Tour-Etappensieg Nr. 35 liegt in der Luft

Massensprint oder ein Ausreißersieg von Cavendishs Gnaden?

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Massensprint oder ein Ausreißersieg von Cavendishs Gnaden?"
Feiert Mark Cavendish (Deceuninck - Quick-Step, re.) heute seinen fünften Tour-Etappensieg? | Foto: Cor Vos

16.07.2021  |  (rsn) - Mit einem Lächeln im Gesicht pedalierte Mark Cavendish am Donnerstagnachmittag die letzten Meter des Schlussanstiegs nach Luz Ardiden hinauf. Begleitet von seinen treuen Teamkollegen und Helfern Michael Morkov, Tim Declercq, Dries Devenyns und Davide Ballerini erreichte der Mann im Grünen Trikot 32:06 Minuten nach dem Mann im Gelben Trikot, Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), das Ziel bei der letzten Bergankunft dieser 108. Tour de France.

Cavendish hatte allen Grund zur Freude, denn er wusste: Jetzt habe ich es geschafft. Nach tagelangen Quälereien in den letzten Gruppen des Rennens rollte er 6:23 Minuten vor dem Ablauf der Karenzzeit über die Linie. Jetzt stand ihm nichts mehr im Weg, um Paris zu erreichen - und das wahrscheinlich sogar zum zweiten Mal nach 2011 in Grün.

"Ich weiß, was meine Teamkollegen für mich tun und ich bin gerührt, weil das schon seit dem Start der Tour de France so geht", sagte der 36-Jährige wenige Minuten nach seiner Ankunft und richtete dann seinen Blick darauf, weshalb er und sein Team die fünf schweren Pyrenäentage in Folge seit seinem letzten Etappensieg in Carcassonne am vergangenen Freitag durchgestanden haben:

"Ich würde gerne noch mindestens eine Etappe gewinnen", sagte Cavendish. Dieses "mindestens" war dabei ein wichtiges Wort. Denn es zeigte, dass er durchaus auch gerne noch zwei Siege feiern würde – sowohl zum Abschluss der Tour in Paris, als auch schon am Freitag auf der 19. Etappe in Libourne.

Massensprint am Freitag vorprogrammiert? Nicht unbedingt!

Diese zwei Chancen auf einen Massensprint gibt es noch und damit auch zwei Möglichkeiten, den 35. Etappensieg seiner Karriere zu feiern. Damit würde Cavendish den Belgier Eddy Merckx hinter sich lassen, dessen vor wenigen Wochen noch als unantastbar geltenden Rekord von 34 Tour-Tageserfolgen er in Carcassonne einstellte.

Es sollte also alles vorprogrammiert sein für die 207 Kilometer von Mourenx nach Libourne am Freitag: Eine Ausreißergruppe darf ruhig wegfahren, doch am Ende jagt das Peloton heran, Deceuninck – Quick-Step bereitet den Sprint auf der langen, breiten Zielgeraden mustergültig vor und "König Cav" feiert die 35 sowie den fünften Etappensieg bei dieser Frankreich-Rundfahrt.

Doch ganz so klar ist das Szenario für die 19. Etappe eben doch nicht vorgezeichnet. Denn sieht man einmal von Cavendishs "mindestens" in der Zielformulierung vom Donnerstagabend ab, so finden sich auch gute Gründe dafür, warum es am Freitag ganz anders laufen könnte und vielleicht doch nochmal ein Ausreißer in Libourne triumphieren darf.

Gute Gründe, die Ausreißer gewähren zu lassen

Denn erstens dürfte es angesichts der Überlegenheit von Cavendish bei den bisherigen Sprintankünften schwer für seine Mannschaft werden, bei der Jagd auf Ausreißer Verbündete zu finden. Welches Team will den Belgiern schon helfen, einen Sprint herbeizuführen, wenn man ohnehin den Kürzeren zieht?

Zweitens taten nicht nur Cavendish sondern auch seinen Teamkollegen die Pyrenäen weh. Tim Declercq beispielsweise, der auf Flachetappen sonst den Mammutanteil der Arbeit im Wind vor dem Feld verrichtet, ist gestürzt und daher nicht umsonst Letzter der Gesamtwertung. Durchaus vorstellbar, dass "Cav" seinen treuen Helfern nach den Pyrenäenstrapazen daher eine Pause gönnt und sie nicht für die gesamten 207 Kilometer vors Feld peitscht, um Ausreißer zu jagen. Wenn dann kein anderes Team hilft, könnte man eine passende Gruppe gewähren lassen.

Denn drittens steht eben auch das Grüne Trikot seit dem Dienstag in Saint-Gaudens plötzlich wieder auf dem Spiel. Wenn eine größere Ausreißergruppe ohne Michael Matthews (BikeExchange) in Libourne den Sieg unter sich ausmachen würde, liefe Cavendish nicht Gefahr, durch einen Defekt oder Sturz im Finale plötzlich 50 Punkte einzubüßen und das Trikot abgeben zu müssen.

Auf den Champs-Élysées zum Rekord – besser geht nicht!

Schließlich kann das mit dem 35. Sieg in Paris, wo es ziemlich sicher zur Sprintankunft kommen wird, auch noch klargemacht werden – und wieviel märchenhafter als in Libourne wäre es, den alleinigen Rekord ausgerechnet beim prestigeträchtigsten Sprint Royal aufzustellen?

Sicher: Das wahrscheinlichste Szenario für den Freitag bleibt, dass Cavendishs Siegeshunger so groß ist, dass sein Team den Tag wieder kontrolliert und voll auf Massensprint in Libourne fährt. Doch ganz so unvermeidbar wie viele denken, ist diese Sprintankunft nicht.

Schließlich ist die Zahl derer, die nochmal voll auf Attacke setzen und gerade die Anfangsphase der Etappe höllisch schnell machen werden, riesig. Ganze 15 Teams sind bei dieser Tour noch ohne Etappenerfolg, nur zwei davon trugen wenigstens für einen Tag mal irgendein Wertungstrikot – und keines von diesen 15 hat einen Fahrer, mit dem es sich am Samstag im Zeitfahren oder am Sonntag im Massensprint von Paris ernsthafte Chancen auf einen Sieg ausrechnen darf.

Die große Frage ist also: Hat Deceuninck – Quick-Step die Power und vor allem den Wille, all diese angriffswütigen Kontrahenten in Schach zu halten? Oder lässt man die Ausreißer gewähren, ruht sich nach den Pyrenäen nochmal aus und es gibt einen Ausreißersieg in König Cavendishs Gnaden?

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.12.2021Frau mit “Allez Opi – Omi“-Schild zu einer Geldstrafe verurteilt

(rsn) - Zu einer Geldstrafe von 1200 Euro wurde die Zuschauerin verurteilt, die mit dem Schild "Allez Opi – Omi" bei der vergangenen Tour de France einen Massensturz verursacht hatte. Ein Gericht in

13.10.2021Verursacherin des Tour-Massensturzes vor Gericht

(rsn) – Während am Donnerstag in Paris die Strecke der Tour de France 2022 vorgestellt wird, beginnt in Brest der Strafprozess gegen die junge Frau, die auf der 1. Etappe der diesjährigen Frankrei

23.07.2021Zimmermann kämpfte sich mit Kahnbeinfraktur durch die Tour

(rsn) - Georg Zimmermann (Intermarché - Wanty - Gobert) ist seine erste Tour de France mit einem Kahnbeinbruch zu Ende gefahren, den er sich bereits bei einem Sturz auf der 1. Etappe zugezogen hatte.

21.07.2021Verstärkt Soler ab 2022 die Helferriege von Tour-Sieger Pogacar?

(rsn) - Nach seinem Sturz zum Auftakt der Tour de France, bei dem er sich Frakturen in beiden Ellbogen zuzog, erholt sich Marc Soler nur langsam von den Folgen. “Ich trainiere schon seiteiniger Zeit

21.07.2021Highlight-Video der 108. Tour de France

(rsn) - Vom Grand Départ am 26. Juni in Brest bis zum großen Finale am 18. Juli auf den Champs Élysées: Das Highlight-Video zur 108. Tour de France liefert einen Rückblick auf die 21 Etappen des

20.07.2021Pogacar und UAE Team Emirates auch in Geldranglisten vorn

(rsn) - Tadej Pogacar und sein UAE Team Emirates sind die Großverdiener der 108. Tour de France. Nach seinen Galavorstellungen vor allem in der letzten der drei Wochen kommt der Titelverteidiger auf

19.07.2021Martinez mit Corona infiziert: Olympiastart abgesagt

(rsn) – Wie das kolumbianische Portal Mundo Ciclístico berichtet, hat sich Daniel Martinez mit dem Coronavirus infiziert und wird deshalb nicht wie vorgesehen am Olympischen Straßenrennen am 24.

19.07.2021Krebs, Herzprobleme: Brailsford denkt an Rücktritt

(rsn) – Dave Brailsford, Gründer und Team-Manager von Ineos Grenadiers, hat in einem Interview mit der Tageszeitung The Guardian erklärt, dass ihn massive gesundheitliche Probleme zum Rücktritt

19.07.2021Konrad: “Wir haben zwei von drei Zielen erreicht“

(rsn) – Zum dritten Mal stand Patrick Konrad (Bora – hansgrohe) am Start der Tour de France. Mit seinem grandios herausgefahrenen Sieg auf der 16. Etappe von El Pas de la Casa nach Saint-Gaudens s

19.07.2021Cavendish verpasst alleinigen Rekord und ist dennoch glücklich

(rsn) - Obwohl sein Team Deceuninck - Quick-Step nochmals alles gab, konnte Mark Cavendish eine bis dahin für ihn perfekt verlaufene Tour de France nicht mit dem fünften Etappensieg krönen. Nachdem

19.07.2021Politt jubelte, Rutsch überraschte, Buchmann half

(rsn) - Nach der 108. Tour de France ziehen wir Bilanz von den Vorstellungen der insgesamt zwölf deutschen Starter, von denen nach drei schweren Wochen acht in Paris das Ziel auf den Champs Élysée

19.07.2021Auf den Champs Élysées pokerte Greipel etwas zu lange

(rsn) - In den Jahren 2015 und 2016 holte sich André Greipel zum Abschluss der Tour de France auf den Champs Élysées den jeweils letzten Etappensieg, 2017 musste er sich nur Dylan Groenewegen gesch

Weitere Radsportnachrichten

24.04.2024Uhlig bremst, Andresen gewinnt vor van Poppel

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat auf der 4. Etappe der Türkei-Rundfahrt (2.Pro) seinen ersten Sieg als Profi gefeiert und damit auch die Gesamtführung an sich gerissen.

24.04.2024Hindley und Lipowitz verlängern bei Bora - hansgrohe

(rsn) – Bora – hansgrohe hat die Verträge seiner beiden Kletterer Jai Hindley und Florian Lipowitz verlängert. Wie immer machten die Raublinger keine Angaben über die Laufzeiten der Arbeitspapi

23.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Mo

23.04.2024Pogacar: “Ich kann noch etwas besser werden“

(rsn) – Nach seinem überragenden Auftritt bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, wo er sich mit einem 35-Kilometer-Solo zum zweiten Mal nach 2021 den Sieg sicherte, verbringt Tadej Pogacar (UAE Team Emira

23.04.2024Del Toro verlängert bei UAE Emirates vorzeitig bis Ende 2029

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

23.04.2024Zijlaard fliegt am schnellsten um die 13 Kurven von Payerne

(rsn) – Maikel Zijlaard (Tudor) hat seinem Ruf als Spezialist für sehr kurze Prologe alle Ehre gemacht und in Payerne das 2,3 Kilometer lange Auftaktzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen.

23.04.2024Berlin nach Kraftakt in der Gruppe, Dorn verteidigt Weiß

(rsn) - Während Rembe Sauerland bei der Tour of Türkiye (2.Pro) erstmals die Gruppe des Tages verpasste, konnte das Team Bike Aid auch auf der 3. Etappe einen Fahrer in der hart umkämpften Fluchtg

23.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Für Bora – hansgrohe will es bei der 59. Türkei-Rundfahrt einfach nicht laufen. Auch auf der 3. Etappe über 147 Kilometer zwischen Fethiye und Marmaris ging das Raublinger Team leer aus

23.04.2024Zu früh gefreut: Van Poppel zurückgesetzt, Lonardi Etappensieger

(rsn) – Nachdem es an den ersten beiden Tagen der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) nicht nach Wunsch gelaufen war, schien bei Bora – hansgrohe auf der 3. Etappe der Knoten geplatzt. Danny van Poppel

23.04.2024Tour de Romandie im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die sechstägige Tour de Romandie (2.UWT) hält traditionell für jeden Fahrertypen etwas bereit. Ob Kletterer oder Zeitfahrspezialisten, Sprinter oder Klassikerjäger - sie alle bekommen ihr

23.04.2024Tour de France Femmes ohne Vorjahreszweite Kopecky

(rsn) – Die Vorjahreszweite Lotte Kopecky (SD Worx-Protime) wird auf die am 12. August in Rotterdam beginnende 3. Tour de France Femmes verzichten. Stattdessen wird sich die Weltmeistern auf die Oly

23.04.2024Kletterspektakel mit gehörigem Zeitfahr-Einschlag

(rsn) – Die Tour de Romandie war einst die letzte große und wichtige Vorbereitungs-Rundfahrt für den Giro d´Italia. Giro-Favoriten entschieden sich damals zwischen der Schweizer Rundfahrt und dem

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)