Ein Nachruf von Klaus Angermann

Wiesbadens Radsport-Pionier Franz Reitz gestorben

Von Klaus Angermann

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Franz Reitz Foto: Klaus Angermann

14.06.2011  |  (rsn) - Für alle überraschend ist Wiesbadens "Mister Radsport" Franz Reitz am Freitag vor Pfingsten in seiner Heimatstadt verstorben. Ein Arterienriss hatte zu einem Herzstillstand geführt. Der 82-Jährige war noch am Tag vor seinem Ableben putzmunter von einer 100-Kilometer-Trainingstour zurückgekehrt … und voller Stolz verwies der ehemalige Profi auf seine im Mai zurückgelegten 1.700 Kilometer.

Reitz' große Zeit lag in den 50ern des vergangenen Jahrhunderts. Da gewann der gelernte Bäcker als Amateur die Jugoslawienrundfahrt (1953), wurde als Profi Deutscher Verfolgungsmeister (1954) und Titelträger auch auf der Straße (1957).

Das drahtige Leichtgewicht, Spitzname "der Berggeist", bestritt erfolgreich auch dreimal die Tour de France, wurde 36. (1958), 49. (1959) und musste 1960, gut im Mittelfeld liegend, nach einem schweren Sturz drei Tage vor Paris aufgeben - in jener Tour, bei der sein Nationalmannschafts-Teamgefährte Hennes Junkermann sensationeller Vierter wurde. Andere imponierende Resultate erkämpfte der Bergspezialist u. a. in der Deutschlandrundfahrt (Gesamtzweiter 1955 und '57, Dritter 1959) und als Fünfzehnter der Tour de Suisse (1958).

Mit seinem langjährigen Konkurrenten und Teamgefährten Junkermann verband Reitz bis zum überraschenden Tod eine große Freundschaft. Auch die ehemaligen Sechstage-Cracks und Rennkollegen Klaus Bugdahl (Berlin/Wiesbaden) sowie Valentin Petry (Hochheim am Main) zählten zu seinem "engeren Kreis"; ebenso Rudi Altig, BDR-Vizepräsident Udo Sprenger oder die Radsportjournalisten Helmer Boelsen und Klaus Angermann. Auch der frühere IBIS – Deutschland - Regionaldirektor Bernard Creff muss erwähnt werden, ein radsportbegeisterter Franzose aus der Bretagne.

Hochgeschätzt, ja fast legendär wurde Franz Reitz nach seiner aktiven Zeit als Organisator überregionaler Radrennen.

Im Hauptberuf Besitzer eines Fahrrad-Fachgeschäftes kombiniert mit einer Tankstelle, organisierte er ein Vierteljahrhundert lang leidenschaftlich und akribisch genau Bundesligarennen, Deutsche Meisterschaften und Etappenankünfte von Deutschlandtour, Tour der Europäischen Gemeinschaft, Tour de Féminin und – das war sein großer, berechtigter Stolz – zweimal auch Etappen von der Tour de France.

Die Etappen Frankfurt – Wiesbaden (1980) und Valkenburg - Koblenz ( 1992) waren Meisterwerke eines anspruchsvollen Streckenbauers, der in der Vorbereitungsphase jeden Kilometer mehrfach sowohl mit dem Auto als auch mit dem Rennrad abfuhr; der jedes technische Detail plante und absicherte ; der mit den örtlichen Behörden – wie Straßenbauamt und Polizei – perfekt zusammen arbeitete und der schließlich, wie ein Architekt, den exakten Aufbau von Start und Ziel organisierte und kontrollierte.

Die Qualitäten des Meisterplaners Franz Reitz wurden von der Societé du Tour de France hoch geschätzt. Und nicht vergessen! Denn als Reitz im Januar 2009 seinen "80." feierte, erhielt er u. a. auch einen Glückwunsch aus Frankreich, in dem die Tour-de-France-Macher, darunter Ex-Direktor Jean-Marie Leblanc, ihrem deutschen Mitarbeiter noch einmal dafür dankten, dass er trotz manchmal sprachlicher Probleme ihre Ideen auf deutschen Straßen mit so viel Herzblut und Können umgesetzt hatte.

Einmal freilich haben "die Franzosen" den Franz Reitz so richtig sauer gemacht: Als ihm drei Stunden vor der Zielankunft der Etappe Valkenburg – Koblenz der Autor, damals ZDF-Reporter, erklärte: "Franz, die Finalstrecke ist falsch vermessen; die letzten 20 Kilometer sind fast zwei zu lang…" Reitz, der Perfektionist, schüttelte ungläubig-unwirsch den Kopf: " So etwas gibt es bei mir nicht!" Doch der Journalist hatte beim Schild " Arrivée 20 km" den Tacho auf Null gestellt gehabt ... und behielt recht! Weil Reitz mit ihm unmittelbar nach der Siegerehrung die strittige Strecke noch einmal abfuhr und danach entnervt feststellte: "Klaus, es stimmt. Zu lang!"

Des Rätsels Lösung: Die französischen Schilderaufsteller der Tour hatten die aufblasbaren Rundbögen "Ziel 20 km" und "Ziel 10 km" aus werbetechnischen Gründen vorverlegt und damit das Finale um (vielleicht weh tuende) mehr als zwei Kilometer verlängert. Aber dem deutschen Streckenchef hatten sie davon nichts gesagt…

Franz Reitz hinterlässt Ehefrau Karin, mit der er 40 Jahre lang verheiratet war, und Sohn Thomas, der "Radsport - Reitz" schon seit einigen Jahren führt. Im Sinne seines Vaters.

In Radsport-Deutschland aber hinterlässt er die bleibende Erinnerung an einen großen Idealisten. Franz, Du warst einmalig!

 

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