RSNplusFünf WorldTour-Klassiker in zwölf Tagen

Die heiligen Wochen: Von Brügge bis nach Oudenaarde

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Die heiligen Wochen: Von Brügge bis nach Oudenaarde"
Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix, li.) und Kasper Asgreen (Quick-Step Alpha Vinyl) lieferten sich bei der Flandern-Rundfahrt 2021 ein packendes Duell, das der Däne überraschend für sich entschied. | Foto: Cor Vos

22.03.2022  |  (rsn) – Das Jahr ist noch jung, doch die Straßensaison hat bereits ihren ersten großen Höhepunkt erreicht: die Frühjahrsklassiker. Das belgische Openingsweekend mit dem Omloop Het Nieuwsblad und Kuurne-Brüssel-Kuurne sowie das toskanische Strade Bianche und auch Mailand-Sanremo als erstes Monument der Saison ist bereits geschafft.

Für viele Radsport-Puristen folgt nun die schönste Zeit des Jahres – und am Schauplatz des Geschehens werden die kommenden Wochen sogar als "heilig" bezeichnet. Wir steuern mit voller Geschwindigkeit auf die Ronde van Vlaanderen zu, der Belgier wichtigster Sport-Feiertag des Jahres.

Doch die Flandern-Rundfahrt ist nicht nur dieser eine Sonntag am Monatswechsel vom März zum April. Zum Gesamtpaket gehören auch die zwei Wochen davor. Denn ab dem Moment, wenn am Mittwoch in Brügge der Startschuss zum flachen Nordseerennen Brugge-De Panne fällt, bis zum Nachmittag des 3. April in Oudenaarde, steht Belgien ganz im Zeichen des Radsports.

___STEADY_PAYWALL___ Es ist keine Legende, dass die Sportteile der Tageszeitungen dieser Tage doppelt so dick ausfallen wie sonst – und hauptsächlich mit Radsport gefüllt sind. Denn auch wenn in Deutschland die vier etwas kleineren Rennen auf dem Weg zur großen Ronde in den meisten Medien völlig untergehen, so sind sie für Fans allesamt enorm wichtig. Grund genug, die fünf Rennen der "heiligen Wochen" einmal etwas genauer vorzustellen und ihre Unterschiede herauszuarbeiten:

23. März, Mittwoch: Brügge-De Panne (207,9 km)
Bis 2017 hieß dieses Event Drei Tage von De Panne und wurde als Etappenrennen inklusive Einzelzeitfahren ausgetragen. Seit 2018 aber ist Brügge-De Panne ein Eintagesklassiker auf topfebenem Parcours entlang der belgischen Küste. Abgesehen von der Corona-Saison 2020, als hier im Herbst gefahren wurde, endeten alle Austragungen im Massensprint – nie aber aus einem großen Peloton heraus. Nie erreichten mehr als 40 Mann das Ziel in De Panne zeitgleich.

Geprägt wird Brügge-De Panne nämlich durch seine Schlussrunden in den sehr windanfälligen Sumpfgebieten "De Moeren" südlich von De Panne, wo das Fahrerfeld jederzeit an der Windkante zerbrechen kann. Die Zielanfahrt in De Panne selbst ist technisch anspruchsvoll.

Top 3 2021: 1. Sam Bennett (Deceuninck – Quick-Step), 2. Jasper Philipsen (Alpecin – Fenix) +0:00, 3. Pascal Ackermann (Bora – Hansgrohe) +0:00

Sam Bennett, damals noch im blauen Quick-Step-Trikot unterwegs, holte sich im vergangenen Jahr den Sieg bei Brügge-De Panne | Foto: Cor Vos

25. März, Freitag: E3 Classic (203,9 km)
Das Autobahnrennen – benannt nach der am Start- und Zielort Harelbeke vorbeiführenden Autobahn, die heute gar nicht mehr E3 sondern E17 heißt - ist für die Freaks das heimliche Highlight der heiligen Wochen. Da Start und Ziel hier identisch sind, steigt in Harelbeke eine Ganztagsparty an der Zielgeraden mit Live-Musik, DJs und viel belgischem Bier. Doch auch sportlich ist der E3 Prijs sehr viel wert: Der Parcours ist sehr an den der großen Flandern-Rundfahrt angelehnt und nur in der Gesamtdistanz etwas eingedampft. Man könnte sagen: Die Ronde ohne ihre Verschnaufpausen.

E3 gilt daher als "kleiner Bruder" des Monuments und als die wahre Generalprobe. Das sieht man auch daran, dass seit 2012 nur ein einziger Sieger der Flandern-Rundfahrt nicht eine Woche zuvor auch unter den Top 4 in Harelbeke war – Fabian Cancellara 2014 als E3-Neunter.

Top 3 2021: 1. Kasper Asgreen (Deceuninck – Quick-Step), 2. Florian Sénéchal (Deceuninck – Quick-Step) +0:32, 3. Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) +0:32

Bennetts damaliger Mannschaftskollege Kasper Asgreen feierte bei der E3 Classic einen souveränen Solosieg und triumphierte auch später bei der großen Ronde.| Foto: Cor Vos

27. März, Sonntag: Gent-Wevelgem (249 km)
Bis vor wenigen Jahren galt der Klassiker als das Sprinterrennen auf dem Weg zur  Ronde. Doch auch wenn die Ankunft in der breiten Menenstraat für einen Sprint Royale wie gemacht ist, so spurten heutzutage immer kleinere Gruppen um den Sieg. Gent-Wevelgem hat unter der Führung der Familien Gheysens und Langedock in den letzten Jahren einen neuen Charakter angenommen und sich die Erinnerungskultur an den Ersten Weltkrieg auf die Fahne geschrieben. So wurde der Start nach Ypern verlegt und Passagen der geschotterten Plugstreets – Verbindungswege aus dem Krieg – ins Programm aufgenommen. Sie dünnen das Peloton aus, bevor es am berüchtigten Kemmelberg meist völlig zerreißt. Spannend ist dann die Verfolgungsjagd mehrerer Gruppen auf den rund 30 Schlusskilometern flach ins Ziel.

Top 3 2021: 1. Wout Van Aert (Jumbo – Visma), 2. Giacomo Nizzolo (Qhubeka – Assos) +0:00, 3. Matteo Trentin (UAE Team Emirates) +0:00

Wout Van Aert (Jumbo - Visma) ließ in Wevelgem den beiden Italienern Matteo Trentin (UAE Team Emirates, li.) und Giacomo Nizzolo (Qhubeka Next Hash) keine Chance. | Foto: Cor Vos

30. März, Mittwoch: Dwars door Vlaanderen (183,7 km)
Traditionell läutete Quer durch Flandern die heiligen, flämischen Wochen ein und fand am Mittwoch nach Mailand-Sanremo statt. 2018 aber, als Brügge-De Panne zum Eintagesrennen wurde und diesen Platz bekam, rückte "Dwars" eine Woche nach hinten. Nun ist das mit 183 Kilometern kürzeste dieser fünf Rennen der letzte Termin vor der Ronde.

Auf dem Weg von Roeselare zum Ziel in Waregem warten einige schwere Hellinge, die aber nicht ganz so berühmt sind, wie die der Flandern-Rundfahrt oder des E3 Classic. In den vergangenen Jahren starteten hier immer wieder auch große Rundfahrer, die sich an Flandern herantasten wollten, so etwa Vincenzo Nibali und Alejandro Valverde. 2022 wird das Tadej Pogacar tun. In Waregem gewinnen oft Solisten. Einen Sprint aus einer mehr als zehnköpfigen Gruppe gab es in den letzten zehn Jahren nur einmal, 2016.

Top 3 2021: 1. Dylan van Baarle (Ineos Grenadiers), 2. Christophe Laporte (Cofidis) +0:26, 3. Tim Merlier (Alpecin – Fenix) +0:26

Dylan Van Baarle (Ineos Grenadiers) düpierte die Sprinterteams auf der Jagd quer durch Flandern und sicherte sich die Generalprobe zur Flandern-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

3. April, Sonntag: Ronde van Vlaanderen (272,5 km)
Das große Highlight zum Abschluss: Erstmals 1913 ausgetragen ist die Flandern-Rundfahrt das wichtigste Sportereignis eines jeden Jahres in Belgien. Seit inzwischen zehn Jahren erscheint die "Ronde" dabei mit verändertem Gesicht. War vorher die Muur van Geraardsbergen der Scharfrichter, verlagerte sich der Fokus ab 2012, als das Ziel von Meerbeke nach Oudenaarde umzog, auf das Doppel aus Oude Kwaremont und Paterberg. Dort findet die entscheidende Selektion statt. Gestartet wird seit 2017 nicht mehr in Brügge, sondern in Antwerpen.

Am Charakter des Rennens hat das aber nichts geändert Die ersten 100 Kilometer waren vorher und sind auch weiterhin flach. Übrigens: Die 106. Flandern-Rundfahrt wird mit 272,5 Rennkilometern die längste seit 1998 sein. Damals gewann Johan Museeuw, "der Löwe von Flandern", nach 277 Kilometern mit einem 26-Kilometer-Solo.

Top 3 2021: 1. Kasper Asgreen (Deceuninck – Quick-Step), 2. Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) +0:00, 3. Greg Van Avermaet (Ag2r – Citroen) +0:32

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