Vorschau auf die 86. Tour de Suisse

Wenig Konkurrenz für Evenepoel in der Schweiz

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Wenig Konkurrenz für Evenepoel in der Schweiz"
Das Trikot des belgischen Zeitfahr-Meisters könnte Remco Evenepoel gleich beim Auftakt der Tour de Suisse gegen das Gelbe des Gesamtführenden eintauschen. | Foto: Cor Vos

08.06.2023  |  (rsn) – Noch hat Jumbo-Visma sein Aufgebot für die 86. Tour de Suisse (2.UWT) nicht bekanntgegeben. Zuletzt wurde darüber spekuliert, ob die Niederländer nicht vielleicht doch Giro-Sieger Primoz Roglic an den Start schicken. Sollte der Slowene, seinen ursprünglichen Plänen folgend, erst in Vorbereitung auf die Vuelta ins Renngeschehen zurückkehren, stellt sich die Frage, wer Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) ab Sonntag von einem Gesamtsieg abhalten soll.

Der Belgier geht – selbst bei einem Start Roglic' – als Topfavorit in die achttägige Rundfahrt durch die Schweiz, die vor allem mit mit den zwei Zeitfahren wie für den 23-Jährigen gemacht zu sein scheint. Beim Giro hat er bei den beiden Rennen gegen die Uhr, die er absolvierte, nicht nur den Klassement-Fahrern, sondern auch den Zeitfahrspezialisten deutlich mehr Zeit abgenommen als erwartet. Selbst mit einer Corona-Infektion, die ihn schließlich zur Aufgabe zwang, war Evenepoel noch besser als Roglic, Geraint Thomas oder Filippo Ganna (beide Ineos Grenadiers).

UAE-Gespann Vine und Ayuso größte Konkurrenten für Evenepoel

Zwar sind mit mehr als 18.000 Höhenmetern auch genügend Anstiege zu absolvieren, vor allem verteilt auf zwei Bergankünfte und die Königsetappe auf dem fünften Abschnitt. Doch auch da muss den Belgier erstmal jemand abhängen. Im Team stand zunächst trotzdem Understatement auf der Tagesordnung. “Remco kommt von einer Erkrankung zurück, also schauen wir von Tag zu Tag. Wir werden sehen, wo er in den Bergen landet und wo die anderen Jungs ihn unterstützen werden“, sagte Sportdirektor Geert Van Bondt.

Die größte Gefahr droht Evenepoel vom UAE-Duo Jay Vine und Juan Ayuso. Während Vine beim Giro in die Helferrolle für Almeida geschlüpft war, dürfte er sich nun die Kapitänsrolle mit Ayuso teilen – oder Edelhelfer für das spanische Top-Talent werden. Der 20-Jährige hatte sein Comeback nach halbjähriger Verletzungspause bei der Tour de Romandie gegeben und dort mit einem Etappensieg im Zeitfahren sowie einem zweiten Platz stark geliefert, ehe er im Hochgebirge doch nicht mehr mit den Besten mithalten konnte. Doch das war einkalkuliert. Die Tour de Suisse wird erst sein zweites Rennen sein. Vielleicht fehlt weiterhin die Rennhärte, doch Trainingskilometer sollte er mittlerweile genügend in den Beinen haben.

Higuita ist Boras Trumpf

Ein Kandidat für die Top 5 ist auch Sergio Higuita. Der Kapitän von Bora – hansgrohe konnte in dieser Saison abgesehen von einem Etappensieg und Platz sechs in der Gesamtwertung der Baskenland-Rundfahrt noch nicht wie erhofft auf sich aufmerksam machen, hat aber auch vollen Fokus auf die Tour de France gelegt und sollte seiner Bestform nun näher sein als im Frühling. Mit Cian Uijtdebroeks steht ihm ein starker Helfer zur Seite, der sich vielleicht auch selbst eine Etappe herauspicken könnte, um da auf Sieg zu fahren.

Ineos Grenadiers hat zwar auch Tom Pidcock am Start, doch auch der dürfte eher Etappenjäger denn Mann für die Gesamtwertung sein. In Abwesenheit der etablierten Rundfahrer und Tour-Hoffnungen, die bei der Dauphiné sind, dürfte die Rolle des Mannes fürs Klassement dem jungen Ben Tulett zufallen, der seine starke Form gerade erst mit dem Sieg der Tour of Norway unter Beweis gestellt hat und zuvor schon Zweiter der Ungarn-Rundfahrt wurde.

Mit Ambitionen in der Gesamtwertung geht darüber hinaus sicher auch Neilson Powless (EF Education – EasyPost) ins Rennen. Der 26-Jährige Amerikaner hatte ein starkes Frühjahr mit Platz sechs bei Paris-Nizza oder dem Sieg beim Etoile des Bessèges und dem Grand Prix de Marseille. Für Israel – PremierTech könnten es die erfahren Jakub Fuglsang und Dylan Teuns richten. Ohne Roglic ist Wilco Kelderman Jumbos Ass für die Gesamtwertung.

Fitter Van Aert könnte mehrere Etappen abschießen

Alles, was Top-Favorit Evenepoel nicht gewinnen kann, könnte ein Fall für Wout Van Aert sein. Auch ohne Roglic hat Jumbo-Visma einen Siegfahrer an Bord, der die wenigen und nicht unbedingt einfachen möglichen Sprintentscheidungen auf der 2. und 7. Etappe für sich entscheiden und dazu als Ausreißer auf dem sechsten Teilstück erfolgreich sein könnte. Dazu kommen natürlich noch die Zeitfahren. Allerdings hat Van Aert in diesem Jahr noch nicht so geliefert wie zuletzt und erst einen Sieg eingefahren, was aber auch auf einen Formaufbau hin zum absoluten Saisonhöhepunkt Tour de France deuten könnte.

Konkurrenz im Flachen muss der Belgier höchstens von seinen Landsleuten Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) und Jordi Meeus (Bora – hansgrohe) fürchten. Dazu kommen noch Arnaud Demare (Groupama – FDJ) und Biniam Girmay (Intermarché – Circus – Wanty).

Gall und Mäder mit Chancen auf Top-10-Resultat

Aus deutscher Sicht wird in der Schweiz nicht allzu viel zu holen sein. Eventuell kann Marius Mayrhofer (DSM) in die Sprints mit reinhalten, wenn er den Giro gut verkraftet hat. Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) oder Felix Engelhardt (Jayco – AlUla) könnten sich über Ausreißergruppen definieren. Österreich und AG2R – Citroen hoffen dagegen auf ein Top-10-Resultat in der Gesamtwertung durch Felix Gall, der sich den letzten Schliff für sein Tour-de-France-Debüt holen will.

Die Schweizer schauen in erster Linie auf ihre Zeitfahrspezialisten Stefan Küng (Groupama – FDJ) und Zeitfahr-Europameister Stefan Bissegger (EF Education – EasyPost), die es natürlich sowohl auf den Auftakt als auf die Schlussetappe abgesehen haben. Gerade Küng, der gegen die Uhr zuletzt reihenweis Top-5-Ergebnisse einfuhr, die ganz großen Namen in jüngster Vergangenheit aber nicht mehr knacken konnte, würde in der Heimat gerne mal wieder ganz oben auf dem Podium stehen. Gino Mäder (Bahrain Victorious) hingegen liebäugelt sicher wie Gall mit einer vorderen Platzierung in der Endabrechnung.

Mehr Informationen zu diesem Thema

03.11.2023Staatsanwaltschaft stellt Verfahren um Mäders tödlichen Sturz ein

(rsn) - Die Staatsanwaltschaft Graubünden hat das nach dem tödlichen Unfall von Gino Mäder (Bahain Victorious) auf der Königsetappe der diesjährigen Tour de Suisse eingeleitete Strafverfahren ein

21.06.2023Italienische Meisterschaften ohne Titelverteidiger Zana

(rsn) – Filippo Zana (Jayco – AlUla) wird am Wochenende seinen Titel im Straßenrennen der Italienischen Meisterschaften nicht verteidigen können. Wie sein Team auf Twitter mitteilte, habe sich d

20.06.2023Reusser feiert souveränen Heimsieg bei der Tour de Suisse

(rsn) – Marlen Reusser (SD Worx) hat am letzten Tag der Tour de Suisse Women (2.UWT) souverän ihr Gelbes Trikot verteidigt und damit die 3. Ausgabe ihres Heimrennens für sich entschieden. Der Zei

20.06.2023Klimaschutzorganisation Justdiggit ehrt Gino Mäder

(rsn) – Die gemeinnützige Organisation Justdiggit, die mit Landsanierungssprojekten in Afrika die Folgen des Klimawandels bekämpft, wird zu Ehren des bei der Tour de Suisse tödlich verunglückten

19.06.2023Vollering fängt Zigart noch ab, doch Gasparrini jubelt

(rsn) – Bis zum Schlusskilometer der 3. Etappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) durfte die Slowenin Urska Zigart (Jayco – AlUla) auf den bisher größten Sieg ihrer Karriere hoffen. Doch knapp 100

19.06.2023Van Aerts Bilanz “ernüchternd, aber nicht enttäuschend“

(rsn) – Im vergangenen Jahr dominierte Wout Van Aert mit seinem Team Jumbo – Visma die Tour-Generalprobe nach Belieben. Der Belgier gewann zwei Etappen und wurde zweimal Tageszweiter, sein Team g

19.06.2023Bora - hansgrohe freut sich über Uijtdebroeks und denkt an Mäder

(rsn) - Am letzten Tag der 86. Tour de Suisse (2.UWT) reichte es für Cian Uijtdebroeks (Bora – hansgrohe) nur noch zum 22. Platz. Mit 1:16 Minuten Rückstand auf den gleichaltrigen Etappengewinner

19.06.2023Vorschau auf die Rennen des Tages / 19. Juni

(rsn) – Welche Rennen gilt es heute zu beachten? Wie sehen die Streckenprofile und Startlisten jeweils aus und wer ist der Favorit oder die Favoritin? radsport-news.com stellt jeden Morgen die wi

18.06.2023Tour de Suisse: Highlight-Video des Abschlusszeitfahrens

(rsn) – Mattias Skjelmose (Trek – Segafredo) hat im abschließenden Einzelzeitfahren der Tour de Suisse sein Gelbes Trikot verteidigt und den größten Sieg seiner noch jungen Karriere gefeiert. D

18.06.2023Ayuso gewinnt Zeitfahren, aber Skjelmose die Tour de Suisse

(rsn) – Juan Ayuso (UAE Team Emirates) hat das Abschluss-Zeitfahren der 86. Tour de Suisse (2.UWT) in Abtwil gewonnen, den Gesamtsieg aber um neun Sekunden gegen den Dänen Mattias Skjelmose (Trek â

18.06.2023Gino Mäder – ein sportlicher Nachruf

(rsn) – Er hatte ein Lächeln, das dem Radsport fehlen wird. Gino Mäder hat den Kampf gegen die auf der 5. Etappe der Tour de Suisse erlittenen Sturzfolgen verloren und ist im Alter von nur 26 Jahr

18.06.2023Reusser setzt sich erst in letzter Abfahrt gegen Longo Borghini durch

(rsn) – Marlen Reusser (SD Worx) ist ihrer Favoritinnenrolle im Einzelzeitfahren der Tour de Suisse (2.WWT) gerecht geworden und hat den 25,7 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr zwischen St. Gallen

Weitere Radsportnachrichten

09.05.2025Kurviger Kampf gegen die Uhr

(rsn / ProCycling) – Die 2. Etappe beginnt in Tirana, wo am Vortag die erste endete. Auf den kürzesten Transfer des diesjähirgen Giro d´Italia folgt auch die kürzeste Etappe: 13,7 Kilometer müs

09.05.2025Landa zieht sich bei Giro-Sturz Wirbelfraktur zu

(rsn) – Mikel Landa hat sich bei seinem Sturz fünf Kilometer vor dem Ziel der 1. Etappe des Giro d’Italia eine Wirbelfraktur zugezogen. Das teilte Soudal – Quick-Step am Abend noch mit. Der Spa

09.05.2025Nach perfektem Auftritt in Tirana will Pedersen mehr

(rsn) – Ob es nun läuft oder nicht: Für einen lockeren Spruch ist Mads Pedersen (Lidl – Trek) immer zu haben. Wenn es läuft, dann vielleicht noch ein bisschen mehr. Und es könnte gerade nicht

09.05.2025Roglic freut sich über Giro-Auftakt ohne Pannen

(rsn) - Der erste Tag im Giro-Büro verlief für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) unspektakulär. Das allerdings ist eine gute Nachricht. Er hielt sich aus Stürzen heraus, anders als M

09.05.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 1. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 9. Mai im albanischen Durres zum 108. Giro d‘Italia (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, zwei Luxemburger sowie je ein Österreicher und Schweizer.

09.05.2025Van Aert: “Das war deutlich mehr, als ich erwartet hatte“

(rsn) – Der Auftakt in die erste Grand Tour des Jahres ist gemacht. Und er endete mit einem Feuerwerk von Lidl – Trek. Als einer der Favoriten auf den Tagessieg war Mads Pedersen ins Rennen gegang

09.05.2025Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mads Pedersen (Lidl - Trek) hat den Auftakt des 108. Giro d’Italia gewonnen und sich mit seinem zweiten Tagessieg bei einer Italien-Rundfahrt das erste Rosa Trikot des Gesamtführenden ges

09.05.2025Pedersen sprintet zum Giro-Auftakt ins Rosa Trikot

(rsn) - Der Däne Mads Pedersen (Lidl – Trek) hat den Auftakt des 108. Giro d´Italia gewonnen und damit auch das erste Rosa Trikot dieser Italien-Rundfahrt übernommen. Im Sprint eines von Lidl –

09.05.2025Landa nach Sturz schon am ersten Giro-Tag ausgeschieden

(rsn) – Schon nach dem ersten Tag ist der 108. Giro d’Italia für Mikel Landa (Soudal Quick-Step) beendet. Der Spanier schied nach einem Sturz in einer Abfahrt fünf Kilometer vor dem Ziel der 1.

09.05.2025Vos per Tigersprung gegen Bredewold zum zweiten Etappensieg

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat sich auf der 6. Etappe der 11. Vuelta Espana Femenina ihren zweiten Tagessieg gesichert. Die 37-jährige Niederländerin verwies über 126,7 Kilomet

09.05.2025Zemke: “Ziel muss sein, mit Tom eine Etappe zu gewinnen“

(rsn) - Jens Zemke hat als Sportdirektor schon einige große Rundfahrten auf dem Buckel. Für sein Team Q36.5 markiert der Start beim 108. Giro d’Italia aber das Debüt bei einer Grand Tour. Der Sch

09.05.2025Brenner will bei seinem Giro-Debüt Ausreißerchancen nutzen

(rsn) – Zum zweiten Giro d’Italia in seiner Geschichte tritt das Schweizer Team Tudor mit großen Ambitionen an. Die Augen sind vor allem auf Michael Storer gerichtet, der nach seinem Gesamtsieg b

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d`Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour du Finistere Pays de (1.1, FRA)
  • Silesian Classic (1.2, POL)
  • Tour de Kumano (2.2, JPN)