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07.07.2021 | (rsn) – Am Wochenende schien Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) unschlagbar. Doch nur vier Tage nach seiner unfassbaren Demontage der Konkurrenz auf dem verregneten Weg nach Le Grand-Bornand musste der slowenische Titelverteidiger auf der 11. Tour-Etappe bei plötzlich knapp 30 Grad am Mont Ventoux nun doch kurzzeitig eine Schwäche erkennen lassen: 1,5 Kilometer vor dem Gipfel konnte er Jonas Vingegaard (Jumbo - Visma) nicht mehr folgen.
Und auch wenn das Gelbe Trikot unverändert fest auf seinen Schultern sitzt, weil er den Dänen mit Hilfe von Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) und Rigoberto Uran (EF Education – Nippo) in der 22 Kilometer langen Abfahrt zum Ziel wieder einholte, wurde deutlich: Pogacar ist eben doch angreifbar.
"Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet. Zuerst dachte ich, Tadej würde mir folgen und mit mir zusammenarbeiten", sagte Vingegaard nach der Etappe. "Aber das tat er nicht. Ich fühlte mich gut und dachte: warum nicht? Es ist schon etwas Tolles, dass ich das Gelbe Trikot mal abschütteln konnte."
Der 24-jährige Däne, der die WorldTour-Szene bereits im Februar bei der UAE Tour mit seiner Kletterstärke schockte, als er am Jebel Jais vor Pogacar und Adam Yates (Ineos Grenadiers) gewann, war als Nachrücker in den Tour-Kader gekommen. Empfohlen dafür hatte er sich durch beeindruckende Leistungen im Frühjahr als Gesamtsieger der Settimana Internazionale Coppi e Bartali und Zweiter der Baskenland-Rundfahrt.
Vingegaards Traumjahr geht bei der Tour nahtlos weiter
In Frankreich sollte Vingegaard nun als Edelhelfer für Primoz Roglic fungieren. Als der auf Etappe 3 stürzte, wartete Vingegaard brav auf den Slowenen und verlor dadurch 55 Sekunden auf Pogacar. Am Wochenende in den Alpen dann konnte er nicht antworten, als der Tour-Titelverteidiger seine Solo-Show abzog und die Konkurrenz deklassierte.
Nun aber, da Roglic nicht mehr im Rennen ist, hat er dem noch zwei Jahre jüngeren Dominator der bisherigen Frankreich-Rundfahrt am Ventoux auf den Zahn gefühlt, als er attackierte, und sogar sofort auch etwas weh getan. Pogacar selbst nahm nach der Etappe die Redewendung "ich bin explodiert" in den Mund. "Ich bin Jonas die ersten paar hundert Meter gefolgt, aber es war dann zu viel für mich und ich bin zurückgefallen", sagte der 22-Jährige
"Hätte ich Panik bekommen, wäre ich vielleicht richtig eingebrochen"
"Dann habe ich versucht, meinen Rhythmus zu finden und wusste, dass es nicht mehr weit bis zum Gipfel sein würde. Ich musste nur noch ein paar Minuten überstehen, dann kam die superschnelle Abfahrt. Ich musste nur ruhig bleiben. Hätte ich Panik bekommen, dann wäre ich vielleicht richtig eingebrochen. Es war dann gut, dass Carapaz und Uran bei mir waren, wir haben gut zusammengearbeitet und ich habe mich gut erholt", berichtete der erleichterte Pogacar.
Im Zielort Malaucene schlossen er, Carapaz und Uran die Lücke zum Dänen, der oben am Gipfel 35 Sekunden Vorsprung hatte, bergab allein auf breiten, geraden Straßen aber schon allein durchs Windschattenfahren seiner Verfolger einen großen Nachteil hatte.
So konnte Pogacar am Ende trotz der kurzen Schwächephase von einem guten Tag reden. "Mich hat es nicht überrascht, dass Vingegaard einer der besten Kletterer des Pelotons ist", sagte der Mann in Gelb, der außerdem betonte, sich nun auf die Pyrenäen zu freuen. "Die Etappen dort kenne ich", betonte er.
Schon im Zeitfahren am nächsten an Pogacar dran
Doch nicht nur am Berg war Vingegaard bislang derjenige Kontrahent, der am nächsten an Pogacar dran war. Auch im Zeitfahren von Laval wurde er hinter dem Slowenen und Stefan Küng (Groupama – FDJ) Überraschungsdritter. Wird er deshalb jetzt vielleicht sogar doch noch zum echten Herausforderer des am Wochenende von vielen schon als Tour-Sieger deklarierten Kontrahenten?
"Dass Jonas Pogacar mal kurz davongefahren ist, das war eine schöne Überraschung. Ob uns das Hoffnung gibt, Pogacar noch anzugreifen? Ich denke nicht, dafür ist er zu weit weg", spielte Jumbo – Vismas Sportdirektor Merijn Zeeman die Geschehnisse vom Gipfel des Ventoux herunter. Sicher aber scheint, dass Vingegaard nun erster Anwärter auf einen der Podestplätze neben Pogacar ist – wenn er bei seiner erst zweiten Grand Tour drei Wochen sein Niveau halten kann.
In jedem Fall aber gilt: "Es ist gut für seine Moral und die der Mannschaft. Bis Paris ist es noch ein weiter Weg", so Zeeman. Und diesen Weg bestreitet Jumbo – Visma nach dem Aus von Tony Martin am Mittwoch jetzt nur noch zu fünft. Das stärkere Team als Pogacar hat man dieses Jahr also in der zweiten Tour-Hälfte definitiv nicht mehr.
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