RSNplusMachtkampf um GPS-Trackingsysteme

UCI disqualifiziert fünf Teams bei Tour de Romandie Féminin

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "UCI disqualifiziert fünf Teams bei Tour de Romandie Féminin"
Das Peloton bei der Tour de Romandie Féminin 2024. | Foto: Cor Vos

15.08.2025  |  (rsn) – Ein Machtkampf zwischen der UCI und mehreren Women's WorldTour-Rennställen überschattet die Tour de Romandie Feminin (2.WWT). Beim Auftakt-Bergzeitfahren von Huémoz nach Villars-sur-Ollon am Freitag verweigerte der Radsport-Weltverband den Fahrerinnen der Mannschaften Canyon – SRAM – zondacrypto, EF Education – Oatly, Lidl – Trek, Picnic – PostNL und Visma – Lease a Bike den Start.

Wie radsport-news.com erfuhr, bereiteten sich zumindest einige Fahrerinnen noch ganz normal auf ihr Zeitfahren vor, gingen dann zu ihrer ursprünglich zugewiesenen Startzeit zur Startrampe und wurden dort von den Kommissären abgewiesen. So erging es um 12:33 Uhr beispielsweise Ricarda Bauernfeind, die als erste Starterin des deutschen Canyon-Teams an der Reihe gewesen wäre.

Hintergrund der Disqualifikation ist eine Auseinandersetzung über ein GPS-Trackingsystem, das die UCI bei der Romandie-Rundfahrt erstmals testweise einsetzt - allerdings nur einer Fahrerin pro Team, und in der Montage-Verantwortung der Rennställe. Die fühlen sich übergangen und sehen ihre Rechte verletzt.

Laut UCI-Statement (hier im Wortlaut) wurden die Teams am 7. August in einem Pre-Race-Communiqué darüber informiert, dass ein solches zur Fahrerinnen-Sicherheit dienendes Trackingsystem bei der Tour de Romandie getestet werden solle. Allerdings handelt es sich dabei nicht, wie im Juni bei der Tour de Suisse der Männer und Frauen geschehen, um ein in Zusammenarbeit mit den Rennställen erarbeitetes System. ___STEADY_PAYWALL___

Die Rufe nach einem GPS-Trackingsystem waren nach dem Tod der Schweizer Juniorin Muriel Furrer bei den Weltmeisterschaften 2024 in Zürich laut geworden. Der dort verantwortliche Organisationsleiter Olivier Senn, der auch die Tour de Suisse verantwortet, nahm sich für seine Rundfahrt der Sache an und erarbeitete schließlich ein Trackingsystem gemeinsam mit der Team-Vereinigung Velon, die entsprechende Datensammelgeräte bereits für die Übertragung von beispielsweise Leistungsdaten entwickelt hatten.

Es geht ums Prinzip

Velon bestand schon immer darauf, dass diese Daten Eigentum der Teams seien und nur in Zusammenarbeit – also wohl gegen Vergütung – auch von Veranstaltern und TV-Produktionen genutzt werden könnten. Schließlich haben die Velon-Rennställe in die Entwicklung investiert. Die Rechte an den Daten und allem, was am Rad oder an Sportler und Sportlerin angebracht werde, gehöre ihrer Meinung nach den Teams. Senn und die Tour de Suisse respektierten das und nutzten daher das Velon-System für die Einführung eines GPS-Trackingsystems. Damit waren alle Teams einverstanden – zumal ihre Unterstützung derartiger Sicherheitssysteme auch ihrem Interesse entspricht.

Letzteres gilt natürlich auch in der Romandie, wie die Teams betonten. Sie hätten absolut nichts gegen den Einsatz eines GPS-Trackingsystems, das für mehr Sicherheit sorge. Doch dass UCI und Tour de Romandie nun ein von 'Swiss Timing' erarbeitetes anderes System einsetzen und die Teams damit übergehen, sorgte für Gegenwind. Die fünf oben genannten Mannschaften – sowie das Team AG Insurance – Soudal, das letztlich aber einlenkte und deshalb auch starten durfte - schlossen sich zusammen und formulierten ein Schreiben an den Weltverband, in dem sie klarstellten, dass die Vorgehensweise nicht in Ordnung sei und man sich ihr nicht gänzlich beugen werde.

Teams führen Fairnessgedanke und Haftbarkeit an

Konkret hatte die UCI gefordert, dass die Teams je eine Fahrerin bestimmen, die das GPS-Trackingsystem an ihrem Fahrrad mitführt – montiert durch die Teams selbst. Die Rennställe aber widersprachen: Erstens widerspreche es dem Fairnessgedanken, wenn bei einem so bergigen Rennen nur einzelne Fahrerinnen das Mehrgewicht mitschleppen müssten. Zweitens werde man die eine Fahrerin pro Team nicht selbst auswählen. Und drittens werde man auch die Montage nicht selbst übernehmen, da man sonst schließlich auch haftbar sei, wenn ein solches Gerät im Rennen herunterfalle und für den Sturz einer anderen Sportlerin sorge.

Darauf reagierte die UCI mit der Androhung der Disqualifikation, die nun de facto am Start der 1. Etappe auch durchgezogen wurde. Darauf reagierten die betroffenen Teams mit einem weiteren Statement (unten im Wortlaut auf Deutsch übersetzt). So durften nur noch 75 statt der ursprünglich gemeldeten 105 Fahrerinnen am Bergzeitfahren hinauf nach Villars-sur-Ollon oberhalb des UCI-Hauptquartiers in Aigle teilnehmen.

Machtkampf zwischen Velon und der UCI

Interessant ist, dass mit EF, Lidl, Picnic und Visma jene vier Velon-Miteigentümer aktiv wurden, die auch ein Frauenteam besitzen. Die Frauen-Teams AG Insurance – Soudal und UAE Team ADQ sind zwar an die Strukturen der ebenfalls zu Velon gehörenden Männer-Rennställe Soudal – Quick-Step beziehungsweise UAE – Emirates – XRG, sind de facto aber eigenständig. Wohl deshalb zogen sie beim Widerstand auch nicht mit letzter Konsequenz mit.

Bis auf Canyon beugten sich alle Teams, die mit Velon ohnehin nichts zu tun haben, der Ansage der UCI, die in ihrem Statement betonte, dass der Einsatz des neuen GPS-Systems von SafeR bestimmt worden sei – jener Initiative zur Verbesserung der Sicherheit im Radsport, die auch mit Vertretern der Teamvereinigung AIGCP sowie der Veranstalter-Vereinigung AIOCC und den Fahrergewerkschaften CPA und CPA Women zusammenarbeitet.

Ganz offensichtlich sind Probleme in der Kommunikation miteinander und letztlich vor allem ein Machtkampf der Ursprung der Eskalation in der Romandie.


Das Statement der Teams im Wortlaut (übersetzt):

UCI bestätigt Regelklärungsantrag trotz Kooperation der Teams für Trackingsystem nicht

Wir sind schockiert und enttäuscht über die Entscheidung der UCI, mehrere Teams von der Tour de Romandie Féminin zu disqualifizieren.

Anfang dieser Woche haben alle betroffenen Teams formelle Briefe an die UCI geschickt, in denen sie ihre Unterstützung für die Sicherheit der Fahrerinnen zum Ausdruck brachten, aber auch ernsthafte Bedenken hinsichtlich der einseitigen Auferlegung eines GPS-Tracking-Geräts für nur eine Fahrerin pro Team äußerten.

Wir haben folgendes klargestellt:

- Wir würden weder selbst eine Fahrerin auswählen noch das Gerät installieren, entfernen oder warten.

- Die UCI oder ihre Partner konnten auf eigene Verantwortung eine Fahrerin auswählen und das Gerät installieren, wenn sie sich dazu berechtigt fühlten.

Trotz unserer Kooperation und der Existenz eines bewährten und kollaborativen Sicherheits-Tracking-Systems, das bereits bei anderen großen Rennen erfolgreich getestet wurde (für das gesamte Peloton voll funktionsfähig und der UCI angeboten), hat sich die UCI entschieden, diese Maßnahme ohne ausdrückliche Zustimmung zu verhängen, mit Disqualifikation zu drohen und uns nun vom Rennen auszuschließen, weil wir selbst keine Fahrerin ausgewählt haben. Der Grund, warum sie selbst keine Fahrerin nominieren wollen, ist noch unbekannt.

Trotz mehrfacher Anfragen der Teams in den letzten zwei Tagen konnten die UCI-Kommissäre nicht darlegen, auf welcher Grundlage die Teams verpflichtet sind, eine Fahrerin gegenüber anderen Fahrerinnen hinsichtlich ihrer Pflichten zu diskriminieren (außer durch den offiziellen Verweis auf eine E-Mail der Gewerkschaft der Teams). Sie haben sich dennoch entschieden, weiterzumachen und die Teams mit ihren Fahrerinnen zu disqualifizieren.

Dieses Vorgehen missachtet die Rechte von Teams und Fahrerinnen, wendet die Maßnahme diskriminierend an und widerspricht der eigenen Verpflichtung der UCI zum Dialog mit den Interessengruppen.

Wir setzen uns stets für einen sichereren Radsport ein, aber dies sollte durch Zusammenarbeit und nicht durch Zwang erreicht werden.

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