Die Aufgebote der Tour-Teams

Total Direct Energie: Alle für einen, einer für alle

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Total Direct Energie: Alle für einen, einer für alle"
Niki Terpstra (Total Direct Energie) | Foto: Cor Vos

02.07.2019  |  (rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowie der vier Zweitdivisionäre.

Total Direct Energie

Rückblick 2018: Einer der großen französischen Etappenjäger der vergangenen Jahre lieferte seine Abschiedsvorstellung: Mit seiner 18. und letzten Teilnahme an der Frankreich-Rundfahrt stieg Sylvain Chavanel sogar zum Rekordteilnehmer auf. Natürlich zeigte sich der 39-Jährige auch dieses Mal in Fluchtgruppen aktiv, wenn auch nicht mehr mit dem Punch früherer Tage. Mehr Hoffnungen setzte die Teamleitung in Lilian Calmejane, der immerhin drei Top-Ten-Resultate einfuhr, jedoch nie in die Nähe eines möglichen Etappensiegs kam. Auch der Rest des Aufgebots blieb eher glücklos, selbst der Angriff mit Chavanel auf das Bergtrikot ging in den ersten Tagen nicht auf. Kein Zweifel: Das Team hatte schon bessere Tour-Auftritte erlebt.

Aufgebot 2019: Lilian Calmejane, Niki Terpstra, Anthony Turgis, Romain Sicard, Rein Taaramäe, Paul Oourselin, Fabien Grellier, Niccolo Bonifazio

Aussichten: Nur fünf Franzosen befinden sich im Aufgebot, so wenige wie zuletzt 2008. In seiner Ausrichtung hat sich das Team über die Jahre aber kaum verändert: Der Fokus liegt nach wie vor auf einer offensiven Fahrweise und der Hoffnung, dadurch einen Tagessieg zu erzielen. Damals sollte vor allem Thomas Voeckler dafür sorgen, mittlerweile steht Calmejane im Mittelpunkt. Der 26-Jährige erarbeitete sich früh in seiner Karriere den Ruf eines Fluchtspezialisten, seine aggressive Fahrweise erinnerte dabei nicht wenige an den mittlerweile nicht mehr aktiven Voeckler. 2016 und 2017 gewann Calmejane auf diese Weise bereits je eine bergige Etappe der Vuelta a Espana und der Tour. Seine unauffällige Vorbereitung zuletzt bei der Tour de Suisse muss kein schlechtes Zeichen sein. Auch in den beiden Vorjahren war von Calmejane vor der Tour kaum etwas wahrzunehmen, dann aber zeigte er sich regelmäßig in Ausreißergruppen aktiv. Die diesjährige 10. Etappe endet in seiner Geburtsstadt Albi – leicht zu erraten, wer sich an diesem Tag um einen Platz in der Fluchtgruppe bemühen wird. Aber auch die 12. Etappe nach Bagnères-de-Bigorre dürfte ihm liegen.

Zwar wird Calmejane gewisse Privilegien genießen, einen erklärten Kapitän gibt es bei Total Direct Energie aber nicht. Das Team ist eher unter dem Motto “Alle für einen, einer für alle“ unterwegs. Das gilt auch für Niki Terpstra. Der Niederländer ist der bekannteste Fahrer im Team und vor allem für die Frühjahrsklassiker geholt worden. Die Tour ist weniger sein Metier, in den vergangenen vier Jahren stand er nur 2018 am Start. Mit seiner Erfahrung und seinen Renninstinkten ist er aber zweifellos aus Fluchtgruppen zu beachten, auch wenn die Etappe dafür nicht zu bergig sein darf. Ein Mittel könnten auch Attacken bei Sprintetappen kurz vor dem Ziel sein: Viele seine Klassikersiege feierte Terpstra als Solist mit späten Vorstößen, an seine Tempohärte kommen nur wenige Fahrer im Peloton heran.

Der 34-jährige Terpstra ist aber auch eine wertvolle Unterstützung, wenn es um die Sprintankünfte geht. Allerdings sind die Möglichkeiten für Total Direct Energie hierbei begrenzt. Als schneller Mann befindet sich Niccolo Bonifazio im Aufgebot, der Italiener gehört aber nicht zur A-Liga der Sprinter und wird es gegen Dylan Groenewegen, Elia Viviani & Co schwer haben. Seine Chancen dürften etwas steigen, wenn das Terrain welliger wird, die Etappen nach Épernay (3. Etappe) oder Brioude (9. Etappe) bieten Möglichkeiten für ein gutes Resultat. Möglicherweise ist Bonifazio in der richtigen Fluchtgruppe aber besser aufgehoben.

Ebenfalls über passable Sprintfähigkeiten verfügt Anthony Turgis, der sich entweder als Helfer oder als Alternative für Bonifazio auf den Sprintetappen anbieten würde. Der 25-Jährige ist ebenfalls aus Fluchtgruppen zu beachten, wobei auch für ihn das Terrain nicht zu bergig sein darf. Gleiches gilt für seinen Landsmann Fabien Grellier.

Geht es in die Berge, sollen Romain Sicard und Rein Taaramäe die Rollen der Aktivposten übernehmen. Beide haben die Erfahrung etlicher dreiwöchiger Landesrundfahrten in den Beinen, Taaramäe gewann dabei schon Etappen beim Giro d’Italia und der Vuelta a Espana. Der Este dürfte neben Calmejane die beste Option des Teams auf einen möglichen Etappensieg sein, die gute Form bewies er zuletzt mit Platz drei bei der Tour de l’Ain und beim Eintagesrennen am Mont Ventoux.

Das Aufgebot komplementiert der junge Franzose Paul Oourselin. Der Tour-Debütant steht vor allem als Helfer und für die Erfahrung im Kader, den einen oder anderen Auftritt in einer Fluchtgruppe dürfte es aber auch für ihn geben.

Fazit: Für Total Direct Energie gibt es nur in Fluchtgruppen die Chance, bei dieser Tour für Höhepunkte zu sorgen. Bonifazio ist zwar kein schlechter Sprinter, bei einer Massenankunft aber kein Kandidat für eine Spitzenplatzierung. Stattdessen ist das Team gut beraten, seine Kräfte für aussichtsreiche Fluchtgruppen aufzusparen. Die Qualität im Kader ist dafür vorhanden: Der richtige Tag in der richtigen Gruppe - und Fahrern wie Calmejane, Turgis, Terpstra und Taaramäe ist durchaus ein Ausreißercoup zuzutrauen.

Eckdaten:
Land: Frankreich
Hauptsponsor: Direct Energie
Branche: Stromversorgungsunternehmen
Teamchef: Jean-René Bernaudeau
Radausrüster: Willier

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.07.2019Team Ineos: Topfavorit mit kleinen Abstrichen

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019AG2R La Mondiale: Alle Kräfte für Bardet

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Arkea - Samsic: Barguil als Hoffnungsträger

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019EF Education First: Erwischt Uran wieder ein gutes Jahr?

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Bahrain - Merida: Rätselraten um Nibalis Ambitionen

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

03.07.2019Dimension Data: Mit Erfahrung zum Erfolg?

Team Dimension Data Rückblick 2018: Für die Mannschaft von Teamchef Douglas Ryder war es eine Tour zum Vergessen. Sprinter Mark Cavendish zeigte sich außer Form und beendete nur eine Etappe unter d

03.07.2019CCC Team: Nichts zu verlieren

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Bora - hansgrohe: Bereit für weitere Großtaten

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Mitchelton - Scott: Besser gerüstet als im Vorjahr

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Trek - Segafredo: Bedenken um Hoffnungsträger Porte

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Cofidis: Sehnsucht nach einem Etappensieg

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

02.07.2019Movistar: Aus den Fehlern mit dem Dreizack gelernt?

(rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowi

Weitere Radsportnachrichten

15.12.2025Pogacar mit bewährten Kräften zur Mission fünfter Toursieg?

(rsn) - Tadej Pogacar befindet sich einer komfortablen Situation: Neben seiner überragenden Klasse kann der zweimalige Weltmeister auch auf ein herausragend stark besetztes Team UAE – Emirates –

15.12.2025Welsford von Red Bull zu Ineos

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.12.2025Ferguson: Zwischen Übertraining, RED-S und Spitzenergebnissen

(rsn) – Besser als Cat Ferguson (Movistar) ist noch kaum eine Junioren-Weltmeisterin im Elite-Peloton angekommen. Die 19-jährige Britin gilt als riesiges Talent, fuhr gleich bei ihrem ersten WorldT

15.12.2025Auch nach Team-Aus: Reise auf der Straße wird weitergehen

(rsn) – Auch in ihrer siebten Saison beim Team Ceratizit fuhr Franziska Brauße zweigleisig auf Straße und Bahn - mit 41 Renntagen auf der Straße jedoch so intensiv wie nie zuvor in ihrer Karrier

15.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

14.12.2025Hansen: “Die Fahrer werden gehört – ein gutes Zeichen“

(rsn) - Beim alljährlichen WorldTour-Seminar des Radsportweltverbandes UCI nahm das Thema Fahrersicherheit wieder größeren Raum ein. Adam Hansen, Chef der Fahrergewerkschaft CPA, zeigte sich im Ges

14.12.2025Del Toros Tour-Ziel 2026: “So viel und schnell wie möglich lernen“

(rsn) – Nach der schmerzhaften Niederlage gegen Simon Yates (Visma – Lease a Bike) im Finale des Giro d´Italia 2025 und einem fulminanten Herbst, in dem er bei den italienischen Klassikern von Si

14.12.2025Highlight-Video des Cross-Weltcups von Namur

(rsn) – Er kam, kämpfte und siegte: In einem packenden Duell hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) zu seinem Saisoneinstieg den Weltcup von Namur gewonnen. An der berühmten Zitadelle v

14.12.2025Von Krämpfen geplagt: Überrundeter Fahrer sorgt für Durcheinander

(rsn) – Ein Krampf fühlt sich nie sehr angenehm an. Kaum besser dürfte es für Vilmar Aastrup gemacht haben, dass sein Malheur beim Weltcup in Namur vom belgischen Fernsehen live und in aller Ausf

14.12.2025Trotz “vieler Fehler“: Van der Poel triumphiert in Namur

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) steht im Cross für Perfektion – deshalb aber auch für Langeweile. Von beidem konnte bei seinem Saisoneinstand beim Weltcup in Namur allerdin

14.12.2025Brand auch beim Weltcup in Namur eine uneinnehmbare Festung

(rsn) – Die Niederländerin Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat auch beim Weltcup in Namur zugeschlagen. Mit ihrem zehnten Sieg im zwölften Saisoneinsatz baute die Weltranglistenerste ihre

14.12.2025Der DM-Titel überstrahlte den Tour-Rückschlag

(rsn) – Seine sechste Saison als Berufsradfahrer war für Georg Zimmermann eine mit Höhen und Tiefen. Ein unerwarteter Sieg, ein Sturz und das frühe Aus beim Saisonhöhepunkt, der größte Erfolg

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)