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12.03.2022 | (rsn) – Der Radsport hat einen neuen Kannibalen, einen Nachfolger von Eddy Merckx, dem dieser martialische Ehrenname zuteil wurde, weil er in seinem Sieghunger unstillbar war. Dies trifft nun auf Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) zu. Seit er 2019 Profi wurde, mischt der 23-jährige Slowene die Weltelite auf, gewann die letzten beiden Austragung der Tour de France sowie mehr als 30 weitere Rennen, darunter die Monumente Lüttich-Bastogne-Lüttich sowie Il Lombardia.
"Er ist unglaublich und so viel besser als der Rest von uns", analysierte Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), im Vorjahr Tour-Zweiter, nach der Königsetappe von Tirreno-Adriatico, die er knapp eine Minute hinter Pogacar auf Rang zwei beendete. “Ich war schon am Limit und habe nicht einmal daran gedacht, dass ich mit ihm mitfahre“, fügte der Däne an. Als sich der UAE-Kapitän 16 Kilometer vor dem Finish bei der zweiten Überquerung des Monte Carpegna auf- und davonmachte, konnte tatsächlich niemand sein Hinterrad halten.
"Das Team hat wieder eine unglaubliche Arbeit abgeliefert. Sie fahren 200 Kilometer für dich und dann musst du fast an einem so wichtigen Tag gewinnen", erklärte Pogacar im Siegerinterview und gab sich wieder einmal bescheiden. Jene Lockerheit, die er in seinen sportlichen Auftritten ausstrahlt, verfliegt oft schnell in den Interviews.
Wo Pogacar ist, ist vorne. Der zweimalige Toursieger schaut sich nach seinen Gegnern um, die im Finale oft hinter ihm um den Anschluss kämpfen. | Foto: Cor Vos
"Die Beine haben sich super angefühlt. Wir haben uns dazu entschieden zu attackieren und ich bin dann einfach mein Tempo gefahren", erzählte er weiter. Nicht einmal die niedrigen Temperaturen oder die schwierige Abfahrt schienen dem Überflieger Probleme zu bereiten. "Naja, kalt war mir schon und daher musste ich ja was machen", scherzte er sogar ein wenig. Seinen zweiten Gesamtsieg bei Tirreno-Adriatico sollte er nach dem heutigen Auftritt sicher in der Tasche haben, da die finale Schleife rund um San Benedetto del Tronto eine Angelegenheit für Sprinter werden dürfte.
"Hoffentlich erholt sich Pascal von den heutigen Strapazen und kann morgen sprinten", meinte Pogacar mit Blick auf seinen neuen Teamkollegen Pascal Ackermann, der sich im zweiten gemeinsamen Rennen für seinen Kapitän vor das Feld spannte und Helferdienste verrichtete. Ein ungewohntes Bild, das man etwa bei der Tour de France nicht sehen wird, denn das UAE-Aufgebot wird vor allem aus kletterstarken Fahrern bestehen, damit Pogacar zum dritten Mal in Folge das Gelbe trikot gewinnen kann.
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Pogacar nach seinem zweiten Tour-Erfolg im letzten Jahr mit Marc Cavendish, der vier Etappen und das Grüne Trikot gewann. | Foto: Cor Vos
Der Überflieger ist noch stärker als im vergangenen Jahr
Bis zum Grand Départ in Kopenhagen sind es noch gut vier Monate, aber das Wunderkind aus Klanec, nur unweit der Hauptstadt Ljubljana, ist ergebnistechnisch sogar noch stärker als vor einem Jahr. Das Rennprogramm 2022 ist identisch mit dem von 2021. Zum vergleichbaren Zeitpunkt hatte Pogacar Gesamtsiege bei der UAE Tour und bei Tirreno gefeiert, gewann dort jeweils eine Etappe und wurde Siebter bei Strade Bianche.
In dieser Saison legte er noch jeweils einen Etappensieg bei beiden Rundfahrten drauf und gewann den toskanischen Klassiker auf Schotterstraßen. Dass er bei den meisten Rennen auch zusätzlich zur Gesamtwertung je eine Sonderwertung und die Nachwuchsklasse gewann, ist fast schon selbstverständlich. Bei der aktuellen Ausgabe von Tirreno gönnt er der Konkurrenz lediglich die Bergwertung, in der er auf dem zweiten Platz hinter Quinn Simmons (Trek – Segafredo) rangiert.
Pogacar gewann 2021 zwei Monumente: im Frühjahr Lüttich-Bastogne-Lüttich und im Herbst die Lombardei-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos
Auch bei Mailand-Sanremo oder der Ronde ein Sieganwärter?
Nach Tirreno wartet aber im Vergleich zum Vorjahr neues Terrain auf Pogacar. Denn während er 2021 die Baskenland-Rundfahrt ins Auge fasste, geht es heuer zu zwei Monumenten und auf das belgische Pflaster. Schon vor zwei Jahren war er bei Mailand-Sanremo in der Gruppe, die am Ende das Rennen unter sich ausmachte. In der aktuellen Form ist ein Angriff im Finale des fast 300 Kilometer langen Klassikers fast schon vorprogrammiert.
Viel spannender wird aber sein, was Pogacar dann bei seiner Pflasterpremiere bei Dwars Door Vlaanderen oder der Flandern-Rundfahrt zeigen kann. Mit ein wenig Fantasie könnte man davon ausgehen, dass er, bei erfolgreichem Verlauf der nächsten Rennen, schon mit 23 vier der fünf Monumente des Radsports gewonnen hat.
Damit ist Pogacar ähnlich siegeshungrig wie Kannibale Merckx, der sich in den ersten Jahren seiner Karriere neben der Tour (1969) und dem Giro (68) dreimal Mailand-Sanremo (66, 67, 69), Paris-Roubaix (68), Lüttich-Bastogne-Lüttich (69) und die Straßen-WM (67) einverleibte.
Eddy Merckx in seiner typischen Geste bei einem seiner insgesamt 283 Siege. | Foto: Cor Vos
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