Franzose mit Tirreno-Etappensieg, Pogacar souverän

Barguil zeigte perfektes Gespür für die Ausreißergruppe

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Barguil zeigte perfektes Gespür für die Ausreißergruppe"
Warren Barguil (Arkéa - Samsic) hat auf der 5. Etappe von Tirreno-Adriatico seinen ersten Saisonsieg bejubeln können. | Foto: Cor Vos

11.03.2022  |  (rsn) - Die 5. Etappe von Tirreno-Adriatico endete mit dem Ausreißercoup von Warren Barguil (Arkéa – Samsic). An der finalen Rampe nach Fermo war der Bretone stärker als der Belgier Xandro Meurisse (Alpecin – Fenix) und der Italiener Simone Velasco (Astana Qazaqstan). Tadej Pogacar (UAE-Emirates) verteidigte das Blaue Trikot ohne Probleme. Allerdings kam der Gesamtführende gemeinsam mit Remco Evenepoel (Quick – Step Alpha Vinyl) und Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) in der entscheidenden Phase kurzzeitig von der Strecke ab.

Im Siegerinterview strahlte Barguil über beide Ohren. "Es ist toll! Ich hatte geplant, das Finale zu gestalten, weil mir das letzte Stück liegt“, freute sich der 30-jährige. Es ist Barguils erster Erfolg auf World-Tour Niveau seit seinen beiden Etappensiegen bei der Tour de France 2017. Auch seine Mannschaft hatte eine zwei Jahre währende Dürreperiode in der höchsten Liga des Radsports zu überstehen. Nun sammelte Arkéa - Samsic wichtige UCI-Punkte im Kampf um die begehrten World-Tour Plätze.

Barguil bewies das richtige Gespür für die Spitzengruppe, nachdem er gestern schon an einem erfolglosen Fluchtversuch beteiligt war. “Ich hatte das Gefühl, dass es ein guter Tag für eine Ausreißergruppe sein könnte. Clement Rousso ist den ganzen Tag für mich gefahren. Er ist mein Zimmerkollege, mein Freund. Das ist sehr schön, wenn jemand so etwas für dich tut, muss man alles geben“, bedankte sich der Kletterspezialist bei seinem Teamkollegen.

Evenepoel verpasst eine Rechtskurve und die Siegchance

Den entscheidenden Vorstoß wagte er schon zwei Kilometer vor Beginn des eigentlichen Schlussanstiegs nach Fermo. "Ich habe den Moment abgewartet und von hinten heraus angegriffen, als das Tempo nachließ. Als ich sah, dass die Verfolger im Anstieg näherkamen, habe ich mir gesagt: Dein Ziel ist an der Rechtskurve (direkt nach dem Anstieg, d. Red.). Bis dahin habe ich voll durchgezogen, mich umgedreht und sah niemanden. Meine Beine waren komplett zerstört, aber ich habe es ins Ziel geschafft. Das ist das Einzige, was zählt", beschrieb Barguil das Finale.

Seine Verfolger konnten den wie entfesselt kletternden Franzosen nicht mehr stellen. Dabei spielte Barguil in die Karten, dass Evenepoel mit Pogacar und Vingegaard im Schlepptau eine Rechtskurve verpasste und wertvolle Sekunden einbüßte. Das Trio, das sich nach einer Attacke Evenepoels aus dem Feld abgesetzt hatte, musste wenden und verlor so wichtige Sekunden. Hätte sich Evenepoel nicht versteuert, hätte das Rennen auch anders ausgehen können.

Nach dem Malheur begnügte sich Pogacar damit, die Favoritengruppe zu kontrollieren. Der Abstand im Gesamtklassement zum zweitplatzierten Evenepoel blieb bei neun Sekunden. Filipp Ganna (Ineos Grenadiers) fiel in der Gesamtwertung dagegen weit zurück. Der neue Drittplatzierte ist Thymen Arensman (DSM) mit 43 Sekunden Rückstand. Pogacar führt auch die Punkte- und Nachwuchswertung an. Das Bergtrikot bleibt auf den Schulter von Quinn Simmons (Trek – Segafredo).

So lief das Rennen:

Der erste Teil der nur 155 Kilometer langen Etappe war hart umkämpft. Kurz nach dem Start versuchte sich bereits eine Gruppe um Davide Ballerini (Quick – Step Alpha Vinyl) und Michael Schär (AG2R – Citroën) erfolglos abzusetzen. Ein weiterer Versuch von Schär, Arensman, Benjamin Thomas (Cofidis), Michael Gogl (Alpecin – Fenix), Marc Soler (UAE – Emirates) und weiteren Fahrern wurde von Quick-Step vereitelt. Erst nach circa 55 Kilometern konnte sich die Gruppe des Tages bilden.

Neben Barguil, Russo, Ballerini, Meurisse, Velasco und Thomas waren auch Nelson Oliveira (Movistar), Valentin Ferron (Total Énergies), Gianluca Brambilla (Trek - Segafredo), Jhonatan Restrepo (Drone Hopper – Androni Giocattoli) sowie Vincenzo Albanese und Francesco Gavazzi (EOK) Teil der Fluchtgruppe. Sie konnten ihren Vorsprung gegenüber dem von UAE Emirates angeführten Feld auf maximal vier Minuten ausbauen.

Gavazzi sicherte sich die erste Bergwertung des Tages, während Thomas die Sprintwertung gewann. Bei der ersten Zieldurchfahrt attackierte Barguil gemeinsam mit Thomas an der Rampe. Die Gruppe lief auf der Abfahrt jedoch wieder zusammen. Am vorletzten Anstieg des Tages, knapp zehn Kilometer vor dem Ziel, verschärfte Soler das Tempo im Feld und reduzierte den Vorsprung der Spitzenreiter auf etwa mehr als eine Minute. Meurisse sicherte sich noch die Bergpunkte.

Kurz vor der Kuppe attackierte Evenepoel und konnte sich gemeinsam mit Pogacar und Vingegaard vom Feld lösen. Auf der Abfahrt führte die Strecke von einer Hauptstraße in einem schärferen Rechtsknick auf eine Gegensteigung in einer Nebenstraße. Der Belgier kam mit hoher Geschwindigkeit an, realisierte zu spät, dass die Strecke rechts führte und schoss unter einem Flatterband geradeaus. Pogacar und Vingegaard taten es ihm gleich. Letztendlich mussten alle drei kehrt machen und fielen alle drei ins Feld zurück.

Vorne nutzte Barguil einen ruhigen Moment, um unter dem Fünf-Kilometer-Banner zu attackieren. Ferron folgte ihm, hatte aber an der Schlussrampe nicht mehr die nötige Energie, um mit seinem Landsmann mitzuziehen. Barguil baute seinen Vorsprung auf Meurisse und Velasco Meter für Meter aus, um den Sieg ungefährdet nach Hause zu bringen. Durch eine Tempoverschärfung auf den letzten Metern konnte Richie Porte (Ineos Grenadiers) noch zwei Sekunden auf die restlichen Favoriten gutmachen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.03.2022Alaphilippe will in San Remo “eine gute Rolle spielen“

(rsn) - Bei Tirreno-Adriatico spielte Weltmeister Julian Alaphilippe (Quick-Step Alpha Vinyl) im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, als ihm insgesamt drei Etappensiege gelangen, diesmal keine Rolle.

15.03.2022Landa fühlt sich so gut wie nie und ist bereit fürs Giro-Podium

(rsn) - Mit seinem dritten Platz in der Gesamtwertung von Tirreno-Adriatico fuhr sich Mikel Landa (Bahrain Victorious) in den Kreis der großen Giro-Favoriten (6. – 29. Mai). Seinen Angaben nach kam

15.03.2022Pinot ist wieder da: “Seit 2020 nicht mehr so gut gefühlt“

(rsn) – Thibaut Pinot scheint endlich am Ende eines langen Leidensweges angekommen zu sein. Der 31-jährige Franzose vom Team Groupama – FDJ hat am Sonntag die Fernfahrt Tirreno-Adriatico auf dem

14.03.2022Vingegaard kann mit dem Druck der Kapitänsrolle umgehen

(rsn) - Bei der vergangenen Tour de France war Jonas Vingegaard bei Jumbo - Visma als Ersatzkapitän für den ausgeschiedenen Primoz Roglic eingesprungen und hatte als Debütant nach drei Wochen hinte

14.03.2022Dem Instinkt gefolgt: Bauhaus aus der Sackgasse zum Sieg

(rsn) – Der Bruchteil einer Sekunde hat beim Abschluss von Tirreno – Adriatico für Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) in San Benedetto über Sieg oder Niederlage entschieden. Der Kölner zog im Sp

14.03.2022Tirreno: Arensman erhielt sogar Unterstützung von Bardet

(rsn) – Kein Profiteam hat mehr deutsche Fahrer in seinen Reihen als der DSM-Rennstall von Manager Iwan Spekenbrink, doch beim 57. Tirreno – Adriatico war es ein Niederländer, der für Furore sor

13.03.2022Nach Vlasovs Sturz stieg Bora bei Paris-Nizza komplett vom Rad

(rsn) - Es gab Zeiten, da überzeugte Bora – hansgrohe gerade im Frühjahr durch Spitzenergebnisse in Serie. Beispielsweise mit den Siegen von Maximilian Schachmann bei Paris-Nizza. In diesem Jahr b

13.03.2022Finale der Schlussetappe von Tirreno-Adriatico im Video

(rsn) – Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) hat am Schlusstag des 57. Tirreno-Adriatico seinen ersten Saisonsieg eingefahren. Der Kölner ließ auf der 7. Etappe über 159 Kilometer rund um San Benede

13.03.2022Bauhaus zog im Gegenwind an allen Gegnern vorbei

(rsn) - Mit dem Tagessieg durch Phil Bauhaus (Bahrain – Victorious) ist die 57. Austragung von Tirreno-Adriatico zu Ende gegangen. Der 27-jährige Kölner sicherte sich die Schlussetappe der Fernfah

13.03.2022Evenepoel stürzte an Pantanis Berg vom Tirreno-Podium

(rsn) - Gefroren haben wohl beide "Wunderkinder" während der Königsetappe von Tirrreno-Adriatico im Anstieg zum Monte Carpegna, wo das Thermometer nur bis knapp über den Gefrierpunkt kletterte. Wä

13.03.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 13. März

(rsn) - Welche UCI-Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus, welche Fahrer und Teams stehen am Start und wer sind die Favoriten? Wir geben Ihnen kompakt und übersichtl

12.03.2022Pogacar ist der neue Kannibale des Radsports

(rsn) – Der Radsport hat einen neuen Kannibalen, einen Nachfolger von Eddy Merckx, dem dieser martialische Ehrenname zuteil wurde, weil er in seinem Sieghunger unstillbar war. Dies trifft nun auf Ta

Weitere Radsportnachrichten

26.12.2025Storer kritisiert Ex-Team: “In Gewohnheiten festgefahren“

(rsn) – Der “moderne Radsport“ ist in aller Munde, aber offenbar noch nicht in jedem Team angekommen. Vor einigen Tagen hatte Arne Marit, Spät-Neuzugang bei Red Bull – Bora – hansgohe, bei

26.12.2025Van-Dijke-Zwillinge drängen auf mehr gemeinsame Einsätze

(rsn) – Familienbande sind stark. Das wissen auch Tim und Mick van Dijke. Die Zwillingsbrüder haben ihr erstes gemeinsames Jahr bei Red Bull – Bora – hansgrohe hinter sich, nachdem sie zuvor me

26.12.2025Van der Poel macht es in Gavere gegen Nys spannend

(rsn) – Beim Weltcup in Gavere hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) seine weiße Weste bewahrt. In der 7. von neun Runden fuhr er seinem letzten Begleiter Thibau Nys (Baloise – Glowi

26.12.2025“Nicht sehr soziale“ Brand dominiert auch in Gavere

(rsn) – Das Zählen geht weiter. Bei ihrem Sieg im Weltcup von Gavere hat Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) die 57. Podiumsplatzierung in Serie eingefahren. Außerdem war es ihr 14. Sieg beim

26.12.2025Ziel nach starkem Jahr: “Die zweiten Plätze in Siege umwandeln“

(rsn) – Das sei verraten: So weit vorne wie Max Kanter (XDS – Astana) landete in der RSN-Jahresrangliste 2026 kein anderer deutscher Sprinter. Das liegt zum einen daran, dass lange Zeit dominieren

26.12.2025Mit Uno-X bei den Topsprinterinnen angeklopft

(rsn) – Linda Zanetti (Uno-X Mobility) ist 2025 zu einem der Shootingstars im internationalen Peloton geworden. Nach zwei Jahren beim UAE-Team und einem bei Human Powered Health schloss sich die Sch

26.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

26.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

25.12.2025“Harzige Saison“ ohne Sieg und Tour, aber mit Doppelbronze

(rsn) – Stefan Küng ist sicher kein Legionär. Nach insgesamt sechs Jahren bei BMC sowie derer sieben bei Groupama – FDJ steht 2026 erst zum zweiten Mal in seiner Profilaufbahn ein Tapetenwechsel

25.12.2025Pogacar verdankt Niederlage gegen Vingegaard viel

(rsn) – Als Tadej Pogacar 2019 die Tour de l’Avenir (2.2Ncup) gewann, war er in seinem zweiten U23-Jahr Teil des Drittdivisionärs ROG – Ljubljana. In einer – nachträglich kann man das nicht

25.12.2025Auf Trainingsgruppe schießender Autofahrer festgenommen

(rsn) – Drei Tege nachdem die Trainingsgruppe des Drittdivisionärs S.C. Padovani Polo - Cherry Bank im Etschtal aus einem fahrenden Auto heraus aus nächster Nähe beschossen worden war, wurde der

25.12.2025Baroncini: “Ein Wunder, dass ich noch lebe und sehen kann“

(rsn) – Am 6. August stürzte Filippo Baroncini (UAE – Emirates – XRG) bei der Polen-Rundfahrt (2.UWT) schwer. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt und es wurde um sein Leben gefürchtet.

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)