Walslebens Bundesliga-Blog

Mit Manndeckung den Gesamtsieg perfekt gemacht

Von Philipp Walsleben

Foto zu dem Text "Mit Manndeckung den Gesamtsieg perfekt gemacht"
Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) hat die Rad-Bundesliga gewonnen vor Jonas Rutsch (Lotto-Kern Haus) und Christopher Hatz (Radteam Herrmann) gewonnen | Foto: Lotto-Kern Haus

09.10.2018  |  (rsn) - Hallo und willkommen zu meinem allerletzten Bericht über unsere diesjährige Radbundesliga. Nachdem ich mich in einer dreiwöchigen Rennpause noch so fit wie möglich gehalten habe und mir mein Coach Paul Voss noch einige eklige Sachen auf den Trainingsplan geschrieben hatte, bestritt ich am vergangenen Sonntag mein letztes Saisonrennen und gleichzeitig auch das letzte und entscheidende Rennen der Radbundesliga. Dieses fand wieder einmal an einem doch eher speziellen Ort statt: der Autoteststrecke am Bilster Berg. Über 4,2 km gibt es auf diesem Kurs 19 Kurven, 70 Höhenmeter und sogar eine Steigung von 21% zu bewältigen.

Komisch ist nur, dass sich diese interessanten Daten magischerweise in Luft auflösen, wenn man mit dem Rad und einem Peloton auf der Strecke unterwegs ist. Dann fühlt sich das ganze ungefähr so selektiv an, wie der 4-spurige und 2-prozentige Schäferberg bei uns zuhause zwischen Berlin und Potsdam. Auf dem Bilster Berg gibt es zwar viele Höhenmeter, vor allem bei zu fahrenden 35 Runden, doch durch den Wechsel von Steigungen und Abfahrten sowie dem Fakt, dass man für keine Kurve bremsen muss, sind diese nicht mit normalen Höhenmetern vergleichbar. So kommt man zum Beispiel vor der 21-prozentigen Steigung gerade mit ca. 70km/h aus einer 26% steilen Abfahrt. Sachen wie einfache Organisation, kurze Wege oder guter Straßenbelag sprechen aber durchaus für diese Rennstrecke. Und so nahm auch unser Rennen seinen Lauf.

Nochmal kurz zur Auffrischung: Vor dem Rennen führte ich die Bundesliga-Gesamtwertung mit 136 Punkten Vorsprung an. Ein relativ komfortables Polster, das aber bei einem Tagessieg vom Gesamtzweiten Jonas Rutsch und den dazu gehörenden 210 Punkten auch mal sehr schnell sehr klein werden kann. In diesem Fall hätte ich noch auf Platz 10 fahren (sprinten) müssen, um mir den Gesamtsieg zu sichern. In der ersten Hälfte des Rennens versuchte ich mir vor allem einen Einblick in die Charakteristik dieser Strecke zu schaffen. Wo ist es schwer? Wo kann man attackieren? Wo bringt eine Attacke nichts? Dadurch, dass ständig Ausreißversuche gefahren wurden, unter anderem durch meine Jungs vom P&S Team Thüringen, konnte ich ganz gut beobachten wie die Verhältnisse auf der Strecke waren.

Irgendwann in der zweiten Rennhälfte versuchte ich dann selbst einmal das Feld ein wenig zu minimieren und zu sortieren. Vorerst gelang mir das auch ganz gut, nur leider hatte ich mir dadurch selbst ein Ei gelegt, da ich kurz nach meiner Tempoverschärfung nicht ganz sauber schaltete und mir meine Kette irgendwo zwischen Rahmen und Kettenblatt fiel. Das ganze auch noch an bereits beschriebener 21%-Welle.

Wohl oder übel musste ich dann die eben mit viel Mühe gebastelte Gruppe ziehen lassen und eine 11-sekündige Kettenpause einlegen. Nun noch irgendwie aufspringen und anfahren am Steilstück und ich war wieder im Feld… Glücklicherweise wussten dort meine Teamkollegen direkt, was sie zu tun hatten und durch gemeinsame Arbeit konnten wir wieder nach vorn aufschließen. Das bedeutete aber auch, dass wir wieder mit einem relativ großen Feld Runden drehten. Zwischenstand war also, dass ich zwei Mal richtig viel Körner auf die Straße gehauen hatte, das aber irgendwie ohne große Auswirkungen geblieben war. 

In diesem Moment blieb mir nichts anderes übrig, als mich für Manndeckung zu entscheiden und Jonas genau im Auge zu behalten, um nicht von ihm überrascht zu werden und vor allem keinen Tritt mehr als er zu machen. Nicht die spektakulärste Taktik, aber in diesem Moment die sinnvollste. Spannend war diese Taktik für mich selber aber allemal, schließlich musste ich mich darauf vorbereiten, einen perfekten Sprint zu fahren um trotz eines möglichen Sprintsieges von ihm meinen Punkterückstand in Grenzen zu halten.

Dazu kam es dann aber nicht. In den letzten vier Runden gab es noch einige Attacken. Als dann 1,5 Runden vor Schluss Joshua Huppertz seinen Antritt lancierte, wusste ich nach ca. fünf Pedalumdrehungen, dass er das Rennen gewinnen würde. So kam es dann auch. Ich kam im Sprint um Platz 5 als 15. ins Ziel und hatte somit die Gesamtwertung der Radbundesliga gewonnen! Für mich ein weiterer denkwürdiger Erfolg in einer einzigartigen Saison. Es haben schon viele Fahrer die Bundesliga gewonnen, und es gibt durchaus größere Rennen. Aber ich dachte vor zehn Monaten noch nicht einmal daran, diese Serie überhaupt zu bestreiten. Dann kam eins zum andern und am Ende der Saison stehe ich also mit diesem Gesamtsieg und mit vielen anderen Einblicken und Erfahrungen da.

An dieser Stelle schicke ich auch noch einen Gruß an Jonas Rutsch, mit dem ich mir das ein oder andere harte Duell geliefert habe und der mit zum spannenden Verlauf der Bundesligasaison beigetragen hat.

Die Radbundesliga ist eine Serie mit durchaus ansprechenden Rennen, die vom Profil her allesamt dazu taugen, schöne Radrennen zu veranstalten. Es tut den Rennen in meinen Augen gut, dass fast alle Fahrer mitfahren dürfen und es nur wenig Beschränkungen in Sachen Alter und Team gibt. Dadurch gehen Tempo und Niveau der Rennen in die Höhe. Das macht unsere Nachwuchsfahrer besser und genau darin sollte ja in meinen Augen das Ziel der Bundesliga liegen. Um das zu erreichen und um die Rennen auch für eventuelle Starter aus dem Ausland noch interessanter zu machen, sollte man vielleicht auf eine gewisse Mindestlänge von 130-140km bei den einzelnen Rennen achten.

Ich jedenfalls freue mich, dass ich dabei sein konnte und möchte mich an dieser Stelle dafür auch noch einmal bei meinem Teamchef Lars Wackernagel und meinen Teamkollegen bedanken, mit denen ich eine super Saison hatte und mit Spaß und Professionalität zugleich von Rennen zu Rennen fahren durfte. Auch im nächsten Jahr werde ich übrigens wieder Rennen bestreiten, dazu aber später mehr!

Viele Grüße und danke fürs Lesen

Philipp Walsleben

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.10.2018Walsleben feiert Gesamtsieg, Huppertz jubelt am Bilster Berg

(rsn) - Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) hat sich den Gesamtsieg in der Rad-Bundesliga nicht mehr nehmen lassen. Der 30-Jährige wehrte mit seinem Team alle Attacken der Konkurrenz um den Gesam

05.10.2018Bringt Walsleben seine komfortable Gesamtführung nach Hause?

(rsn) – Kann das Radteam Herrmann zum Bundesliga-Abschluss am Bilster Berg seinen dritten Sieg in Folge einfahren, nachdem der künftige Continental-Rennstall zuletzt schon die Teamzeitfahr-DM und d

11.09.2018Mit durchschnittlichen Beinen nur etwas vom Vorsprung verloren

(rsn) - Willkommen zu einem weiteren Bericht über die diesjährige Rad-Bundesliga. So wie die Radsportsaison neigt sich auch unsere nationale deutsche Rennserie dem Ende entgegen - so bestritten wir

09.09.2018Rad-Bundesliga: Walsleben steht vor dem Gesamtsieg

(rsn) - Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) ist dem Gesamtsieg bei der Rad-Bundesliga ein gutes Stück näher gekommen. Bei Rund um Sebnitz, dem vorletzten Lauf der nationalen Rennserie, überque

08.09.2018Kann Lotto-Kern Haus Walsleben noch in die Bredouille bringen?

(rsn) - Am Sonntag steht mit Rund um Sebnitz der vorletzte Lauf der Rad-Bundesliga auf dem Programm. Nachdem beim letzten Rennen Spitzenreiter Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) seine Führung au

02.09.2018Team Herrmann neuer Deutscher Meister im Mannschaftszeitfahren

(rsn) - Das Team Herrmann ist am Sonntag in Genthin erstmals zum Meistertitel im Mannschaftszeitfahren gefahren. Im 50 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr setzte sich das Sextett um Christopher Hatz

13.08.2018So machen mir Radrennen eigentlich am meisten Spaß!

(rsn) - Hallo, liebe Radsportfreunde! Mein heutiger Blogeintrag wird sich um das gestrige Bundesligarennen von Neheim nach Winterberg drehen, die Sauerlandrundfahrt. Nachdem wir es in der bisherigen

12.08.2018Rad-Bundesliga: Walsleben baut in Winterberg Gesamtführung aus

(rsn) - Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) hat seine Führung in der Rad-Bundesliga deutlich ausbauen können. Bei der 146 Kilometer langen Sauerland-Rundfahrt, dem siebten Lauf der Rennserie, mu

12.08.2018Vorschau auf die Rennen des Tages / 12. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? Ab sofort gibt Ihnen radsport-news.com kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf

10.08.2018Rad-Buli: Walsleben und Rutsch trennen nur fünf Punkte

(rsn) – Spannender könnte die Konstellation in der Rad-Bundesliga-Einzelwertung nach sechs Läufen nicht sein. Vor der am Sonntag stattfindenden Sauerland-Rundfahrt trennen Spitzenreiter Philipp Wa

01.08.2018Den Sprint nach allen Regeln der Kunst vergeigt

(rsn) - Hallo Radsportfans! Wer von euch ist schon mal mit dem Rad oder dem Auto über die Nordschleife des Nürburgrings gefahren? Falls ihr das noch nicht gemacht habt, möchte ich euch das an diese

29.07.2018Walsleben verteidigt Führung, aber Rutsch kommt näher

(rsn) - Philipp Walsleben (P&S Team Thüringen) hat auf dem Nürburgring seine Führung in der Gesamtwertung der Rad-Bundesliga verteidigt. Walsleben und sein schärfster Kontrahent Jonas Rutsch (Lott

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2024Britisches Duo fordert Lavreysen und Andrews heraus

(rsn) – Mit Ausnahme der fehlenden deutschen Stars um die zweimalige Olympiamedaillengewinnerin Lea Sophie Friedrich hält die Auflistung der Athletinnen und Athleten der diesjährigen Sprintsaison

23.11.2024Iserbyt krönt cleveres Zusammenspiel mit Vanthourenhout

(rsn) – Nachdem Fem van Empel (Jumbo – Visma) im Frauenrennen ihren Vorjahressieg wiederholen konnte, hat auch Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) beim Excact Cross in Kortrijk seinen Titel v

23.11.2024Van Empel ist bereit für den ersten Cross-Weltcup

(rsn) – Fem van Empel (Jumbo – Visma) hat nach ihrer Rennpause schnell wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Die Weltmeisterin gewann wie bereits im vergangenen Jahr den Exact Cross in Kortri

23.11.2024Dank Freiheiten bei Stevens für vier Teams im Einsatz

(rsn) – Hinter Tillman Sarnowski liegen zwei turbulente U23-Jahre. Der U19-Bundesliga-Gesamtsieger von 2022 hatte sich im Jahr darauf dem Team Dauner Akkon angeschlossen, das dann aber doch nicht wi

23.11.2024Red-Bull-Neuzugang Pithie will van der Poel herausfordern

(rsn) – Laurence Pithie gewann im Januar mit dem Cadel Evans Great Ocean Road Race sein erstes WorldTour-Rennen und beeindruckte bei den Frühjahrsklassikern. Der 22-jährige Neuseeländer belegte b

23.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?

(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202

23.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem

(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag

23.11.2024Scott David: Trotz Traumwerten keine WorldTour

(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte

23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen

(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en

23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“

(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama

22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“

(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine