RSNplusEtappensieg und Gelb: Bora räumt ab

Hindley, Buchmann und Konrad gelingt die Tour-Sensation

Von Joachim Logisch (Laruns) und Peter Maurer

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Emanuel Buchmann (links) und Jai Hindley feiern den Sieg des Australiers auf der 5. Etappe der Tour de France. | Foto: Cor Vos PRÜFEN

05.07.2023  |  (rsn) – Vor dem Start der 5. Etappe der Tour de France hatte niemand damit gerechnet, dass Jai Hindley das Gelbe Trikot erobern würde, doch der Australier und sein deutsches Team Bora – hansgrohe waren die cleversten und auch glücklichsten Akteure des ersten Pyrenäen-Tages. Denn als sich die erste große Gruppe vom Feld absetze, fand sich nicht nur der Kapitän des Teams darin, sondern auch der Deutsche Meister Emanuel Buchmann und der Österreicher Patrick Konrad - und das Trio harmonierte perfekt.

"Es ist alles nach Plan gelaufen", witzelte Sportdirektor Rolf Aldag nach der Etappe, winkte dann aber ab. Nicht einmal er hatte ein solches Szenario im Kopf gehabt. Wir hatten das nicht geplant und dann ist es passiert“, sagte Buchmann gegenüber radsport-news.com. Doch nicht nur das Gelbe Trikot erhielten die Raublinger, auch den Tagessieg errang ihr bester Mann.

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"Er sieht richtig stark aus, war es auch schon in der Dauphiné", schilderte Buchmann weiter. Der Ravensburger und sein Kapitän waren ursprünglich nicht für die Fluchtgruppe des Tages vorgesehen, da aber bei der Nachführarbeit im Feld hinter ihnen eine Lücke aufging, waren sie plötzlich unter den knapp 40 Mann, die einen ersten Vorsprung auf das Peloton herausfahren konnten. Die frühe Führungsarbeit übernahm Konrad, der alles dafür tat, um den Vorsprung zu vergrüßern und sich dabei selbstlos für seine Teamkollegen aufopferte.

Etappensieg - und damit auch in Gelb: Jai Hindley im Ziel in Laruns. | Foto: Cor Vos

Unterwegs erhielt das deutsche Team Unterstützung von Ineos Grenadiers und AG2R - Citroën sowie Jumbo – Visma, die alle auf den Etappensieg abzielten. Daher konnte sich Buchmann auch lange bis zum Col de Marie-Blanque zurückhalten, dem letzten Anstieg des Tages. Dort setzte sich dann Hindley gemeinsam mit dem Österreicher Felix Gall ab, welchen er wenig später auch stehen ließ. Als Solist fuhr der Bora-Kapitän nun Laruns, dem Zielort entgegen, wo er schon vor der Ziellinie den ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere feierte.

Buchmann traut Hindley sogar den Toursieg zu

"Wir hatten nicht erwartet, heute etwas zu machen und stehen nun mit dem Etappensieg und dem Trikot da", freute sich Buchmann. Er war sich sicher, dass sein Teamkollege auf der ersten richtigen Bergetappe einen wichtigen Schritt in Richtung Tourpodium gemacht hatte: "Jai kann sicher noch super Sachen hier anstellen. Heute war sehr wichtig, er hat alle hinter sich gelassen, auch die anderen ums Podium“, stellte der Deutsche fest, der 2019 auch schon einmal um das Podium in Paris gefahren war, es als Vierter nur äußerst knapp verpasste.

Buchmann weiß also, was auf seinen australischen Teamkollegen in den nächsten Wochen zukommt. Dabei hat der Ravensburger großes Vertrauen in den Bora-Kapitän: "Letztes Jahr war er im Giro überraschend stark und hat ihn gewonnen. Vielleicht kann er es auch hier?"

Nach getaner Arbeit sparte Patrick Konrad im Gruppetto Kräfte und erlebte dort auf dem Col de Marie Blanque aus der Ferne, wie Hindley Gelb eroberte. | Foto: Cor Vos

Als Unfall beschrieb Aldag, dass seine Spitzenfahrer sich unter den Ausreißern befanden. "Wir sind nicht davon ausgegangen, dass wir morgen im Gelben Trikot starten werden. Es gibt berglastigere Teams als uns für den Tourmalet (der am Donnerstag auf dem Programm steht, d. Red.). Aber jeder wird sich umbringen, um so weit wie möglich zu kommen", war sich der deutsche Ex-Profi sicher, dass Hindley jegliche Unterstützung für die Verteidigung des Maillot Jaune bekommen wird.

Die Eltern am Straßenrand als Motivator vor dem Marie-Blanque

Für Aldag war es auch der Lohn einer langen Vorbereitung, die sein Schützling perfekt abschloss. "Er kannte jeden Meter, wusste alles schon vor dem Briefing und dann hat er abgeräumt", erklärte Aldag. Für den Tourerfolg war Hindley lange von der Familie getrennt, wie er in der Pressekonferenz gestand: "Seit Wochen lebe ich aus dem Koffer, habe meine Familie nicht gesehen. Aber sie sind nun hier. Es ist speziell, sie um mich zu haben."

Als es in den finalen Anstieg ging, standen seine Eltern am Straßenrand, feuerten ihn an. "Sie sind seit dem ersten Tag für mich da. Deshalb widme ich ihnen den Sieg. Der ist für jeden, der mich in meiner Karriere unterstützt hat", gab sich der Australier emotional und erzählte, dass er seit seinem sechsten Lebensjahr von diesem Erfolg geträumt hatte. Und dass, obwohl er im Vorjahr schon den Giro d’Italia gewinnen konnte.

Jai Hindley küsst sein Gelbes Trikot auf dem Podium in Laruns. | Foto: Cor Vos

Die Begeisterung für die Tour de France ist enorm in Australien, wo die Tourentscheidung mitten in der Nacht verfolgt wird, die Einschaltquoten sind hoch. Und mit dem nun achten Australier im Gelben Trikot, hat der Fünfte Kontinent einen neuen Nationalhelden.

Linkshänder, Kaffeeliebhaber und australischer Sprücheklopfer

Weil Hindley in Frankreich noch weitgehend unbekannt ist, wurde er von einem Reporter gebeten, etwas von sich zu erzählen. "Ich bin in Perth aufgewachsen und Linkshänder", kam er der Bitte nach. "Ich mag es, mein Bike zu fahren und ich liebe die europäische Kultur. Hier Rennen zu fahren, ist besonders, ich mag es in Australien aber auch", grinste er und nannte dann auch noch gleich seine Lieblingsspeise und Lieblingsgetränk: Toast mit Avocado und ein Flat White, das australische Pendant zum Cappuccino.

Doch bei allen Scherzen weiß Hindley auch, dass noch viele schwere Etappen und Herausforderungen in Frankreich warten. "Es ist noch ein langer Weg nach Paris“, blickte er voraus und unterstrich, dass nach wie vor Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) für ihn die großen Favoriten sind: "Die Beiden sind in guter Form."

47 Sekunden auf den Dänen und 1:40 Minuten auf den Slowenen hat er als Polster für die nächsten Tage. Wirklich Sorgen über das, was nun auf ihn zukommt, macht er sich nicht. Gegen überzogene Erwartungen setzte er wieder den Spruch, der schon vor seinem Girosieg im Vorjahr für Lacher gesorgt hatte. "Man soll einem Tausendfüßler auch keine Socken anziehen", flachste der neue Tourleader zum Abschluss und mahnte, dass man sich nicht über jedes Detail Gedanken machen solle, denn sonst würde man nie fertig werden.

Für sein Team jedenfalls hat er schon mal die Ausrufezeichen gesetzt: "Mit dem Etappensieg und dem Gelben Trikot kann das für uns keine schlechte Tour mehr werden ", zeigte sich Aldag zufrieden.

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