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29.12.2025 | (rsn) – Den Deutschen Meistertitel musste sie zum zweiten Mal in Folge Franziska Koch (Picnic – PostNL) überlassen und krankheitsbedingt endete die Saison 2025 für Liane Lippert (Movistar) bei den Weltmeisterschaften von Ruanda auch nicht auf dem Podium, sondern im Bett. Trotzdem aber setzte die Friedrichshafenerin auch in diesem Jahr wieder einige echte Glanzlichter und ist als Nummer 27 bereits im vierten Jahr in Folge die beste Deutsche in der Weltrangliste.
"Mein Highlight war dieses Jahr auf jeden Fall der Giro – die ganze Zeit mit Marlen (Reusser) ums Rosa Trikot zu kämpfen und mit dem Team drei Etappen zu gewinnen, das war ein schönes Erlebnis. Auch wenn es mit dem Gesamtsieg für uns am Ende nicht geklappt hat", blickte Lippert nun im Gespräch mit radsport-news.com kurz vor Weihnachten zurück.
Als wir mit der 27-Jährigen sprachen, war sie gerade von einer Trainingsausfahrt am Bodensee zurück und litt noch etwas unter den Nachwehen eines Sturzes wenige Tage zuvor in Andorra, wo sie in einer Abfahrt auf einer Ölspur weggerutscht war – im wahrsten Sinn des Wortes mit einem blauen Auge sei sie dort davongekommen, erzählte sie. Und mit Prellungen. Aber eben ohne Knochenbrüche. ___STEADY_PAYWALL___
Die Saisonvorbereitung für 2026 sollte das also nicht beeinträchtigt haben – im Gegensatz zum Ermüdungsbruch von vor zwei Jahren, der sie 2024 die erste Saisonhälfte kostete. Die Saison 2025 begann für Lippert wieder deutlich früher als im Vorjahr. Mitte Februar stand sie bei der Valencia-Rundfahrt (2.Pro) am Start, wurde dort je zwei Mal Etappendritte und -fünfte sowie auch Gesamtfünfte und Zweite der Punktewertung.
Liane Lippert (Movistar) auf dem Weg zu Platz 19 bei Strade Bianche im März. | Foto: Cor Vos
Mit offensichtlich guter Frühform ging es in die Saison und Lippert kam beispielsweise bei der Premiere von Mailand-Sanremo im März mit den Besten über den Poggio. In der Abfahrt nach Sanremo aber fiel ihr die Kette herunter und so musste sich Lippert auf der Via Roma mit Platz 14 begnügen. Dafür aber gelang ihr bei ihrer sechsten Flandern-Rundfahrt etwas, was sie vorher noch nicht geschafft hatte: Sie fuhr nicht nur erstmals in die Top 20 der "Ronde", sondern als Dritte sogar direkt aufs Podium.
"Das Frühjahr war schon ganz gut und mit dem Podium in Flandern habe ich nochmal etwas anderes gezeigt, wovon ich vorher nicht gewusst habe, ob ich das auch schaffen kann", sagte Lippert zu RSN und erklärte auch, dass zur Ronde nun für 2026 ihr erster Formhöhepunkt geplant sei. "Klar: Ich hätte gerne noch irgendwo einen Sieg gehabt bei einem Frühjahrsklassiker, aber dann hat es beim Giro zwei Mal geklappt und das war schön."
Bei ihren Lieblingsrennen, den Ardennen-Klassikern, fuhr Lippert auf die Plätze 21 (Amstel Gold Race), 5 (Flèche Wallonne) und 24 (Lüttich-Bastogne-Lüttich) und bei der Vuelta a Espana Anfang Mai stand sie mehr im Dienst von Marlen Reusser, die hinter Demi Vollering (FDJ – Suez) Gesamtzweite wurde.
Ein Highlight: Lippert (rechts) auf dem Podium der Flandern-Rundfahrt neben Siegerin Lotte Kopecky und der Zweitplatzierten Pauline Ferrand-Prevot. | Foto: Cor Vos
Anschließend hätte Lippert bei der Baskenland-Rundfahrt "Itzulia Women" (2.WWT) gute Karten auch für die Gesamtwertung haben können und lag nach zwei der drei Etappen auf Gesamtrang zwei, zwölf Sekunden hinter Mischa Bredewold (SD Worx – Protime). Doch in San Sebastian stand sie an jenem Sonntag gar nicht mehr am Start.
"Der Samstag dort war einer der härtesten Tage im Radsport für mich", erzählte sie. "Ich bin schon etwas krank angereist und habe mich die ersten zwei Tage durchgekämpft – bin wirklich an jedem Berg abgefallen und jedes Mal habe ich mich wieder zurückgekämpft. Dabei bin ich völlig übers Limit gegangen und trotzdem bin ich im Sprint am Ende der 2. Etappe irgendwie noch Zweite geworden. Aber am nächsten Morgen bin ich mit Fieber aufgewacht und es ging einfach nicht mehr. Das war so schade, denn in der Form, in der ich war, und mit den Anstiegen dort, die mir so liegen, hätte ich auch auf der Schlussetappe vorne mit ankommen können."
Das will Lippert nun 2026 nachholen. "Die Itzulia ist auf jeden Fall auch nächstes Jahr wieder ein Ziel. Ich denke, das ist so die einzige Rundfahrt, bei der ich wirklich auch realistisch auf GC zielen kann", meinte sie. Tatsächlich war nach Lipperts Wechsel zu Movistar im Jahr 2023 die Idee aufgekommen, dass sie nach dem Karriereende von Annemiek van Vleuten auch für die Rundfahrt-Klassements beim spanischen Rennstall zur Kapitänin werden könnte.
Die spanischen Rennen im Mai sind für Lipperts Movistar-Team natürlich besonders wichtig. | Foto: Cor Vos
Das aber hat sich inzwischen etwas zerschlagen. Lipperts Fokus liegt wieder mehr auf Klassikern und der Etappenjagd – auch weil mit Neuzugang Marlen Reusser nun eine andere Frau für die langen Berge und den Kampf um die großen Rundfahrtsiege an Bord ist.
"Mein Trainer und ich waren uns eigentlich immer einig, dass ich wahrscheinlich nicht wirklich eine Klassementfahrerin werde. Wir haben es trotzdem immer etwas in diese Richtung versucht, aber jetzt ist der Druck dahingehend etwas weg", zeigte sich Lippert gegenüber RSN mit Blick auf die Konstellation im Team glücklich. Reusser wurde 2025 sowohl bei der Vuelta als auch beim Giro d'Italia Gesamtzweite und gilt für 2026 als Mitfavoritin auf den Tour-de-France-Sieg.
"Eine Leaderin wie sie, auch fürs Klassement, hat uns gefehlt – auch mit ihrer Persönlichkeit. Sie leitet das Team gut und da ergänzen wir uns beide sehr gut, denke ich. Ich bin happy, dass sie da ist", so Lippert. "Das heißt natürlich schon auch, dass ich jetzt etwas mehr für sie arbeiten muss, denn jetzt wissen wir, wie gut sie wirklich ist und dass sie auch gewinnen kann bei den großen Rundfahrten. Ich kann sicher weiter auch auf Etappen gehen, aber muss mich auch manchmal etwas zurückhalten, um ihr zu helfen. Trotzdem ist das auch für mich eine gute Situation, denn ich mag es auch lieber, eher auf Etappenjagd zu gehen."
Marlen Reusser (links) im Rosa Trikot des Giro d'Italia gratuliert ihrer Teamkollegin Liane Lippert zum Sieg auf der 6. Etappe. | Foto: Cor Vos
Lipperts persönliche Vorliebe für kürzere Anstiege und "punchy" Rennen sowie Sprints bei Gruppenankünften kommt nicht von ungefähr. "Viele sagen mir, dass das auch in meinem Kopf ist – dass ich mir selbst sage, dass ich das (GC-Fahrerin und lange Berge, Anm. d. Red.) nicht kann, weil ich es nicht will und ich die kurzen Intervalle so viel mehr mag. Das ist aber ja auch genetisch. Dass ich bei kurzen Anstiegen so tief gehen kann, das können ja nicht viele. Das ist mein Talent", erklärte sie.
"Wenn ich Klassementfahrerin sein wollte, müsste ich mehr auf die langen Berge trainieren. Wir arbeiten aber eher daran, mich noch schneller zu machen und meinen 3-, 5- oder vielleicht 10-Minuten-Wert zu verbessern. Wir sind uns einig, dass darauf der Fokus liegt, weil man Rennen eher auch durch die Sprintstärke und diese kurzen, harten Belastungen gewinnt. Im Klassement eine Top 10 zu fahren ist cool, aber Etappen zu gewinnen ist eher das, was ich will."
Und genau das hat Lippert beim Giro 2025 gleich zwei Mal getan. Sie gewann die 6. Etappe in Terre Roveresche am Rande der Marken auf Klassikerterrain aus einer Ausreißergruppe heraus, während Reusser hinten im Feld ihr Rosa Trikot verteidigte. Und Lippert schlug auch zwei Tage später auf der Schlussetappe in Imola nochmal zu, nachdem Reusser die Gesamtführung am Tag dazwischen bei der Bergankunft am Monte Nerone an Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) verloren hatte. Auf der F1-Rennstrecke von San Marino fuhr Lippert im Finale gemeinsam mit Anna van der Breggen (SD Worx – Protime) der Konkurrenz davon und schlug die Niederländerin dann im Sprintduell.
Jubel in Imola: Lippert feiert ihren zweiten Giro-Etappensieg innerhalb von drei Tagen. | Foto: Cor Vos
Für die Italien-Rundfahrt hatte sich Lippert gezielt mit einem Höhentrainingslager vorbereitet, dem auch die Deutsche Meisterschaft Ende Juni zum Opfer fiel. Zwar stand Lippert in der Pfalz am Start und fuhr im Zeitfahren auf Rang drei – ihr vielleicht bestes Einzelzeitfahren überhaupt bisher. Doch im Straßenrennen konnte sie nicht mit den Besten mithalten und musste sich mit Platz fünf begnügen.
"Ich bin so drei Tage vor der DM aus der Höhe gekommen und mein Trainer hat mir vorher schon gesagt, dass die DM nicht gut werden wird. Das war nicht unsere Priorität. Im Zeitfahren ging es noch, aber im Straßenrennen war ich meilenweit davon weg, um den Sieg zu fahren", sagte Lippert im Rückblick. Selbst beim Giro-Start sei es noch nicht ganz rund gelaufen, erst von Tag zu Tag kam sie zur Spitzenform in Italien.
Zwei Wochen nach dem Giro stand Lippert dann auch bei der Tour de France Femmes am Start und wurde Vierte sowie Fünfte auf den Etappen 2 und 3 in Quimper und Angers, nachdem sie auf der 1. Etappe in Plumelec durch einen Sturz nicht ins Finale eingreifen konnte. "Bei der Tour war ich etwas müde", meinte Lippert mit Blick auf den weiteren Verlauf der wichtigsten Rundfahrt des Jahres, der aus Movistar-Sicht ohne weitere Highlights blieb.
Liane Lippert im Ziel der 8. Etappe der Tour de France am Col de la Madeleine - auf Platz 114, 37 Minuten hinter Siegerin Ferrand-Prévot. | Foto: Cor Vos
Eine kleine Wettkampfpause brachte und der Fokus auf Training und WM-Vorbereitung brachte die Deutsche dann aber offenbar pünktlich vor den Weltmeisterschaften in Ruanda wieder auf ein sehr hohes Niveau. Beim Heimrennen in Stuttgart (1.Pro) wurde Lippert Mitte September Siebte, nachdem sie im Finale auch die sprintstarke Teamkollegin Cat Ferguson unterstützt hatte, die auf Rang zwei landete, und beim Grand Prix de Wallonie (1.1) drei Tage später in Belgien kam Lippert als Vierte an der Zitadelle von Namur an.
Sie schien bereit für eine starke WM, doch in Kigali machte "Montezumas Rache" ihr einen Strich durch die Rechnung. Kaum angereist, bekam Lippert Magen-Darm-Probleme. So musste sie die Mixed Staffel bereits auslassen und auch wenn sie zum Straßenrennen antrat, so war der Akku zu leer, um dort etwas ausrichten zu können – Lippert stieg vorzeitig aus.
"Mit guter Form zur WM anzureisen und dann dort einmal gar nicht starten zu können und einmal früh aufgeben zu müssen, das war schon bitter. Zumal es ja auch noch weiterging: Ich kam heim, war erkältet und komplett krank, so dass ich auch die EM auslassen musste. Und dann hatte ich nochmal Probleme mit dem Magen, musste sogar ins Krankenhaus mit Schmerzen im Bauch und im Rücken – die Nieren- und Leberwerte waren nicht gut, da war irgendetwas wirklich in mir drin."
Sichtbar leer: Liane Lippert (rechts) im WM-Straßenrennen von Kigali neben Demi Vollering. | Foto: Cor Vos
Woran genau es lag, fanden Lippert und die Ärzte nicht heraus. Fest steht nur: Das Saisonende war der Tiefpunkt im Jahr 2025 für die Friedrichshafenerin. "So hatte ich eine richtig lange Off-Season", versuchte sie noch etwas Positives zu sehen. Für 2026 nun erwartet sie fast dasselbe Rennprogramm, wie im Vorjahr – nur dass es schon zwei Wochen früher mit der Mallorca Challenge für Lippert losgehen soll.
Anschließend ist erneut die Valencia-Rundfahrt geplant, bevor die Klassiker anstehen – via Omloop Nieuwsblad und Strade Bianche zu Dwars door Vlaanderen, Flandern-Rundfahrt und Ardennen-Klassikern. Lediglich hinter Mailand-Sanremo steht ein Fragezeichen, weil dort ein Trainingsblock sinnvoller sein könnte, erklärte sie. Im Mai dann werden erneut die Vuelta a Espana und die Itzulia Women anstehen, bevor dann eine sehr lange Wettkampfpause bis zur Tour de France im August ansteht – mit viel Training und lediglich den Deutschen Meisterschaften als einzigem Renneinsatz im Juni und Juli.
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