Bei der Tour heißt es heute: “Auf in die Pyrenäen“

Offensivfeuerwerk oder gegenseitiges Belauern?

Foto zu dem Text "Offensivfeuerwerk oder gegenseitiges Belauern?"
Was werden die Anwärter auf den Tour-Sieg in den Pyrenäen zeigen? | Foto: Cor Vos

05.09.2020  |  (rsn) - Die ersten 7. Etappen der Tour de France haben auch unter den Klassementfahrern zu Zeitunterschieden geführt, auch wenn diese in den meisten Fällen eher im Sekunden- als im Minutenbereich lagen. Man darf gespannt sein, ob die Anwärter auf den Toursieg schon an diesem Wochenende ihre Karten auf den Tisch legen oder ob sie auf die Alpen warten. Für beide Herangehensweisen gibt es gute Argumente.

Bei einer GrandTour in Corona-Zeiten kann die Rundfahrt praktisch jederzeit zu Ende sein. Was ist, wenn es am 1. Ruhetag am Montag viele positive Tests im Peloton geben sollte. Wird die Rundfahrt dann abgebrochen? Falls ja? Gibt es dann nach neun Etappen eine valide Gesamtwertung, wird dann ein Tour-Sieger gekürt?

Haben die Tour-Aspiranten dieses Szenario im Kopf, dann müssten sie alles daran setzen, im Falle von Primoz Roglic (Jumbo - Visma), Egan Bernal (Ineos - Grenadiers) oder Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) in Gelb oder etwa wie Emanuel Buchmann zumindest mit einem Treppchenplatz in den Ruhetag zu gehen. Sicher ist sicher.

Allerdings würde man das Risiko eingehen, am Wochenende schon sein Pulver zu verschießen und dann - falls die Tour bis zum Ende ausgetragen werden kann - entkräftet in die entscheidenden Alpenetappen zu gehen. Dazu sind die beiden Pyrenäen-Etappen zwar schwer, aber es gibt dort keine Bergankunft.

"Die zwei Pyrenäenetappen sind schon deutlich schwerer als das was wir bisher gefahren sind. Ich denke, da wird das Radrennen schon richtig losgehen", erklärte etwa Buchmann.

Die Pyrenäen ohne Bergankunft, macht eine Attacke da Sinn?

Am ehesten eignet sich vom Profil der Samstag für eine Attacke am letzten Berg. Denn nachdem der Col de Menté (1. Kat) und der Port de Balés (HC) gemeistert wurden, steht knapp zwölf Kilometer vor dem Ziel noch der zehn Kilometer lange und im Schnitt 7,8% steile Col de Peyresourde (1. Kat) auf dem Programm, ehe es bergab ins Ziel nach Loudenvielle geht.

Am Sonntag stehen zwischen Pau und Laruns noch mal zwei Bergpreise der 1. Kategorie auf dem Programm, mit dem Col de Marie Blanque befindet sich die letzte Bergprüfung aber bereits 18 Kilometer vor dem Ziel, die letzten acht Kilometer verlaufen flach und leicht bergan, so dass hier vieles wieder zusammenlaufen könnte. Allerdings könnte im Finale auch der Wind eine Rolle spielen. "Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass jemand voll drüber fährt über die Kuppe und die Abfahrt nutzt, um weiter anzugreifen", erklärte Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) ein mögliches Szenario.

Adam Yates und Jumbo - Visma in komfortabler Ausgangssituation

Die komfortabelste Ausgangssituation hat Spitzenreiter Adam Yates (Mitchelton - Scott). Der Brite trägt das Gelbe Trikot. Seine Mannschaft muss das Rennen wohl - mit Unterstützung von Jumbo - Visma und Ineos - Grenadiers kontrollieren. Kann aber letztlich auf Abwarten fahren - sofern sich früh im Etappenverlauf keine für die Gesamtwertung gefährliche Gruppe bildet. 

"Es werden zwei schwere Tage in den Pyrenäen werden. Wir haben die zwei Etappen vor der Tour abgefahren. Wir werden alles geben, um das Trikot behalten zu können", kündigte Spitzenreiter Yates aber an. Dessen Sportdirektor Matt White stellte sich die Frage, wie zufrieden die Konkurrenz mit der Situation ist, dass sein Schützling Yates in Gelb fährt. "Wollen sie uns und die anderen Teams unter Druck setzen und sehen, wer nun tatsächlich wie gut klettert?", so White fragend.

Auch Jumbo - Visma kann den Tag eher entspannt angehen. Denn Kapitän Primoz Roglic liegt in der Gesamtwertung nur drei Sekunden hinter Yates, der es bei der Tour nach eigener Aussage eigentlich nur auf Etappensiege abgesehen hat - und: was noch wichtiger ist - zehn Sekunden vor seinem wohl schärfsten Rivalen Bernal. Ein weiterer Trumpf von Jumbo - Visma ist, dass Tom Dumoulin zeitgleich mit Bernal im Rennen liegt. So kann man taktisch agieren, etwa Dumoulin in eine Gruppe schicken. Was würde Ineos - Grenadiers dann tun? Bernal mitschicken, in der Hoffnung, dass dann Roglic nicht mitgehen könnte. 

Bei Ineos sind die taktischen Möglichkeiten begrenzt

Eigentlich waren Pavel Sivakov und Richard Carapaz für eine Manndeckung von Dumoulin vorgesehen. Doch beide haben in der Gesamtwertung schon Rückstand. Sivakov fährt nach einem Sturz zum Auftakt seiner Form und der Konkurrenz hinterher, Carapaz büßte am Vortag nach einem Defekt 1:21 Minuten auf die Konkurrenz ein und hat über zwei Minuten an Rückstand.

Bernal kündigte an, dass er die Chance auf eine Attacke ergreifen würde, wenn sie sich bietet. "Wenn nicht, dann muss ich weiter geduldig sein", sagte der Titelverteidiger, der vor den Pyrenäen nach wie vor hinter der Form - aber auch hinter der Taktik der Konkurrenz ein paar Fragezeichen sieht. "Ich habe keine Ahnung, wie es in den Pyrenäen ablaufen wird", erklärte der Kolumbianer. 

In den Pyrenäen-Anstiegen könnte es zwar am Wochenende einen ersten, ernsthaften Schlagabtausch der Klassementaspiranten geben. Vor allem aber werden sich Fahrer zeigen müssen, die an den ersten Tagen Zeit eingebüßt haben und die nicht mit einem zu großen Rückstand in die Pyrenäen gehen wollten. Dazu zählen die am Freitag auf der Windkante abgehängten Tadej Pogacar(UAE Team Emirates), Mikel Landa (Bahrain - McLaren), Richie Porte und Bauke Mollema (beide Trek - Segafredo), die allesamt 1:21 Minuten einbüßten. Allerdings liegt das Quartett in der Gesamtwertung noch nicht weit genug zurück, um vom Feld in eine (frühe) Gruppe gehen zu lassen. 

Dafür kämen eher Fahrer wie Pierre Rolland (B&B Hotels - Vital Concept), Ilnur Zakarin (CCC) oder Domenico Pozzovivo (NTT)  in Frage, die schon weit zurückliegen im Klassement und die entsprechende Beinfreiheit für einen Vorstoß bekämen.

Wie ergeht es Bora - hansgrohe nach dem Gewaltakt vom Freitag?

Gespannt sein darf man sein, wie sich Bora - hansgrohe um Emanuel Buchmann nach dem gestrigen Tag, den das Team dominierte, aber auch viele Kräfte ließ, schlagen wird. "Ich denke, das wird kein großes Problem sein. Denn jeder musste viele Körner investieren, auch die, die hinten fuhren. Ich denke, es war für jeden das Gleiche", erklärte Buchmann, der anfügte. "Ich selbst kann mehrere harter Etappen am Stück fahren."

Man darf gespannt sein, wie die Etappen verlaufen werden. Jetzt heißt es: "Auf in die Pyrenäen", um Dumoulin zu zitieren. Wir sind für Sie ab 13:30 Uhr im Live Ticker dabei.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

23.02.2025Wollaston surft auf einer Erfolgswelle, Zanetti Zweite

(rsn) – Die Neuseeländerin Ally Wollaston hat die 3. Auflage der Clásica de Almeria (1.1) für sich entschieden. Die 24-Jährige vom Team FDJ - Suez gewann nach 133,1 Kilometern von Almeria nach R

23.02.2025Schachmann gelingt an der Algarve “ziemlich solider Auftakt“

(rsn) - Zum dritten Mal in seiner Karriere beendete Maximilian Schachmann (Soudal – Quick Step) die Algarve-Rundfahrt in den Top Ten. Rang sieben im Jahr 2018 folgte der zweite Platz 2020 und nun li

23.02.2025Scaroni wehrt Buitragos Angriff ab und gewinnt Tour des Alpes-Maritimes

(rsn) - Christian Scaroni (XDS – Astana) hat die 57. Auflage der Tour des Alpes-Maritimes (2.1) für sich entschieden. Nachdem er die gestrige Etappe vor Santiago Buitrago (Bahrain Victorius) gewonn

23.02.2025Vingegaard erobert mit Zeitfahrsieg Gelb, Schachmann Fünfter

(rsn) – Mit einem starken Finale hat sich Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) nicht nur das abschließende Zeitfahren, sondern auch den Gesamtsieg bei der 51. Volta ao Algarve (2.Pro) gesicher

23.02.2025Bilbao dreht am Jebel Hafeet die Zeit zurück

(rsn) - Meide jeden unter 30, so könnte das Motto der UAE Tour lauten. Denn die seit 2019 ausgetragene WorldTour-Veranstaltung in den Emiraten ist kein Rennen für die Routiniers im Feld. Immer wiede

23.02.2025Nieuwenhuis holt sich in Oostmalle den letzten Cross der Saison

(rsn) – Der letzte Sieger der diesjährigen Cross-Saison heißt Joris Nieuwenhuis (Ridley Racing). Beim Sluitingsprijs Oostmalle (C1) in der Provinz Antwerpen setzte sich der 29-jährige Niederländ

23.02.2025Barrenetxea schnappt sich mit resolutem Sprint die Schlussetappe

(rsn – Jon Barrenetxea (Movistar) hat zum Abschluss der 71. Andalusien-Rundfahrt (2.Pro) für den zweiten spanischen Tagessieg in Folge gesorgt. Der 24-Jährige setzte sich auf der abschließenden 5

23.02.2025Cant verpasst in ihrem letzten Rennen knapp das Podium

(rsn) – Beim letzten Stelldichein der Querfeldein-Spezialistinnen in dieser Saison hat Lucinda Brand (Baloise Glowi Lions) den Sluitingsprijs von Oostmalle (C1) gewonnen. Die Niederländerin setzte

23.02.2025Pogacar stürmt am Jebel Hafeet zum dritten Gesamtsieg

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) auch die zweite Bergetappe der UAE Tour (2.UWT) für sich entschieden und souverän seinen dritten Ges

23.02.2025UAE Tour: Ineos verliert zwei Fahrer mit Schlüsselbeinfrakturen

(rsn) – Carlos Rodriguez hat sich bei einem Sturz auf der 6. Etappe der UAE Tour eine Schlüsselbeinfraktur zugezogen, wie sein Team Ineos Grenadiers in den Sozialen Medien mitteilte. Der Spanier is

23.02.2025Gestürzt: Behrens, Froome und de Kleijn müssen UAE Tour aufgeben

(rsn) – Nach nur wenigen Kilometern der Schlussetappe der UAE Tour hat U23-Weltmeister Niklas Behrens in Folge eines Sturzes das Rennen aufgeben müssen. Das bestätigte sein Team Visma – Lease a

23.02.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Rwanda (2.1, RWA)