt Dygert, Vos, Markus und Kopecky auch wieder den Anschluss. Damit lagen wieder neun Fahrerinnen an der Spitze, drei davon trugen das niederländische Trikot.

Doch statt in der Folge die numerische Überlegenheit auszuspielen, hatte Vollering eigene Ideen und attackierte ungestüm, was dazu führte, dass die sprintstarke Vos und Markus sowie Ghekiere nicht mehr folgen konnten. Auch an der letzten Welle sieben Kilometervor dem Ziel trat sie nochmals an. Longo Borghini sorgte mit einer weiteren Tempoverschärfung dafür, dass die Gruppe auch noch Dygert und Roseman-Gannon abschütteln konnte.

Alles sah nach einem Zielsprint zwischen Vollering, Longo Borghini, Lippert und Kopecky aus. Doch einen Kilometer vor dem Ziel kamen Dygert und Roseman-Gannon wieder heran, da sich die Spitzengruppe nicht einig war. Zunächst versuchte es die Australierin von vorne, dann zog Longo Borghini den Sprint an. Kopecky trat fast zeitgleich an und hielt die stark aufkommende Dygert auf Distanz.

Lippert geht leer aus, Niedermaier holt U23-Bronze

Am Hinterrad der letztjährigen Zeitfahrweltmeisterin kämpfte Lippert gegen Longo Borghini um Bronze und musste sich schließlich um halbe Radlänge geschlagen geben. Vollering, die auf der Schlussrunde die meiste Arbeit verrichtet hatte, kam nicht über Rang fünf hinaus.

In der U23-Wertung kam es zum Zielsprint zwischen Pieterse, Bradbury und Niedermaier, den die Niederländerin für sich entscheiden konnte und als Tagesdreizehnte drei Minuten hinter Kopecky neue U23-Weltmeisterin wurde. Bradbury belegte Rang 15 und holte Silber, Niedermaier kam auf Platz 18 ins Ziel, was die Bronzemedaille bedeutete.

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