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21.09.2012 | Valkenburg (dapd) - Jan Ullrich hat es versucht, Erik Zabel ist einige Male am großen Coup denkbar knapp vorbeigefahren, und im Vorjahr endete für André Greipel der Angriff auf den WM-Thron mit der Bronzemedaille. Unter dem Strich war das Ergebnis stets das Gleiche: Deutschland muss weiter auf den ersten Straßen-Weltmeister seit 1966 warten.
Rudi Altig war damals auf dem Nürburgring der Triumph geglückt. Aus dem heutigen WM-Kader des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) für das Rennen am Sonntag im niederländischen Valkenburg war zu der Zeit noch keiner der Fahrer geboren. Erst recht nicht John Degenkolb, auf dem diesmal die deutschen Hoffnungen ruhen.
Mit der Referenz von fünf Etappensiegen bei der vor zwei Wochen zu Ende gegangenen Spanien-Rundfahrt ist der 23-jährige Erfurter angereist. Das Selbstvertrauen ist entsprechend groß. "Wir gehen mit dem Ziel an den Start, das Rennen zu gewinnen. Aber wir gehören nicht zu den Topfavoriten. Mit ein wenig Glück können wir vielleicht für eine Überraschung sorgen", sagte Degenkolb mit Blick auf die 267 Kilometer lange Schleife durch die Region Limburg.
Es ist ein Kurs, der ihm als Freund der Frühjahrsklassiker liegt, auch wenn es gleich elf Mal über den Cauberg geht. Der 1200 Meter lange Anstieg über durchschnittlich 5,8 Prozent stellt auch jedes Jahr das Finale beim Amstel Gold Race dar. "Der Cauberg ist absolut selektiv. Das wird ein Kampf um Leben und Tod", sagte Degenkolb, "wir haben aber Rennfahrer dabei, die das überleben können."
Für Deutschlands Topsprinter André Greipel ist das Finale Gift, der viermalige Tour-Etappensieger hat im Gegensatz zu seinem großen Rivalen Mark Cavendish erst gar nicht für Valkenburg gemeldet. Degenkolb, im letzten Jahr noch Greipels Helfer, ist da ein anderer Fahrertyp. Dabei ist der Thüringer erst in seinem zweiten Profijahr, geradezu katapultartig ist er in die Weltspitze vorgedrungen. Zwölf Siege stehen bei ihm in diesem Jahr bereits zu Buche. "Ich habe mich als Radprofi persönlich und physisch entwickelt. Ich bin den nächsten Schritt gegangen", so Degenkolb.
Der Thüringer, der für das zweitklassige niederländische Team Argos-Shimano fährt, hat bereits beachtliche Erfolge in seiner noch jungen Karriere eingefahren. Etappensiege beim Critérium du Dauphiné oder der Erfolg beim deutschen Klassiker Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt gehören dazu. Dass er auch lange, schwere Distanzen meistern kann, hat er im Frühjahr mit Platz fünf bei Mailand-San Remo bewiesen.
Die Etappensiege bei der Vuelta seien das I-Tüpfelchen gewesen, der WM-Titel wäre die Krönung. Doch die Konkurrenz ist groß. Die Belgier schicken ihre Klassikerspezialisten Tom Boonen und Philippe Gilbert ins Rennen. Die Spanier haben eine Mannschaft um Alberto Contador, Joaquim Rodriguez, Alejandro Valverde oder Ex-Weltmeister Oscar Freire, die vom Papier her mehr Kapitäne als Helfer aufweist. Die Italiener setzen auf Vincenzo Nibali, die Australier auf den starken Simon Gerrans. Degenkolb rechnet mit einer Gruppe von 20 bis 25 Fahrern, die den Sieg unter sich ausmachen.
Im Vergleich zum Olympia-Rennen, als der BDR vergeblich auf die Karte Greipel gesetzt hatte, ist die Marschroute diesmal eine andere. "Wir werden relativ aggressiv fahren", kündigte Bundestrainer Jan Schaffrath an, der seine Fahrer in Ausreißergruppen postieren will. Im Finale kommt es dann auf Fabian Wegmann oder Paul Martens an, Degenkolb in Position zu bringen - oder selbst ihre Chancen zu suchen.
Die Stimmung im deutschen Team ist jedenfalls prächtig. Kein Wunder, verteidigte doch Tony Martin und Judith Arndt ihre Weltmeistertrikots in den Einzelzeitfahren. Doch während Martin bereits die Heimreise angetreten hat, möchte Deutschlands Ausnahmefahrerin am Samstag mit einer weiteren Medaille von der Radsport-Bühne abtreten. Es wäre die elfte WM-Plakette für die 36-Jährige nach je dreimal Gold und Bronze sowie viermal Silber.
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