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22.06.2024 | (rsn) – Es war ein Bild zum Einrahmen: Mieke Kröger stand, grinsend wie ein Honigkuchenpferd, im Vereinstrikot des RV Teutoburg Brackwede hinter dem Podium vor dem Jan Ullrich Museum in Bad Dürrheim und wartete auf den Beginn der Siegerehrung. Um sie herum die WorldTour-Trikots der anderen Medaillengewinner bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften. Kröger durfte sich die Goldmedaille abholen und zum bereits dritten Mal das Trikot der Deutschen Meisterin überstreifen.
Mit 17 Sekunden Vorsprung gewann sie vor Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM Racing), die im Vorjahr den U23-Titel gewonnen hatte und dabei 34 Sekunden schneller war als Kröger im Elite-Zeitfahren. Diesmal aber war die 30-Jährige wirklich die Schnellste des Tages.
"Der Kurs lag mir besser. Es waren weniger steile Anstiege drin. Ich hatte ein bisschen Sorge, dass ich auf den langen Geraden etwas den Fokus verliere, aber das ging sehr gut. Und ich glaube ich bin auch ein bisschen besser in Form als letztes Jahr", sagte Kröger radsport-news.com nach dem Rennen. Auch aus Reihen des Bundes Deutscher Radfahrer hört man, dass man von ihren Leistungen beim letzten Bahn-Lehrgang für die Olympia-Mannschaftsverfolgung beeindruckt war. ___STEADY_PAYWALL___
Schlüssel dazu ist in diesem Jahr der ganz besondere Fokus von Kröger auf eben jene Bahn und das Zeitfahrrad. Und entsprechend wichtig war der Titelgewinn in Bad Dürrheim für sie auch. Denn er bestätigt, dass Krögers Entscheidung aus dem letzten Sommer die richtige war für sie als Sportlerin und auch als Mensch.
Damals löste sie ihren Vertrag beim WorldTour-Rennstall Human Powered Health auf. Kröger, die seit 2013 für UCI-Teams fuhr und nach ihrem sensationellen vierten Platz bei der Zeitfahr-WM 2014 auch stets auf WorldTour-Niveau wollte und konnte einfach nicht mehr. Der Stress im WorldTour-Peloton und all die endlosen Reisen zu Profi-Rennen, es war nicht mehr das Leben, das sich das Zeitfahr- und Bahn-Ass vorstellte.
Mieke Kröger auf dem Weg zum Zeitfahr-Titel bei der DM 2024. | Foto: Cor Vos
Das Radfahren, das sie so liebt, war nicht das Problem – aber das Profidasein. Kröger entschloss sich, ihr Rad nicht an den Nagel zu hängen, sondern weiter am Traum Olympia 2024 in Paris zu arbeiten – mit dem Bahnvierer für die Verfolgung und fürs Einzelzeitfahren.
"Im Großen und Ganzen geht's mir auf jeden Fall besser. Ich war mehr bei mir – weiß gar nicht mehr, wie ich das früher gemacht habe mit den ganzen Reisetagen. Ich kann mehr auf mich achten, es ist alles etwas mehr in Balance. Das tat mir sehr gut", erzählte sie nun radsport-news.com. Einziger Nachteil sei die nun nötige Eigen-Organisation, gerade in Sachen Material.
"Aber eigentlich ist das auch nicht unbedingt ein Nachteil", so Kröger, die am Freitag auf ihrem mehr als zehn Jahre alten Zeitfahrrad von Scott, das sie einst von Ex-Coach Alexander Bauer erwarb – im Look des australischen GreenEdge-Teams, noch heute mit Aufkleber des Teams, für das sie selbst nie gefahren ist. Das alte Scott Plasma gilt auch heute noch als schneller, als die meisten Zeitfahrräder, die Krögers Profi-Teams in den letzten Jahren zur Verfügung hatten.
Völlig platt: Mieke Kröger als frisch gebackene Zeitfahrmeisterin im Ziel in Bad Dürrheim. | Foto: Cor Vos
Etwas schwerer war die Drucksituation: Weil für Kröger die Zeitfahr-Meisterschaften das einzige wichtige Rennen vor Olympia war, kam es darauf natürlich auch besonders an. "Ich war wirklich sehr nervös vor dem Rennen", gab sie zu. Doch während Kröger solche Drucksituationen in anderen Jahren größere Probleme bereiteten, kam sie mit einem frischeren Kopf damit dieses Jahr besser zurecht. Das spürte man ihr an. Und so fuhr sie ein befreites Rennen, auch ohne Zeitangaben aus dem Begleitfahrzeug.
"Ich habe nichts gewusst, bin ohne Funk und irgendwas gefahren. Ich bin einfach mein Rennen gefahren und konnte mich gut regulieren", sagte sie. Eine Info zum Zwischenstand gab es dann aber doch, rund sechs Kilometer vor dem Ziel, am Fuß des Anstiegs zur Hirschhalde standen die Nationaltrainer André Korff und Lisa Brennauer. "Sie haben etwas von Vorsprung reingerufen", so Kröger. "Da wusste ich: Jetzt geht's berghoch, da sind andere schneller, da muss ich nochmal richtig leiden, um das zu halten. Und das ist mir gelungen."
Als erneute Zeitfahrmeisterin dürfte Kröger nun auch erste Wahl für Brennauer und Korff bei der Nominierung des ersten von zwei Startplätzen im Olympia-Einzelzeitfahren sein. Der Clou dabei: Die 30-Jährige würde keinen der drei Plätze fürs Straßenrennen einnehmen, weil sie über den Bahn-Vierer ohnehin nominiert wird. In der Szene wird das kontrovers diskutiert: Die einen gönnen Kröger den Startplatz auch im Zeitfahren. Andere sehen es kritisch, weil die nötigen UCI-Punkte, die dem BDR die Olympia-Startplätze einbringen, von den Profi-Teams und -Fahrerinnen erarbeitet werden.
Lea Lin Teutenberg gratuliert Kröger im Zielbereich zum Titelgewinn. | Foto: Cor Vos
Bekanntgeben wird der Bund Deutsche Radfahrer (BDR) seine Kadervorschläge, die dann vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) noch bestätigt werden müssen, erst Anfang Juli nach der Lotto Thüringen Ladies Tour (2.Pro), die in der kommenden Woche läuft. In Thüringen wird auch Kröger mit der Deutschen Nationalmannschaft am Start stehen, ihr erstes und einziges internationales Straßenrennen in diesem Jahr. Auch dort wartet nochmal ein Einzelzeitfahren, um im Meistertrikot die Form noch einmal zu unterstreichen.
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