RSNplusBergkönig mit dänischer Hilfe

Ciccone hübscht die miese italienische Tour-Bilanz auf

Von Tom Mustroph

Foto zu dem Text "Ciccone hübscht die miese italienische Tour-Bilanz auf"
Giulio Ciccone (Lidl - Trek) hat die Bergwertung der Tour de France gewonnen. | Foto: Cor Vos

23.07.2023  |  (rsn) - Auch Italien ist glücklich geworden bei dieser Tour de France. Gut, nur halb glücklich. Schließlich gingen nur sieben Italiener überhaupt an den Start dieser Frankreich-Rundfahrt. Es war die schlechteste Antrittsbilanz seit 1983. Da waren nur sechs Italiener im Nachbarland unterwegs. In den großen Jahren waren es mehrere Dutzend. 1994 bis 1999 stellte Italien sogar meisten Profis im Teilnehmerfeld, noch vor der Gastgebernation. Das Jammern hat also Grund.

___STEADY_PAYWALL___

Beim Blick aufs Gesamtklassement wird das Jammern noch lauter. Der beste Italiener liegt hier auf Rang 32, mit fast zweieinhalb Stunden Rückstand auf Gesamtsieger Jonas Vingegaard (Jumbo - Visma). Ähnlich schlecht war es, und wieder muss in den Annalen geblättert werden, allerdings nicht ganz so tief, 2013. Da wurde ein gewisser Davide Malacarne 49. “Wir wissen es schon lange, der Radsport in Italien ist am Aussterben“, barmte das Onlinemagazin Oasport.

Bergkönig Giulio Ciccone (Lidl – Trek , re.) präsentiert sich vor dem Start der 21.Tour-Etappe mit den weiteren Trikotträgern den Kameras. | Foto: Cor Vos

Retter des Vaterlandes war ausgerechnet der Mann auf Rang 32 mit den mehr als zwei Stunden Rückstand. Denn Giulio Ciccone (Lidl – Trek) holte sich auch das Bergtrikot. Das gab es zuletzt, und jetzt ist auch Schluss mit den Zahlen, 1992, als Claudio Chiapucci Bergkönig wurde. Es ist also ein vergleichsweise seltener Erfolg für Italiener, aber zugleich das einzige Hoffnungszeichen, dass es bei dieser Tour gab.

Jubel an der entscheidenden Bergwertung

Umso mehr ist der Jubel des Protagonisten zu verstehen. Ciccone riss beim Passieren der Bergwertung, die ihm den Platz auf dem Podium in Paris garantierte, die Arme hoch. Jubel bei einer Bergwertung unterwegs, die nicht auch das Etappenziel markiert, gab es seit der Onlineschaltung von Twitter nicht. Es ließ sich jedenfalls kein Bild auftreiben. Aus den Zeiten davor gibt es vermutlich auch keines.

Das zeigt, welche Last Ciccone von den Schultern gefallen war. “Es war eine sehr schwere Arbeit. Wir hatten als Team einen Plan. Und dank der großartigen Hilfe meiner Teamkollegen ist uns auch gelungen, den umzusetzen“, konstatierte der Kletterspezialist im Ziel. Besonders bedankte er sich bei den beiden Dänen Matthias Skjelmose und Mads Pedersen. “Wenn Fahrer von diesem Kaliber sich entscheiden, etwas zu unternehmen, dann musst du natürlich an ihrem Rad dran bleiben“, sagte Ciccone. Vor allem Skjelmose tat sich in der Fluchtgruppe als Punktesammler hinter Ciccone hervor. Der Gewinner der Tour de Suisse sorgte vor, dass niemand anderes noch späten Appetit auf Bergpunkte entwickelte.

Auf der 20. Etappe durch die Vogesen machte Ciccone mit Hilfe seines Teamkollegen Matias Skjelmose (vorn) das Bergtrikot klar. | Foto: Cor Vos

Ciccone wirkte im Laufe dieser Tour nicht komplett überzeugt von sich. “Das Jahr verlief nicht so gut, ich hatte immer wieder Rückschläge“, sagte er radsport-news.com. Vor allem, dass er wegen einer Covid-Erkrankung den Giro verpasste, schmerzte ihn. Bei der Fernfahrt Tirreno - Adriatico passierte ihm das Missgeschick, dass ihn während eines Interviews im Ziel ein Fahrzeug der Organisatoren abräumte. Die Szene geschah vor laufender Kamera. Nein, es war bislang nicht die Saison des Giulio Ciccone.

Für das Klassement nicht konstant genug

Dass er ein toller Fahrer ist, weiß man aber. 2019 sammelte er zwei Löwen ein, als er als Mitglied einer Ausreißergruppe Gelb übernahm (und es Frankreichs Nationalhelden Julian Alaphilippe auszog). Im gleichen Jahr wurde er auch Bergkönig des Giro.

Für Klassement-Ambitionen ist Ciccone aber nicht konstant genug. Und so macht die Konzentration auf Fluchtgruppen in den Bergen auch den meisten Sinn. 514 Kilometer legte er bei dieser Tour vor dem Feld zurück, durchaus bemerkenswert. Gern hätte er das auch mit einem Tagessieg gekrönt. Auf der 5. Etappe kam er dem Unterfangen am nächsten, da aber war Bora hansgrohe-Profi Jai Hindley besser.

Im Etappenziel in Le Markstein hatte Ciccone allen Grund zum Jubel. | Foto: Cor Vos

An jenem Tag begann auch Ciccones ernsthaftere Jagd nach Bergpunkten. Auf der 15. Etappe holte er sich das Leibchen, damals noch punktgleich mit dem US-Amerikaner Neilson Powless. Ciccone hatte aber mehr Siege an den Gipfeln. Sein größtes Kunststück vollbrachte er beim Zeitfahren am Tag danach. Da stürmte er als Schnellster den kategorisierten Gipfel hinauf und holte sich die Maximalpunktzahl. Er war auf diesem Teilstück sogar schneller als der überirdisch fahrende Etappengewinner Vingegaard.

Ciccone bäckt kleinere Brötchen als der Däne. Aber wenn er sich mal zum Backen entschließt, kommt auch etwas Feines heraus.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

24.07.2023Pogacar vs. Vingegaard: Wer ist der beste Rundfahrer?

(rsn) – Wer ist der beste Rundfahrer der Welt? Für diesen inoffiziellen Titel kommen derzeit nur zwei Profis in Betracht: Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) und Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). D

Weitere Radsportnachrichten

15.09.2025UCI äußert “völlige Ablehnung und tiefe Besorgnis“ nach Vuelta-Chaos

(rsn) – Lange Zeit war während der Vuelta nichts von der UCI zu hören. Der Weltverband berief sich auf seine politische Neutralität und hielt sich raus, während bei einem der wichtigsten Wettbew

15.09.2025“Das war organisiertes Verbrechen“, “Sie waren fast wie wilde Tiere“

(rsn) – Die Vuelta Espana 2025 wird als besonders in die Geschichte eingehen. Nicht unbedingt aufgrund der sportlichen Auffälligkeit, wenngleich Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) unter ande

15.09.2025Cofidis-Profi Robeet mit Schlaganfall ins Krankenhaus

(rsn) - Für Mick van Dijke (Red Bull - Bora - hansgrohe) ist die Saison mutmaßlich beendet. Der Niederländer ist am Samstag in seiner Heimat bei einer Trainingsausfahrt gestürzt und brach sich dab

15.09.2025Vuelta-Chef Guillén spricht von “absolut inakzeptablen“ Verhältnissen

(rsn) – Dass Sport und Politik selten harmonieren, ist keine neue Erkenntnis. In der Dimension der auftretenden Probleme hat die Vuelta a Espana aber zumindest in Radsport-Verhältnissen gemessen

15.09.2025Pidcock strahlt neben Vingegaard: Wo geht die Reise hin?

(rsn) – Thomas Pidcock (Q36.5 Pro Cycling Team) hat bei der 80. Ausgabe der Vuelta a España Geschichte geschrieben. Sein dritter Gesamtrang in Spanien bescherte zum zweiten Mal in diesem Jahrtausen

15.09.2025Vingegaard & Co. am Hotelparkplatz auf Kühlboxen geehrt

(rsn) - Die pro-palästinensischen Proteste, die am Sonntag für ein vorzeitiges Ende der Vuelta 2025 sorgten, hatten nicht nur die letzte Etappe auf dem Gewissen, sondern auch die offizielle Siegereh

15.09.2025Zwischen Stolz und Unvollendung: Vingegaards seltsamer Triumph

(rsn) – Jonas Vingegaard (Team Visma – Lease a Bike) hat die 80. Ausgabe der Vuelta a España und damit die dritte Grand Tour seiner Karriere gewonnen. Vor João Almeida (UAE - Emirates – XRG/+1

15.09.2025Mattheis gewinnt Bergankunft am Lushan Mountain

(rsn) – Die elftägige Tour of Poyang Lake (2.2) durch Zentralchina hätte für das Team Bike Aid und vor allem für Oliver Mattheis kaum besser starten können. Der 30 Jahre alte Kletterer des deut

15.09.2025Riccitello schließt sich Decathlon an

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.09.2025Bock gewinnt Finale in Wenholthausen – Theiler sichert sich Bundesliga-Gesamtsieg

(rsn) - Mit dem Rennen in Wenholthausen ist die Rad-Bundesliga 2025 zu Ende gegangen. Der Wettkampf, der zugleich als Deutsche Bergmeisterschaft gewertet wurde, bot wie gewohnt einen harten Kampf. De

15.09.2025Die Strecken für die Straßenrennen bei der WM 2025 in Ruanda

(rsn) – Die Straßenrennen bei den Weltmeisterschaften 2025 in Ruanda haben es in sich. Vor allem die nackten Zahlen sprechen bereits Bände und suggerieren Titelkämpfe, die nur unter reinen Bergsp

15.09.2025Die Zeitfahrstrecken bei den Weltmeisterschaften in Ruanda

(rsn) – Im hügelig-bergigen Kigali gibt es kaum flache Straßen. Und so sind auch die Einzelzeitfahren sowie die Mixed-Staffel bei den Weltmeisterschaften in Ruanda wirklich schwere Prüfungen. Wir

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine