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05.07.2011 | 5. Juli: 4.Etappe – Lorient – Mûr-de-Bretagne 172 km
(rsn) - Die Profis und die Zuschauer an der Strecke und an den Bildschirmen werden heute ein wahres Radsportspektakel erleben, denn in dieser Gegend der Bretagne gibt es unzählige Radsportvereine und Hobbyfahrer. Die „Berge der Bretagne“ türmen sich vor den Fahrern auf, Vorsicht und erhöhte Wachsamkeit im Feld sind nötig, um das ständige Auf und Ab unterwegs zu meistern. Es wäre keine Überraschung, wenn es schon früh zu einer Aufsplitterung des Feldes käme.
Den Startort Lorient hat Jens Heppner aus Gera noch in guter Erinnerung, weil er sich dort 1998 in einem packenden Zweierspurt den Etappensieg gegen den Franzosen Xavier Jan holte.
Der Name Lorient stammt von L’Orient (der Orient), da hier früher der Heimathafen der französischen Ostindien-Kompanie war. Von Lorient aus stachen die Schiffe in See in Richtung der Maskarenen, Indien oder China, um aus dem Orient mit den begehrten Gütern Seide, Gold und Gewürze heimzukehren. Die Stadt im Departement Morbihan ist übrigens heute neben Boulogne-sur-Mer der größte Fischereihafen Frankreichs.
15 Kilometer nach dem Start um 12.50 Uhr in Lorient passiert das Fahrerfeld mit den immer noch 198 Rennfahrern aus 22 Mannschaften den im Radsport bekannten Ort Plouay. Jedes Jahr steht das Eintagesrennen „Grand Prix Ouest France“ Ende August im Rennkalender der World Tour. Eine schwere Prüfung, die vergangenen Jahr übrigens vom Australier Matthew Harley Goss (HTC-Highroad) gewonnen wurde.
Im Jahr 2000 wurde in diesem kleinen, aber radsportverrückten Ort die Straßen-Weltmeisterschaft der Profis ausgetragen. Damals gewann der Lette Romans Vainsteins den Spurt vor dem Polen Zbigniew Spruch und Oscar Freire aus Spanien. Hinter dem Italiener Michele Bartoli belegte Tobias Steinhauser den hervorragenden 5.Platz und wurde damit nach 269 km bester Deutscher.
Auf der weiteren Fahrt mitten in das Herz der Bretagne gibt es eine Bergwertung der 4.Kategorie, die sicher keine Vorentscheidung bringen wird. Aber am Ende dieser welligen, kurvenreichen Etappe in Mûr-de-Bretagne, auch das Alpe d’Huez der Bretagne genannt, wartet bei dieser Tour die erste Bergwertung der 3. Kategorie: eine knackige Steigung über zwei Kilometer, die fast geradeaus verläuft. Das Ziel ist schon früh im Visier der Fahrer, aber der Zielstrich will einfach nicht näher kommen.
Es sind auf dieseen letzten 2.000 Metern immerhin 137 Höhenmeter zu überwinden, bei einer durchschnittlichen Steigung von 6,9 %. Die steilste Stelle zu Beginn des finalen Anstiegs weist sogar eine Rampe mit 15% Steigung auf.
Hier sind wieder Fahrertypen gefragt, die einen großen Gang über eine längere Distanz nach oben wuchten können und am Ende noch zu einer Temposteigerung fähig sind.
Zum kleinen Favoritenkreis muss man den Franzosen Thomas Voeckler (Europcar) zählen, und auch die drei Erstplatzierten des vergangenen Samstags am Mont des Alouettes bei Les Herbiers, als eine ähnliche Schlusssteigung zu bewältigen war wie heute in Mûr-de-Bretagne. Gemeint sind der norwegische Weltmeister Thor Hushovd (Garmin-Cervélo), der wieder erstarkte Australier Cadel Evans (BMC) und vor allem natürlich der Belgier Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto), der am Samstag den Angriff von Fabian Cancellara (Leopard-Trek) eiskalt konterte und mit einem kraftvollen Spurt bergan seine erste Tour de France-Etappe gewann und auch noch das begehrte Gelbe Trikot überstreifen konnte.
Der Wallone Gilbert hat heute zudem Geburtstag, wird 29 Jahre und befindet sich also im besten Rennfahreralter. Mit 12 Siegen ist er der bisher erfolgreichste Radprofi der laufenden Saison. Dazu zählen Tageserfolge bei der Algarve- und Belgien-Rundfahrt, beim Eintagesrennen über Naturstraßen „Montepaschi Strade Bianche“ mit Ziel in Siena, beim Rennen Tirreno-Adriatico und beim Pfeil von Brabant.
Aus Gilberts Siegerliste stechen allerdings drei Prüfungen heraus, die er ebenfalls in diesem Frühjahr für sich entschied, nämlich die Klassiker Amstel Gold Race, Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich - übrigens das älteste klassische Eintagesrennen, ausgetragen seit 1892.
Wenn Philippe Gilbert noch den Siegeshunger vom Samstag besitzt, dann ist er heute der ganz große Favorit auf Sieg.
Das Etappenziel in Mûr-de-Bretagne im Departement Côtes-d’Armor steht übrigens, wie vierzehn weitere Orte, erstmals im Streckenprofil der Tour. Aber Tour-Luft schnupperten die Einwohner schon einmal und zwar bei der ersten Tour de France nach dem 2.Weltkrieg im Jahr 1947.
Damals, vor 54 Jahren, war dieser kleine Ort Durchgangsstation beim superlangen Zeitfahren über 139 km von Vannes nach St. Brieuc mit dem Sieger Raymond Impanis aus Belgien. Die Tour wurde am Ende in Paris vom Franzosen Jean Robic gewonnen, der später bei einem Verkehrsunfall verstarb.
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