Giro-Ausreißer dominieren Cipollinis Ehrenetappe

Benjamin Thomas sorgt in Lucca für Cofidis‘ ersten Saisonsieg

Von Kevin Kempf

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Benjamin Thomas (Cofidis, re.) hat die 5. Etappe des Giro d´Italia gewonnen. | Foto: Cor Vos

08.05.2024  |  (rsn) – Es sollte eine Hommage für Italiens Supersprinter der 90er, Mario Cipollini, werden. Doch vier Ausreißer hatten auf der 5. Giro-Etappe über 178 Kilometer von Genua nach Lucca offensichtlich anderes vor. Sie behaupteten sich vor dem Feld und im Vierersprint holte der Franzose Benjamin Thomas (Cofidis) am 8. Mai den ersten Saisonsieg für Cofidis. Der Däne Michael Valgren (EF Education - EasyPost) verwies als Zweiter den Italiener Andrea Pietrobon (Polti - Kometa) und Thomas‘ Landsmann Enzo Paleni (Groupama - FDJ) auf die weiteren Plätze.

Den Sprint des Feldes um Platz fünf entschied mit sechs Sekunden Rückstand der Italiener Jonathan Milan (Lidl – Trek) für sich, Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) jagte als Tagessiebter über den Zielstrich. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) verteidigte im Hauptfeld das Rosa Trikot.

Zum ersten Mal seit der von Jesus Herrada gewonnenen 11. Etappe der Vuelta a Espana 2023 konnte ein Cofidis-Fahrer wieder jubelnd über die Ziellinie fahren. Auch die beiden Erfolge davor wurden durch Ion Izagirre und Victor Lafay bei einer Grand Tour eingefahren, nämlich der Tour de France. Für seinen Erfolg musste Thomas mit seinen drei Begleitern 78 Kilometer an der Spitze fahren. “Das war wie eine sehr lange Mannschaftsverfolgung auf der Bahn“, urteilte der fünfmalige Weltmeister im Oval.

“Ich kann es gar nicht glauben, unser Ausreißversuch hat extrem gut funktioniert. Das Finale war extrem hart, jede Führung war am Limit. Zehn Kilometer vor dem Ziel habe ich daran geglaubt, dass wir es schaffen können“, so der 28-Jährige, dessen Gruppe zu diesem Zeitpunkt 43 Sekunden vorn lag und im Finale nur wenig Zeit gegenüber dem jagenden Feld einbäßte. Mit seinem Triumph wetzte Thomas eine Scharte aus dem Jahr 2022 aus. “In Carcassonne bei der Tour hat es nicht gereicht, diesmal war meine Zeit gekommen“, freute sich der Franzose.

Thomas pokert erfolgreich nach Pietrobons später Attacke

Dabei hätte er die Rechnung fast ohne Pietrobon gemacht. Der einzige Italiener unter den Ausreißern beteiligte sich auf den letzten vier Kilometern nicht mehr an der Arbeit, griff aber kurz nach dem Teufelslappen an. “Im Finale war es kompliziert durch die Attacke des Polti-Fahrers, aber ich habe es riskiert und die Lücke nicht geschlossen – und es hat sich ausgezahlt“, meinte Thomas, der bei der Verfolgung erst von Paleni und dann von Valgren profitierte.

Sein Teamkollege Simon Geschke gehörte zu den ersten Ausreißern, die allerdings nur auf einem kurzen Teil der Etappe die Spitze bildeten. Im hügeligen ersten Drittel probierte Alpecin – Deceuninck einige Sprinter abzuhängen und vereitelte so den Ausreißversuch des Deutschen und seiner drei Gefährten. Der Zweite der Bergwertung der Tour de France 2022 sicherte sich aber die erste Bergwertung und die damit verbundenen neun Punkte. "Heute Abend wird ein wenig gefeiert. Der letzte Sieg ist lange her. Und es ist umso schöner, dass es bei einem großen Rennen passiert. Benjamin (Thomas) hat es extrem verdient, er opfert sich oft für das Team auf. Heute sind wir richtig glücklich", so der 38-jährige Geschke gegenüber Eurosport.

Hinter den vier Ausreißern sprintete Bauhaus wie am Vortag als Dritter ins Ziel. Seine Mannschaft hielt sich bei der Verfolgungsarbeit komplett raus. Max Kanter (Astana Qazaqstan) verpasste als Elfter knapp die Top Ten, auch sein Team beteiligte sich nicht an der Jagd nicht mit. Grand-Tour-Debütant Florian Lipowitz (Bora - hansgrohe) kam mit 1:11 Minuten Rückstand in einer abgehängten Gruppe auf Rang 109 ins Ziel, belegt im Gesamtklassement aber weiterhin Platz 27 (+4:08).

An der Spitze der Gesamtwertung änderte sich nichts. Pogacar bleibt 46 Sekunden vor Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), der seinerseits eine Sekunde vor dem drittplatzierten Daniel Felipe Martinez (Bora - hansgrohe) liegt. Vierter ist Cian Uijtdebroeks (Visma – Lease a Bike), der das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers verteidigte. Milan baute seinen Vorsprung in der Punktewertung etwas aus.

So lief die 5. Etappe des Giro d’Italia:

Kurz nachdem die Startflagge geschwungen wurde, attackierten Ewen Costiou (Arkéa – B&B Hotels), Lewis Askey (Groupama – FDJ) und Mattia Bais (Polti – Kometa). Dem Trio setzten Geschke und Manuele Tarozzi (VF Group – Bardiani CSF – Faizanè) nach. Während Costiou zurückfiel, erreichten der Deutsche und sein Begleiter nach neun Kilometern die Spitzengruppe, die damit aus vier Fahrern bestand.

Weit weg kam das Quartett anschließend aber nicht, da zunächst Lidl – Trek sowie Soudal – Quick-Step und letztendlich vor allem an der ersten Bergwertung des Tages Alpecin – Deceuninck das Tempo im Peloton hoch hielten. So kamen die Ausreißer 115 Kilometer vor dem Ziel mit nur 15 Sekunden Vorsprung zur Spitze des Passo del Bracco (3.Kat.). Dort sicherte sich Geschke den mit neun Punkten ausgelobten Bergpreis. Unter anderem Fabio Jakobsen (dsm-firmenich – PostNL), Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), Caleb Ewan (Jayco – AlUla) und Fernando Gaviria (Movistar) konnten dem hohen Tempo im Anstieg nicht folgen.

Vier Kilometer später wurden die Spitzenreiter eingeholt, Merlier, Ewan und Gaviria kehrten wieder ins Feld zurück, so dass nur Jakobsen und seine beiden Helfer Julius van den Berg und Gijs Leemreize wie am Vortag weiterhin Rückstand aufwiesen. Erst 86 Kilometer vor dem Ziel sorgten die Niederländer für ein komplettes Peloton, nachdem ihre Kollegen geraume Zeit gebummelt hatten.

Das Streckenprofil der 5. Etappe des Giro d‘Italia | Foto: Veranstalter

Das Tempo wurde erst zum Zwischensprint in Ceparana wieder erhöht. Christophe Laporte (Visma – Lease a Bike) stürzte in der Vorbereitung, Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) holte sich die Maximalpunktzahl vor Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) und Milan. Danach wurden die Bremsen sofort wieder angezogen, ehe Thomas, Pietrobon, Valgren und Paleni sich mit einer Attacke lösten.

Das zweite Ausreißerquartett des Tages fuhr sich knapp zwei Minuten Vorsprung heraus, ehe Lidl und Alpecin die Verfolgung aufnahmen. Beim von Pietrobon gewonnenen Intergiro 58 Kilometer vor dem Ziel überraschte im Feld der Sprintzug von Alpecin jenen von Lidl, wodurch Groves als Fünfter vor zwei Teamkollegen über den Wertungsstrich rollte; erst dahinter folgte Milan. Den letzten Zwischensprint holte sich 27 Kilometer vor dem Ziel Thomas ohne Widerstand seiner Gefährten.

Im Finale kann das Feld die Lücke nicht mehr schließen

Anschließend begann die letzte Bergwertung hinauf nach Montemagno (4.Kat.), wo sich Valgren die Maximalpunktzahl holte. Im Peloton dagegen hielt man sich bedeckt und so ging das Quartett mit 55 Sekunden Vorsprung auf die letzten 20 Kilometer. Zehn Kilometer später hatte das Feld trotz intensiver Verfolgung nur 12 Sekunden aufgeholt. Auch danach schmolz der Abstand nicht schnell genug, schließlich wurde immer deutlicher, dass die Vier vorn um den Tagessieg sprinten würden.

Pietrobon übernahm auf den letzten vier Kilometern keine Führungsarbeit mehr, dafür attackierte er 800 Meter vor dem Ziel. Paleni holte den Italiener wieder zurück, um aber selbst alle Chancen einzubüßen. Valgren setzte mit Thomas früh zum Sprint an, er holte den Polti-Profi zwar ein, wurde seinerseits aber von Thomas übersprintet.

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