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09.11.2011 | (rsn) - Nach nur einem Jahr verlässt der zweifache Deutsche Meister Fabian Wegmann wieder das luxemburgische Leopard-Trek-Team, aus dem nach der Fusion mit RadioShack der Rennstall RadioShack-Nissan wird. Im Gespräch mit Radsport News erklärt der 31 Jahre alte Freiburger, weshalb er sich für das US-amerikanische Garmin-Cervélo-Team entschieden hat, wie er den Unfalltod seines Teamkollegen Wouter Weylandt verarbeitet hat und warum er sich 2012 vor allem im Olympischen Straßenrennen und bei der Straßen-WM in Valkenburg gute Chancen ausrechnet.
Wie kam der Wechsel zu Garmin-Cervélo zustande?
Wegmann: Als klar war, dass ich nicht mit zu RadioShack-Nissan wechsele, habe ich habe sofort an Garmin gedacht. Das Team arbeitet sehr professionell und mit Klier und Haussler sind schon quasi eineinhalb Deutsche dort. Wir Fahrer unterhalten uns ja auch über unsere Erfahrungen und von daher wusste ich schon, dass ich bei Garmin gut aufgehoben wäre. Wichtig für mich war die Frage: Wie arbeitet das Team mit den Fahrern zusammen, welche Rennen kann ich fahren? Ich habe dann mit Teamchef Jonathan Vaughters gesprochen und dabei sind wir schnell auf einen Nenner gekommen.
Gab es noch andere Angebote – etwa von Katjuscha, wo ja Ihr früherer Gerolsteiner Teamchef Hans-Michael Holczer verantwortlich ist?
Wegmann: Sicher war auch das eine Option. Ich hatte noch vier weitere Angebote bzw. Gespräche, u.a. auch mit Hans-Michael Holczer. Die Entscheidung war dann nicht einfach, aber ich bin mit Garmin sehr zufrieden. Es ist ein absolutes Weltklasseteam mit einem hervorragenden Ruf.
Sie haben nur einen Einjahresvertrag unterschrieben – warum?
Wegmann: Sicherlich gibt ein Zweijahresvertrag mehr Sicherheit. Aber es war schon recht spät in der Saison und es musste alles relativ zügig gehen. Zudem wollten auch beide Seiten schauen, wie man zueinander passt.
Sind Sie sehr enttäuscht, dass Sie nicht im neuen Team RadioShack dabei sind?
Wegmann: Zunächst mal gibt es solche Fusionen ja nicht nur im Radsport, sondern auch überall in der Wirtschaft. Die Geschichte ist ziemlich einfach: Wenn sich zwei Teams mit insgesamt 60 Fahrern zusammenschließen, müssen 30 Fahrer woanders hingehen. Die Entwicklung kam für uns alle ziemlich überraschend und ich habe mich nach Gesprächen mit meiner alten Teamleitung entschieden, zu einem anderen Team zu wechseln. Das ist eine gute Lösung für beide Seiten. Also keine Enttäuschung von meiner Seite.
War das in sportlicher Hinsicht ein verlorenes Jahr für Sie?
Wegmann: Also ein verlorenes Jahr war es ganz sicher nicht. Ich war eigentlich die ganze Saison über gut drauf. Und auch wenn ein Sieg gefehlt hat, so konnte ich doch einige Spitzenergebnisse herausfahren. Im Frühjahr war klar, dass ich in den Klassikern für die Schleck-Brüder arbeite, da war nicht mehr drin. Aber selbst da habe ich mit Platz drei beim GP Indurain ein Spitzenergebnis geholt. Und nach der Sommerpause lief es gut für mich.
Das Team und der Radsport ist durch den Tod Wouter Weylandt beim Giro d’Italia erschüttert worden. Er war Ihr Zimmerkollege - haben Sie diesen schrecklichen Unfall mittlerweile verarbeitet können?
Wegmann: Das war ein extremer Schock und hat mich komplett aus dem Gleichgewicht geworfen. So etwas möchte ich nicht noch einmal durchleben. Ich habe ein, zwei Monate gebraucht, um das Ereignis zu verarbeiten. Ich habe viel mit Freunden darüber gesprochen. Schlimmer wurde alles noch dadurch, dass meine und Wouters Frau praktisch zeitgleich schwanger waren. Normalerweise steht man nach einem Sturz wieder auf und sagt: Es geht weiter, das wird schon wieder. Aber der Sturz von Wouter hat gezeigt, wie nahe man manchmal dran ist... Ich hatte danach allerdings keine Angst, wieder auf’s Rad zu steigen - auch wenn unser Team den Giro nach dem tödlichen Sturz nicht mehr weiterfahren konnte. Man muss auch sagen, dass überall und zu jeder Zeit solche tödlichen Unfälle passieren können.
Was haben Sie sich für die neue Saison vorgenommen?
Wegmann: Ich soll bei den Ardennenklassikern eine entscheidende Rolle spielen, zwar nicht unbedingt als Kapitän, aber ich werde meine Freiheiten bekommen, mehr als in diesem Jahr. Ein großes Ziel sind auf jeden Fall die Olympischen Spiele. Ich finde, der Kurs ist schwerer als berichtet wird. Da gibt’s einen Drei-Kilometer-Berg und bei neun Runden wird das ein ganz anderes Rennen als das Testrennen, das ja nur über zwei Runden führte (Cavendish gewann, d. Red.). Und im Herbst will ich bei der WM in Valkenburg angreifen. Das ist ein Kurs, der mir auf den Leib geschneidert ist.
Wie sieht Ihr Rennprogramm aus?
Wegmann: Wir haben ab Sonntag ein erstes Teamtreffen in Boulder /Colorado und dort erfahre ich Einzelheiten. Aber ich denke, es wird sich nicht viel ändern im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Ich beginne wohl mit der Mallorca Challenge, dann kommen die Baskenland-Rundfahrt und die Klassiker. Ich hoffe, dass ich wieder die Bayern-Rundfahrt werde fahren können und dass noch ein Platz im Tour-Aufgebot für mich frei ist. Aber wenn es nicht klappt, wär’s auch nicht dramatisch.
Sie werden erstmals in Ihrer Karriere für ein US-Team fahren. Erwarten Sie große Veränderungen?
Wegmann: Natürlich haben die Amerikaner eine andere Mentalität als wir Europäer. Insofern erwarte ich schon Veränderungen. Aber ich bin lange genug in dem Metier dabei, um damit umgehen zu können. Und das Grundlegende ist doch in jedem Team gleich. Auch bei Garmin wird das Rad nicht neu erfunden.
Da es keinen großen deutschen Rennstall mehr gibt, zieht es viele Fahrer notgedrungen in die Ferne. Glauben Sie, dass die Chancen für ein erstklassiges deutsches Team dadurch geringer werden?
Wegmann: Nein, das denke ich nicht. Es geht letztlich nur darum, dass sich ein deutscher Sponsor wieder bereit findet, in den Radsport hierzulande einzusteigen. Das Potenzial an starken Fahrern ist ja da, wie dieses Jahr wieder gezeigt hat. Australien beispielsweise hat jahrelang auch kein eigenes Team gehabt und doch kamen extrem starke Fahrer von dort und fuhren in ausländischen Teams. Dem australischen Radsport hat es jedenfalls nicht geschadet. Und jetzt gibt es mit GreenEdge sogar eine australische Mannschaft.
Mit Fabian Wegmann sprach Matthias Seng.
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