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13.07.2011 | 13.Juli: 11.Etappe Blaye-les-Mines–Lavaur 167,5 km
(rsn) - Für den gebürtigen Rostocker André Greipel, der inzwischen in Hürth bei Köln wohnt, wurden die Stunden nach seinem gestrigen ersten Tour de France-Etappensieg in Carmaux in Südfrankreich noch sehr turbulent, ausgelassen und fröhlich. Nachdem er seinen Dauerrivalen Mark Cavendish vom Hinterrad weg klar besiegt hatte, gab er für die internationale Presse Interviews in Deutsch und in Englisch. Es folgte die stimmungsvolle Siegerehrung, und der fünfmalige Tour-Sieger Bernard Hinault stellte Greipel den Honoratioren der Stadt Carmaux vor.
Zudem war er natürlich für die deutschen Journalisten ein gefragter Mann: nach zwei Jahren, als zuletzt Heinrich Haussler in Colmar eine Etappe bei der Tour gewonnen hatte, endlich wieder ein deutscher Tageserfolg.
Es war zugleich der 60.Etappensieg eines Deutschen in der Geschichte der Tour seit 1903. Den Anfang machte vor 79 Jahren, am 7.Juli 1932, Kurt Stöpel aus Berlin, der damals die 2.Etappe von Caen nach Nantes über 300 km gewonnen hatte.
Am Abend wurde dann in der gemütlichen Hostellerie Saint-Antoine in Albi (Geburtstadt von Henri Marie Raymond de Toulouse-Lautrec-Monfa, französischer Maler des Post-Impressionismus im ausgehenden 19.Jahrhundert) noch ein wenig gefeiert und Champagner getrunken. So wie sich das in Frankreich gehört.
Greipel dankte seinem Anfahrer Marcel Sieberg für die Vorbereitung und widmete den Sieg den beiden nach Stürzen ausgeschiedenen Mannschaftskameraden Jürgen van den Broek und Frank Willems. Greipels Geduld im Dauerkampf mit Cavendish hat sich ausgezahlt und wurde belohnt nach dem Motto: „Alles kommt zu dem, der warten kann“.
Gefeiert wurde natürlich auch in Greipels Fanclub in Gleuel, die Fans hatten sich vor dem Fernseher (ARD) versammelt und den faszinierenden Endspurt ihres Lieblings miterlebt.
Heute morgen vor dem Start um 11.30 Uhr in Blaye-les-Mines steht André Greipel bei der Einschreibkontrolle noch einmal im Mittelpunkt des Interesses. Viele Deutsche, die in dieser Region Frankreichs Urlaub machen, sind gekommen, um ein Autogramm zu bekommen.
Die heutige 11.Etappe verläuft wie ein riesiges „S“ durch die Departements Tarn, Tarn-et-Garonne und wieder zurück in die Tarn-Region. Dort ist in Castres einer der besten Sprinter der 1970er Jahre, Jacques Esclassan beheimatet, der bei der Tour de France fünf Etappen gewinnen konnte.
Heute könnte sich für die Sprinter die vorerst letzte Möglichkeit zu einem Erfolg ergeben, denn danach beginnt der Kampf in den Pyrenäen, und da übernehmen die Kletterer das Kommando.
Diejenigen Teams, die bisher noch einem Etappensieg nachjagen und auch die diversen Mannschaften mit Sprintern in ihren Reihen, werden mit aller Macht versuchen, die Kontrolle im Feld zu übernehmen. Gestern, auf dem Teilstück nach Carmaux, gewannen die Srinter-Mannschaften, weil es ihnen gelang, das Peloton zusammenzuhalten. Kommt heute eine Ausreißergruppe durch?
Keine allzu großen topographischen Schwierigkeiten erwarten die Fahrer, lediglich ein Berg der 3.Kategorie, die Côte de Tonnac (3,6 km mit 4,9% Steigung, nach rund 30 Kilometern, sowie die Côte de Puylaurens der 4.Kategorie (4,2 km lang mit 3,8% Steigung), 32 Kilometer vor dem Ziel.
Bisher kam der Startplatz Blaye-les-Mines, nur zwei Kilometer vom gestrigen Ziel in Carmaux entfernt, mit der Tour de France nicht in Berührung. Es ist also eine Premiere für die 3.200 Einwohner dieser Ortschaft. Entsprechend wird die Begeisterung sein, die Tour live und hautnah zu erleben.
Lediglich zwei Etappen der Tour de L’Avenir, der Tour der Zukunft, endeten hier in Blaye-les-Mines. 2005 siegte der junge Franzose Sebastien Minard ( im Tourfeld als 100. geführt) und drei Jahre später war bei einem Einzelzeitfahren der Este Rein Taaramäe erfolgreich, der nach der 10.Etappe auf dem 18. Platz mit 4:52 Minuten Rückstand liegt).
Die Fahrt führt heute an malerischen Ortschaften und Dörfern vorbei, die zu touristischen Höhepunkten zählen. Nach 20 Kilometern erreichen die Fahrer die auf einem Hügel gelegene Gemeinde Cordes-sur-Ciel. Dieser Ort hat sich sein mittelalterliches Erscheinungsbild bewahrt und ist daher auch ein beliebtes Ausflugsziel mit vielen kleinen malerischen Gassen und einem gigantischen Blick auf die Ebene im Tarn.
Nach 85 Kilometern passiert die Tour Gaillac. Das nach dieser Stadt benannte Weinbaugebiet umfasst rund 3.700 Hektar, dies entspricht einer Jahresproduktion von rund 20 Millionen Flaschen. Hiervon entfallen drei Viertel auf Rotwein. Eine Besonderheit ist die 1969 geschaffene spezielle Flaschenform, die bauchige Gaillacoise .
Nach 120 Kilometern rast das Feld durch den 1.700 Seelen-Ort Lautrec, der in der Landschaft Lauragais liegt und als einer der „Plus beaux villages de France“ (Schönste Dörfer Frankreichs) klassifiziert ist.
Nach rund 167 Kilometern fällt dann die Entscheidung in Lavaur, das zum zweiten Mal eine Tour de France-Etappenankunft ausrichtet. Vor genau zehn Jahren gewann der Belgier Rik Verbrugghe nach einer langen Vorausfahrt knapp vor dem Italiener Marco Pinotti. Nach ihm führte der Italiener Alessandro Petacchi eine 23-köpfige Verfolgergruppe mit nur sechs Sekunden Rückstand ins Ziel und wurde Dritter.
Die Sprintermannschaften werden diesmal ein großes Interesse daran haben, dass das Feld zusammen bleibt und für dieses Ziel viel Kraft aufwenden müssen. Zu den Favoriten zählen natürlich wieder Greipel und Cavendish, Petacchi, der Spanier José Joaquin Rojas, Weltmeister Thor Hushovd aus Norwegen und Tyler Farrar aus den USA.
Eines ist sicher: Heute steht ein interessantes Finale bevor – egal, ob im Massensprint ( der letzte Kilometer leicht abfallend) oder aus einer Gruppe heraus die Entscheidung fällt.
Morgen, am französischen Nationalfeiertag, warten die Pyrenäen auf den gesamten Tour-Tross mit dem legendären Col du Tourmalet (2.115 m über dem Meer) und der Bergankunft in Luz-Ardiden (1.715 m hoch). Danach wird es eine völlig neue Gesamtwertung mit größeren Abständen geben.
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