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27.03.2017 | (rsn) - Markus Zingen ist seit einigen Jahren Manager beim luxemburger Continental-Team Leopard. Im Interview mit radsport-news.com spricht Zingen über den Saisonstart, die Kaderzusammensetzung, das Comeback von Jan Dieteren und verkündet, dass Jörg Werner nicht mehr als Sportlicher Leiter für das Team tätig sein wird.
Sind Sie mit den personellen Veränderungen im Aufgebot von 2016 auf 2017 zufrieden?
Markus Zingen: Bereits beim ersten Teamtreffen im Dezember war zu sehen, dass die Neuzugänge menschlich sehr gut ins Team passen und sich schnell eine Einheit gefunden hat, was ein wichtiger Faktor ist. Dieser Eindruck hat sich im Trainingslager und in den ersten Rennen bestätigt. Natürlich gibt es sportlich gesehen noch Raum zur Verbesserung. Aber das ist immer ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geht und man muss natürlich auch differenzieren – unsere beiden Youngster Charlie Quarterman und Jens Reynders kommen von den Junioren, und das ist natürlich ein enormer Sprung. Wobei gerade Jens sich schon sehr aktiv in Spitzengruppen gezeigt hat bei den ersten Einsätzen und einen guten Eindruck hinterließ.
Gaetan Pons muss nach einer verletzungsgeprägten Saison 2016 erst noch den Rhythmus finden, bringt sich aber gut ins Team ein und wird sicher im weiteren Verlauf seine Ergebnisse einfahren. Szymon Rekita hatte natürlich einen Einstand nach Maß mit dem Etappensieg bei der Tour of Rhodes und dem 4. Platz im GC.
Worauf haben Sie bei den Neuzugängen besonderen Wert gelegt?
Zingen: Wichtig ist, dass jeder im Team bereit ist, für andere zu fahren, im Umkehrschluss aber auch seine eigene Chance auf Ergebnisse bekommt. Wir haben bei den Neuzugängen genau dies versucht zu berücksichtigen, um eine schlagkräftige Einheit zu bilden.
Sind Sie mit dem Saisonstart zufrieden?
Zingen: Es überwiegt das Positive – Ergebnisse sind gerade in einem Team mit jungen Fahrern auch nicht alles, aber eben doch notwendig, um weiter zu kommen. Bei 1.1-Rennen wie Le Samyn und Handzame Classics hatten wir schon bessere Tage, allerdings können wir natürlich gerade mit dem Auftritt auf Rhodos - was auch die Mannschaftsleistung angeht - zufrieden sein und optimistisch auf die nächsten Einsätze schauen.
Welche Rennen werden die Highlights sein?
Zingen: Wir haben nach wie vor ein tolles Rennprogramm mit vielen Highlights. Die Fahrer bekommen vom Frühjahr bis in den Herbst durchgängig Gelegenheit sich zu präsentieren und weiterzuentwickeln. Gerade im Frühjahr sind die drei Rundfahrten Tour de Normandie (am Sonntag zu Ende gegangen, d. Red.), Triptyque Monts&Chateaux und Cirtcuits des Ardennes wichtige Bausteine. Es folgt die Tour de Bretagne Ende April. Natürlich sind für uns als Luxemburger Team die beiden Heimrennen Fleche du Sud und Tour de Luxembourg nach wie vor mit am wichtigsten. Wobei beide Rennen in diesem Jahr direkt aufeinander folgen - was die Planung nicht gerade einfach macht. Bereits eine Woche nach der Tour de Luxembourg freuen wir uns, erneut bei Rund um Köln dabei sein zu dürfen und es folgen im weiteren Verlauf der Saison noch einige internationale Rundfahrten und Eintagesrennen der Kategorie .2 &.1.
Auch Jan Dieteren gehört nach seiner überstandenen Krebserkrankung wieder dem Team an. Lässt sich schon absehen, wann er wieder Rennen fahren kann?
Zingen: Zunächst einmal sind wir froh, dass Jan diese schwere Phase gut überstanden hat und wieder gesund ist. Wir geben ihm nach wie vor die Zeit, die er braucht. Das Wichtigste war, dass Jan gemerkt hat, dass wir hinter ihm stehen. Wir hatten regelmäßig Kontakt, er wurde, wo es ging, auch letztes Jahr immer mal wieder zum Teamtrainingslager oder Meetings eingeladen. Jan wusste schon frühzeitig dass wir ihn, wenn er es wollte, für die Planungen des Teams für 2017 berücksichtigen würden
Im Trainingslager auf Mallorca konnte er schon ordentlich mit uns trainieren, die Basis stimmt und er hat alles gut verkraftet. Allerdings muss man in den intensiveren Bereichen noch dosiert arbeiten und geduldig bleiben. Nach einem weiteren geplanten Leistungstest und anschließender Rücksprache haben wir Mitte April als Renneinstieg ins Auge gefasst - sofern alles nach Plan läuft.
Wird Jörg Werner 2017 wieder zum Team zählen?
Zingen: Jörg Werner hat uns bereits Ende der letzten Saison frühzeitig mitgeteilt, dass er 2017 aus beruflichen Gründen nicht mehr als Sportlicher Leiter tätig sein kann. Wir sind Jörg dankbar für seine Mitarbeit und Hilfe und haben natürlich volles Verständnis für seine Entscheidung.
Woran lag es, dass Sie in letzter Zeit keinen Fahrer in die WorldTour bringen konnten?
Zingen: Dazu gehören einige Faktoren. Zunächst einmal muss es gerade für junge, aufstrebende Fahrer nicht immer gleich die Worldtour sein. Nehmen wir als Beispiel Alex Kirsch: Er ist den Weg von uns über Pro-Conti-Teams gegangen und wir freuen uns zu sehen, wie toll er sich entwickelt. Man muss das sehr differenziert und individuell betrachten. Es gibt Fahrer, bei denen ein früher Einstieg in die WorldTour Sinn macht, andere brauchen jedoch längere Entwicklungs- und Anpassungsphasen.
Nach den beiden sehr erfolgreichen Jahren 2012 und 2013, als wir noch Development Team eines WorldTour-Rennstalls waren, mussten wir eine deutliche Budgetverkleinerung einkalkulieren.
Zingen: Wir wollen uns nicht beschweren – auch mit den gegebenen Mitteln können wir immer noch sehr viel bieten und man sollte als Team wie auch als Fahrer immer bestrebt sein, das Maximum aus den gegebenen Möglichkeiten zu machen. Allerdings hat dies natürlich trotzdem Auswirkungen darauf, welche talentierten jungen Fahrer man verpflichten kann. Das nur als ein Beispiel von mehreren Auswirkungen der Veränderungen.
Und welche gibt es noch?
Zingen: Zum Beispiel die komplizierte Situation, die durch einen Mangel an guten professionellen Teams
hervorgerufen wird. Zudem gab und gibt es auch vielversprechende Talente, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr die erwartete Entwicklung oder die nötige Einsatzbereitschaft zeigen, um weiterzukommen.
Und wir hatten in den Jahren 2015 und vor allem 2016 enorm viele (Langzeit-) Ausfälle wegen Verletzungen und Krankheiten. Das verhindert nicht nur die individuelle Entwicklung, sondern wirft auch den ganzen Saisonaufbau und die Balance eines Teams aus der Bahn. Trotzdem konnte man in der zweiten Hälfte der letzten Saison sehen, dass es wieder aufwärts geht.
Und wem aus dem aktuellen Kader trauen Sie den Sprung in ein großes Team am ehesten zu?
Zingen: Aksel Nommela war 2016 einer unserer konstantesten Fahrer. Wenn er sich weiterhin so entwickelt, ist noch einiges drin. Alex Krieger fährt seit Jahren auf einem hohen Niveau, arbeitet sehr professionell und lässt sich auch von Rückschlägen nicht unterkriegen. Er könnte sicher in einem Pro Conti-Team ein guter Fahrer sein. Er hätte es sich verdient und es wäre auch für seine individuelle Entwicklung nötig.
Jan Dieteren und Tom Wirtgen haben die Voraussetzungen, sind aber durch Krankheit und Verletzungen zurückgeworfen worden. Neuzugang Szymon Rekita hat ja bereits “WorldTour-Luft” als Stagiaire bei Trek geschnuppert. Sein Nachteil war, dass er in seinem bisherigen Team nicht genügend Rundfahrten hatte, um sich weiterzuentwickeln. Das Potenzial hat er sicherlich, wie fast alle unserer Fahrer auch. Am Ende ist es, “Development Team” hin oder her, nun mal doch die Leistung, an der alle gemessen werden. Jeder hat die Chance und es kann alles ganz schnell gehen!
Wie sehen Sie das Team perspektivisch - weiterhin als Talentschmiede oder streben Sie nach mehr?
Zingen: Zunächst einmal wollen wir uns auf diese Saison konzentrieren und einen guten Auftritt als Team hinlegen. Was die Zukunft angeht, so muss man natürlich auch zunächst einmal die angestrebten Veränderung der UCI im Profiradsport abwarten und ob diese denn tatsächlich auch so kommen. Es gibt hier sicherlich noch einiges an Verbesserungspotenzial. Wünschenswert für ein Team wie Leopard wäre es, dass man zumindest einen kleinen "Return on Investment“ bekommt, wenn Fahrer in ein höherklassiges Team wechseln, um dadurch nachhaltiger arbeiten zu können. Wir sind generell offen für verschiedene Szenarien. Aber eins ist sicher: Radsport war und ist nicht einfach und dies wird sich wahrscheinlich so schnell auch nicht ändern. Man muss sich einiges hart erarbeiten und benötigt schon eine gute Mischung aus Idealismus, Optimismus und Passion. In diesem Sinn hoffen wir auf eine gute Saison und auf eine gute Zukunft des Radsports!
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