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09.12.2025 | (rsn) – Eine Märchentante ist Rosa Maria Klöser gewiss nicht, auch wenn sie schon vor so einigen Studenten über Lieferketten und Geschäftsdatenanalyse dozierte. Ihr Aufstieg in der Welt des Radsports scheint aber dennoch fernab jeder Realität zu liegen. Innerhalb von vier Jahren hat sie sich vom ersten Rennrad bis hoch in die WorldTour gearbeitet, wobei ihr Fokus dabei immer auf der Gravelszene lag. Für Canyon – SRAM – zondacrypto hat Klöser 2025 ihre ersten WorldTour-Rennen bestritten. Künftig soll der Anteil an Straßenrennen im Kalender weiterwachsen.
In der abgelaufenen Saison waren es zwölf Tage, die sich die Quereinsteigerin, die erstmals für ein UCI-Team im Sattel saß, auf der Straße präsentierte. Wobei es "Neueinsteigerin" viel besser treffen würde, wie Klöser selbst gegenüber RSN bestätigte. “In meiner Jugend waren Kreisliga im Tennis mit 13, 14 Jahren oder der Schwimmkader am Gymnasium das, was Profisport am nächsten kam“, witzelte sie. Wettbewerbe auf dem Rad bestreitet sie erst seit 2022. “Dänische Bundesliga war das Erste, was ich gefahren bin“, so Klöser. ___STEADY_PAYWALL___
Mittlerweile wohnhaft in Andorra, war sie zu jener Zeit in Kopenhagen ansässig, weil sie als Vollzeit-Doktorandin arbeitete; mittlerweile fehlt nur noch die Verteidigung ihrer Dissertation. “Im Jahr davor (2021) wurde mir mein Stadtrad geklaut. Erst deshalb bin ich überhaupt zum Radsport gekommen. In Dänemark fahren alle mit dem Rennrad zur Arbeit, die Menschen sind sehr sportiv. Ich habe das dann auch gemacht und bin darüber dann durch Zufall in den Heimat-Klub von Amalie Dideriksen (u.a. Straßen-Weltmeisterin 2016) gekommen.“
Völlig überraschend gewann Klöser sofort ihr erstes Rennen. “Da habe ich dann gemerkt, dass Talent da ist.“ Der Eindruck verfestigte sich. Im selben Jahr entschied Klöser quasi aus dem Stand unter anderem auch das Jedermann-Rennen der Cyclassics in Hamburg für sich. Vom Radsport-Virus infiziert, ging Klöser ihr neues Hobby immer professioneller an. Der Einstieg in den Straßensport erwies sich jedoch als schwierig. In Deutschland gibt es aktuell neben der Nachwuchs-Mannschaft von Canyon nur das LKT Team auf Kontinental-Level, das war auch vor ein paar Jahren nicht wesentlich anders. “Und Dänemark hat gar keins, obwohl der Talentpool riesig ist“, sagte Klöser.
Also musste sie einen anderen Weg gehen, sich als Einzelkämpferin durchschlagen. So kam sie zum Gravel. Erfolg stellte sich im Eiltempo ein. 2024 gewann Klöser als weitgehend Unbekannte mit dem Unbound eines der wichtigsten Gravelrennen der Saison. Kurz darauf fuhr Klöser als Einzelstarterin in die Top 10 bei den Deutschen Straßenmeisterschaften und damit in den Fokus. “Da ist dann das WorldTeam auf mich aufmerksam geworden, weil die sich gefragt haben, was ich da vorne zu suchen habe. Kurz davor war aber auch schon der Fahrradhersteller Canyon an mich herangetreten, um über eine Kooperation beim Gravel zu sprechen. Da haben wir dann nur noch Eins und Eins zusammengezählt.“
Ihr Auftritt bei den Deutschen Meisterschaften 2024 bescherten Rosa Klöser den Kontakt zu ihrem jetzigen Team. | Foto: Cor Vos
Auf den Straßenradsport hatte Klöser von Anfang an ein Auge, “das Taktische und die Teamvariable haben mich schon immer interessiert. Mir wurde dann vorgeschlagen, dass ich die Lücken in meinem Gravel-Kalender mit Rennen des WorldTeams kombinieren könnte.“ Vor allem in der ersten Jahreshälfte war noch Luft. Gleich zu Saisonbeginn im Januar startete die damals schon 28-Jährige das nächste neue Abenteuer. Doch die ersten drei Renntage auf Mallorca waren “erstmal ein Schock fürs System“, wie es Klöser sagte.
“Am ersten Tag (Trofeo Marratxi-Felanitx) bin ich gleich mal im Schotter gelandet, was ironisch ist, weil ich ja aus dem Gravel komme. Und am dritten Tag (Trofeo Binissalem-Andratx) hatte ich es bei starken Seitenwinden in die erste Gruppe geschafft, dort dann aber einen Defekt gehabt. Und weil das Feld durch die Situation so stark auseinandergerissen war, hat es dann zwei Minuten gedauert, bis ein Teamfahrzeug bei mir war", erzählte Klöser. "Auch das kennt man ja eher aus dem Gravel, dass sich Defekte schwieriger beheben lassen. Aber ich stand dann zwei Minuten am Rand, das Feld war durch und ich bin am Ende außerhalb des Zeitlimits ins Ziel gekommen.“
Aus der Bahn werfen ließ sich Klöser davon aber keinesfalls. Schon bei ihrem ersten Rennen auf WorldTour-Level, Paris-Roubaix Femmes, lief es besser. Zumindest teilweise. “Ich bin da leider aus einer Krankheitsperiode gekommen und war nicht in Topform. Bei der ersten Roubaix-Erfahrung knapp an den Top 30 vorbei, da würden viele sagen, das ist gar nicht so schlecht“, blickte Klöser zurück.
Für sie selbst sei das aber kaum der Rede wert, zumal eigene Ergebnisse ohnehin noch keine Rolle spielten und sie als Helferin dabei war. Wichtig waren aber die Erfahrungen. “Ich habe gemerkt, dass ich mich auf dem Kopfsteinpflaster deutlich wohler gefühlt habe als andere und auch in Kurven kleine Lücken immer wieder zufahren konnte. Die Offroad-Skills lassen sich mehr nutzen als man vielleicht denkt.“
Das spürte sie auch bei ihrer ersten Rundfahrt auf der Straße, der Tour de Suisse. War es berghoch “manchmal ein bisschen holprig, konnte ich runter immer einige Positionen gutmachen.“
Paris-Roubaix war das erste große internationale Straßenrennen für Rosa Klöser (r.). | Foto: Cor Vos
Und dann waren da noch die Deutschen Meisterschaften, die Klöser mit einem “schönen Trostpreis“ als Dritte beendete. Zielstellung des dominanten Canyon-Teams sei klar der Titel gewesen, letztlich mussten sich Antonia Niedermaier, Klöser und Justyna Czapla aber mit den drei Plätzen dahinter begnügen. Auch wenn die Frau aus Übach-Palenberg nahe der Grenze zu den Niederlanden auch hier nicht auf eigene Kappe fahren konnte, sprang doch das beste Ergebnis ihrer noch jungen Straßenkarriere heraus.
Nach den Meisterschaften Ende Juni war Klöser in der zweiten Jahreshälfte ausschließlich bei Gravelrennen am Start. Acht Siege sprangen dabei heraus, unter anderem bei den Deutschen Meisterschaften, in Island bei The Rift, wo sie 170 von insgesamt 200 Kilometern solo unterwegs war, oder bei drei Rennen der UCI Gravel World Series.
Auch die Europameisterschaften waren eigentlich schon so gut wie gewonnen. “45 Kilometer vor dem Ziel war ich rausgefahren und hatte mir eine Lücke von mehr als zwei Minuten erarbeitet. 6,5 Kilometer vor dem Ziel hatte ich mir aber einen Platten eingefahren. Ich konnte das nicht mehr reparieren. Ich bin dann also hinten auf der Felge weitergefahren und wurde 300 Meter vor dem Ziel eingeholt und dann Dritte. Das war schon traurig, weil ich das Trikot gerne getragen hätte“, sagte Klöser über ihren bittersten Moment des Jahres.
Die Erfolgsstatistiken will sie künftig auch auf die Straße übertragen. “Klar, ich bin extrem ambitioniert, kann mir das vorstellen und glaube fest daran, dass es irgendwann passieren wird“, erwiderte Klöser auf die Frage, ob sie sich auch auf der Straße als Siegfahrerin vorstellen kann. “Noch bin ich von Teamseite nicht die, für die gefahren wird, weil ich ja noch mein Standbein im Gravel habe. Aber vielleicht mal über eine Gruppe oder so – es gibt schon Möglichkeiten.“
Und ab der kommenden Saison schon allein deshalb mehrere, weil sie ihr Straßenprogramm deutlich ausweiten und vor allem im Frühjahr während der Klassikerperiode dem Team häufiger zur Verfügung stehen will. Allerdings soll auch im neuen Jahr nochmal der Fokus im Gravel liegen. Erklärtes Ziel sind die Weltmeisterschaften im Oktober in Australien und auch der Lifetime Grand Prix, der sechs Rennen – darunter zwei auf dem Mountainbike und das Unbound – umfasst, steht hoch im Kurs.
Das spricht straßenseitig noch mal für eine Saison, in der die Rolle als Helferin mindestens bei den großen Rennen im Vordergrund steht. “Kasia (Niewiadoma) hat gesagt, dass ich das Motorrad des Teams bin, weil ich ziemlich lange ein ekelhaftes Tempo fahren kann“, so Klöser, die aber nicht sie selbst wäre, wenn sie nicht die Hoffnung auf eigene Ergebnisse nachschieben würde. “Ich hoffe schon, dass ich in ausgewählten Rennen auch mal eigene Chancen kriege.“ Eine kleine Kampfansage gab es obendrauf: “Berghoch bin ich deutlich stärker geworden.“
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