Top Sieben aus Slowenien, Kolumbien und Frankreich

Nach den Pyrenäen: Dreiländerkampf um den Tour-Gesamtsieg

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Nach den Pyrenäen: Dreiländerkampf um den Tour-Gesamtsieg "
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) trägt seit der 9. Etappe das Gelbe Trikot der Tour de France. | Foto: Cor Vos

06.09.2020  |  (rsn) - Nach neun, teils sehr schweren Tagen ist der erste Teil der Tour de France 2020 in Laruns spektakulär zu Ende gegangen. Im Gegensatz zu den Vorjahren gab es auch aufgrund des Streckenplans nur wenig Abtasten zwischen den Favoriten, vor allem am Pyrenäen-Wochenende lieferten sich die Kapitäne einen spannenden Schlagabtausch. An dessen Ende schlüpfte Primoz Roglic, erster Anwärter auf den Gesamtsieg, in das Gelbe Trikot.

"Es ist unglaublich, dieses Gelbe Trikot zu tragen. Es ist der Traum von allen, die mit Radsport beginnen. Seit ein paar Tagen musste ich meine Teamkollegen beinahe ein bisschen bremsen. Aber ich habe ihnen gesagt, dass wie dieses Mal um den Etappensieg fahren würden", sagte der Kapitän von Jumbo - Visma nach der 9. Etappe, die er hinter seinem Landsmann Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) auf dem zweiten Platz beendete.

"Am Ende hat zwar Tadej gewonnen, aber es ist dennoch ein sehr schöner Tag für uns. Wir sind erst am Anfang der Tour. Ich bin nur daran interessiert, auch in Paris in Gelb zu sein. Es gibt nicht jeden Tag so eine Möglichkeit wie heute, daher mussten wir sie ergreifen", erzählte der 30-Jährige, der nun mit einem Vorsprung von 21 Sekunden auf den Vorjahressieger Egan Bernal (Ineos Grenadiers) in den ersten Ruhetag geht. Aber klare Abstände brachten die Pyrenäen noch nicht: Die ersten sieben Fahrer des Gesamtklassements liegen innerhalb von 42 Sekunden.

Ein interessanter Fakt dabei ist, dass sie aus gerade einmal drei Nationen stammen. Slowenien mit Roglic und Pogacar, der mit knapp 22 Jahren seine erste Etappe bei der Frankreich-Rundfahrt gewann. Damit verbesserte sich Pogacar auf Rang sieben, wobei er an den beiden vergangenen Tagen die meisten Zeit herausholen, nachdem er auf der Windkante von Castres am Freitag noch 1:21 Minuten verloren hatte.

Auch deshalb war ihm der Tagessieg extrem wichtig: "Das ist echt verrückt. Dieser Sieg kommt nach einem schweren Tag. Ich danke meinen Teamkollegen. Sie haben den ganzen Tag gut gearbeitet. Am Ende wollte ich so viel Zeit für die Gesamtwertung rausholen wie möglich. Auf den letzten 100 Metern habe ich an die zehn Bonussekunden für den Sieger gedacht. Ich habe mich dann voll auf den Sprint konzentriert. Was da genau passiert ist, weiß ich auch nicht. Ich bin einfach Vollgas gefahren“, sagte Pogacar. Mit zwei starken Auftritten in den Pyrenäen könnte er den Rückstand schon halbieren. Gemeinsam mit Roglic und Bernal scheint der Tour-Debütant am Berg der stärkste Fahrer zu sein.

Auch Franzosen und Kolumbianer mischen voll mit

Die überragende Rolle von Ineos hat in diesem Jahr aber Jumbo – Visma übernommen. Wohl auch deshalb gab sich Bernal eher verhalten und stapelte tief: "Die anderen waren schneller als ich. Sie hatten mehr Kraft. Ich bin aber sehr zufrieden mit meinem Resultat. Es gilt zu akzeptieren, dass andere Fahrer schneller sind“, sagte der Ineso-Kapitän, der am Sonntag hinter den beiden Slowenen und Marc Hirschi (Sunweb) zeitgleich Vierter wurde.

Doch Bernal weiß, dass es im Kampf um das Gelbe Trikot nicht nur gilt, Etappen zu gewinnen. "Alles in allem habe ich Selbstvertrauen für die zweite Rennhälfte, vor allem die Alpen, getankt. Im Finale wollte ich unbedingt Zeit auf die Gruppe hinter uns gutmachen, denn da waren sehr starke Fahrer drin. Aber am wichtigsten zu diesem Zeitpunkt des Rennens ist es, ruhig und motiviert zu bleiben und sich gut zu erholen. Ich will das Rennen gewinnen, aber ich muss mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben", erklärte der 23-Jährige aus Bogota. Das gelang Bernal gemeinsam mit Pogacar, Roglic und Mikel Landa (Bahrain - McLaren), der Etappenfünfter wurde.

Mit Rigoberto Uran (EF) und Nairo Quintana (Arkèa – Samsic) mischen auch noch zwei erfahrene Bergspezialisten im Kampf um das Gelbe Trikot voll mit. Zwar büßte das Duo heute elf Sekunden auf die Schnellsten ein, aber der Abstand auf das Gelbe Trikot ist äußerst gering. Quintana ist 32 Sekunden hinter Roglic Fünfter vor dem zeitgleichen Uran.

Die beiden Überraschungen in den Top Sieben kommen aus Frankreich. Nach den Rückschlägen für Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) und Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick Step), die sich beide schon am ersten Pyrenäentag aus dem Kreis der Favoriten verabschieden mussten, tragen Guillaume Martin (Cofidis) und Romain Bardet (AG2R – La Mondiale) die Hoffnungen der heimischen Fans.

Guillaume Martin und Bardet überraschen

"Ich bin nicht zur Tour gekommen, um hier um das Podium zu kämpfen. Zehn Sekunden hinter diesen großen Namen zu sein, das ist eine gute Leistung. Am letzten Berg war ich nahe dran an den Favoriten", freute sich Martin, der am Vortag sogar einen Angriff auf das Gelbe Trikot versuchte und in Laruns mit elf Sekunden Rückstand Siebter. Gerade einmal 28 Sekunden liegt der Cofidis-Neuzugang als Gesamtdritter hinter Roglic.

Am Sonntag verlor er ein paar Sekunden am Col du Marie-Blanque und fuhr in der zweiten Gruppe mit Quintana, Bardet, Uran sowie dem Trek-Segafredo-Duo Bauke Mollema und Richie Porte über die Ziellinie. "Es ist wahrlich keine Schande, mit diesen Jungs auf einem Level zu sein", kommentierte Martin die Situation. Ein wenig kritischer sah es sein Landsmann Bardet, der selbst schon zweimal auf dem Podium in Paris stand, aber in den letzten Jahren in der Gesamtwertung nicht mehr in den Kampf um das Gelbe Trikot eingreifen konnte.

"Ich war am Limit und hatte nicht das richtige Timing. Deshalb fühle ich mich schulding, aber im Ziel waren es dann nur elf Sekunden, die wir verloren haben. Es wäre gut für die Moral gewesen, vorne dabei zu sein. Aber es war mein bester Tag diese Woche und das stimmt mich optimistisch“, sagte Bardet, der im Gesamtklassement auf Rang vier ist, nur zwei Sekunden von seinem Landsmann getrennt.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

17.12.202483. Paris-Nizza mit zwei Bergankünften und Teamzeitfahren

(rsn) – Die 83. Ausgabe der Fernfahrt Paris – Nizza (9. – 16. März) 2.UWT) hat je drei Etappen für Sprinter und Kletterer, ein Teilstück für Puncheure und auch wieder ein Teamzeitfahren im P

17.12.2024Pogacar-Helfer will den “Killerinstinkt“ wieder erwecken

(rsn) - Felix Großschartner (UAE Team Emirates) steckt zwar gerade in Spanien, im Luxusresort Grand Hotel Luxor in Benidorm, in dem es von pharaonischen Symbolen wie Obelisken, Sphinxen und Pyramiden

17.12.2024UAE: Sechsjahresvertrag mit neuem Sponsor XRG

(rsn) – Bereits vor einer Woche wurde beim Medientag des UAE Teams Emirates bekannt, das der Rennstall künftig auf einen weiteren finanzstarken Geldgeber bauen kann, der ab 2025 als neuer Co-Namens

17.12.2024Pidcock verzichtet in diesem Winter auf Crossrennen

(rsn) – Tom Pidcock wird in diesem Winter auf Einsätze im Gelände verzichten. Das teilte der 25-jährige Brite auf Instagram mit. “Am Sonntag habe ich mir meinen ersten Cyclocross dieser Saison

17.12.2024Behrens und Lippert Deutschlands Radsportler des Jahres

(rsn) – Niklas Behrens, Liane Lippert und Anastasia Kuniß sind Deutschlands Radsportler des Jahres. U23-Weltmeister Behrens ließ bei der zum 54. Mal von den Zeitschriften Radsport und RennRad durc

17.12.2024Zwischen riesigem Jubel und einer bitteren Zwangspause

(rsn) – Besser als die Saison 2024 hat ein Jahr für Kevin Geniets (Groupama – FDJ) aus sportlicher Sicht wohl noch nie begonnen: Gleich am ersten Renntag gewann er den Grand Prix La Marseillaise

17.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

17.12.2024Felline steigt vom Rad, Schweizer Vizemeister Pellaud nach China?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

16.12.2024Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) - Wie bunt wird das Peloton 2025? Und welche werden die vorherrschenden Farben in der kommenden Saison sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor -

16.12.2024Alles begann mit Denks Brief an Mateschitz

(rsn) – Für die Öffentlichkeit begann der Poker um den Einstieg von Red Bull bei Bora – hansgrohe um den vergangenen Jahreswechsel herum. Eine Information der österreichischen Bundeswettbewerbs

16.12.2024Zivile Motorrad-Sicherheitskräfte bei niederländischen Rennen?

(rsn) – Mit der Ankündigung, dass in Folge des zweitägigen NATO-Gipfels Ende Juni in Den Haag für den Großteil der Saison keine Motorradpolizisten für Radrennen abgestellt werden könnten, hatt

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine