Den eigenen Luftwiderstand senken

Aerodynamik: Was macht Profis schnell?

Von Heiko Truppel

Foto zu dem Text "Aerodynamik: Was macht Profis schnell?"
| Foto: Scott

09.10.2015  |  Showdown auf Hawaii: Beim Ironman morgen (10. Oktober) kämpfen die besten Triathleten um den Weltmeister-Titel 2015. Während es beim Schwimmen und Laufen fast ausschließlich auf die körperliche Leistungsfähigkeit der Teilnehmer ankommt, rückt beim Radfahren auch das Material in den Fokus.

Die Aerodynamik des Systems Mensch-Maschine

spielt dabei eine noch größere Rolle als im klassischen Radsport. Der
pressedienst-fahrrad hat sich angeschaut, was Profis schnell macht - und was sich Hobbysportler davon abschauen können.

Die Wettfahrt auf dem Rad unterliegt beim Triathlon eigenen Regeln. Wie bei einem Einzelzeitfahren ist es bei den meisten Veranstaltungen verboten, im Windschatten zu fahren. Damit ist es natürlich von entscheidender Bedeutung, den eigenen Luftwiderstand zu senken.

Profis, aber auch so mancher Amateur-Fahrer,
setzen dafür auf hochspezialisierte Räder, die den Zeitfahrmaschinen der Straßen- und Bahnradsportler sehr ähnlich sind - wobei ihnen das Reglement der Triathlon-Verbände etwas mehr Freiheiten gestattet, als die strengen und komplexen Vorschriften des Weltradsport-Verbands UCI.

Beim Felt „IA“ (ab 3.850 Euro), mit dem die Australierin Mirinda Carfrae in den beiden vergangenen Jahren zwei ihrer drei Siege auf Hawaii einfahren konnte, stechen als Erstes die abgeflachten, von der Seite betrachtet sehr breiten Profile von Rahmenrohren, Gabelstreben und Sattelstütze ins Auge.

Ähnlich auffällig die Laufräder: Scheibenräder,
wie man sie bei vielen Triathlon-Wettkämpfen am Hinterrad sieht, sind auf dem sturmgepeitschten Kurs von Hawaii zwar verboten, aber die sogenannten Aero-Laufräder mit hohem Felgenprofil und wenigen Speichen sind nicht weniger spektakulär.

Das flächige Profil macht schnell, bietet seitlichen Luftströmen jedoch eine größere Angriffsfläche. Insbesondere am Vorderrad kann das bei starkem Wind riskant werden. Daher sind Felgen wie die des weit verbreiteten System-Laufrads Zipp „404 Firecrest“ (ab 964 Euro) so geformt, dass auch Seitenwind nicht einfach an ihnen vorbei-, sondern sie regelrecht umströmt, und so für mehr Stabilität sorgt.

Weil sich An- und Abströmbereiche während der Drehung

des Rads permanent verändern, ist die Optimierung des Felgenprofils übrigens noch weit komplexer als die der unbeweglichen Teile am Rad. Und ein stabiles Fahrverhalten ist nur ein Aspekt bei der Konstruktion: Trifft der Wind in einem bestimmten Winkel auf, sorgt das sogar für zusätzlichen Vortrieb.

Den größten Effekt auf den Luftwiderstand hat allerdings nicht das Fahrrad, sondern der Fahrer. Entsprechend soll seine Fahrposition möglichst windschnittig sein. Bei Zeitfahrrädern ruhen die Unterarme auf den Auflagen eines tief angebrachten Aero-Lenkers.

Beim Triathlon sitzt der Fahrer zudem fast senkrecht
über dem Tretlager. Was für den Laien äußerst unbequem aussieht, sorgt dafür, dass die Beine nicht so schnell ermüden – nach dem Rad-Split steht immerhin noch ein Marathonlauf an...

Reine Straßenradsportler dagegen sitzen beim Zeitfahren UCI-konform ein Stück weiter hinten. Da bei Zeitfahr-Maschinen bzw. Triathlon-Rädern das Körpergewicht weit vorne auf dem Rad lastet, gilt ihr Fahrverhalten für enge Kurven, Berge und Sprints als eher unruhig.

Die Strecken, auf denen sie zum Einsatz kommen,
sind jedoch ohnehin auf konstant hohes Tempo ausgelegt, und nicht auf Fahrtechnik. Vielen Hobbyfahrern ist ein solches Rad deshalb nicht vorrangig zu kostspielig – Carfraes Top-Modell „IA FRD“ kostet knapp 12 000 Euro –, sondern vor allem zu speziell.

Oft wird daher einfach auf ein normales Rennrad ein Lenkeraufsatz montiert. Die gibt es schon für deutlich unter 100 Euro, ein hochwertiger Triathlon-Lenker wie der Profile Design „Aeria T2“ (ab 399,99 Euro) allerdings bietet neben aerodynamischer Optimierung eine ganze Reihe von Einstellmöglichkeiten, um ihn auf Fahrer und Rad abzustimmen.

Mit allen möglichen Komponenten und Zubehör

lässt sich der Luftwiderstand weiter reduzieren, allem voran mit Schalthebel, Bremshebel und Bremsen. „Kleine Teile haben oft große Wirkung. Bei höheren Geschwindigkeiten spart z. B. eine Bremse mit unserer ,Aero Linkʻ-Technologie zweistellige Wattzahlen beim Treten“, erklärt Geraldine Bergeron von Sram.

Die Amerikaner haben jüngst sogar eine Schaltung vorgestellt, bei der keine Kabel mehr für Turbulenzen sorgen können. Für die Komplett-Gruppe der „Red eTap“ werden allerdings stolze 2691 Euro fällig - im Vergleich mit anderen High-Tech-Schaltgruppen allerdings durchaus ein gerechtfertigter Preis.

Deutlich günstiger lassen sich Aerodynamik-Gewinne
beim Zubehör umsetzen. Aero-Helmen etwa wird nachgesagt, dass sie am meisten Watt pro Euro bringen – zumindest, wenn die Heckpartie nicht im Wind steht. Ein Modell wie der Giro „Selector“ (299,99 Euro) lässt sich daher mittels verschiedener Unterschalen anpassen, je nachdem ob der Fahrer mit eher geradem Rücken oder in stark gekrümmter Haltung auf dem Rad sitzt.

Trinksysteme, mit denen man direkt in der Aero-Position nachtanken kann, wenn es den Körper dürstet, können ebenfalls entscheidende Sekunden bringen, und zählen dabei zu den mit Abstand günstigsten Investitionen (z. B. Profile Design „Aerodrink“, 19,99 Euro).

Umgebaute Straßenrennräder stellen im Vergleich

mit den zunehmend beliebten Aero-Bikes allerdings eher eine Notlösung dar. Modelle der noch vergleichsweise jungen Rad-Gattung entsprechen in Geometrie und Handling einem klassischen Rennrad, greifen gleichzeitig aber Technik von den Zeitfahr-Maschinen auf, und interpretieren diese im UCI-konformen Maße.

Neben aerodynamisch optimierten Rohrprofilen steht hier wie bei den Spezialisten die Integration von Komponenten im Fokus. Beim Koga „Kimera Road Prestige“ (2599 Euro) z. B. ist die Hinterrad-Bremse unterhalb der Kettenstreben befestigt.

Die Niederländer setzen zudem auf

die „Direct Mount“-Bauweise, bei der die Bremsarme sehr nah am Rahmen jeweils an einem eigenen Drehpunkt angebracht sind. Der aerodynamische Vorteil mag vielleicht nicht riesig sein, dafür ist die Konstruktion steifer, die Bremse ist besser dosierbar und verstellt sich nicht.

Apropos Bremsen: Der Baden-Württembergische Triathlon-Verband hat zwar im Juni bekräftigt, dass das UCI-Verbot von Scheibenbremsen auch für den Dreikampf gilt. Allerdings ist eine Aufhebung dieser Regelung durch den Weltradsport-Verband mittlerweile in greifbarer Nähe.

Wer zugunsten wirklich kraftvoller und zuverlässiger Verzögerung

eventuelle Einbußen beim Luftwiderstand in Kauf nimmt, muss jedoch nicht warten: Haibike stattet die neue Generation des „Affair“ in der günstigsten („8.50“, 2999 Euro) wie in der Top-Version („8.80“, 9999 Euro) nicht nur mit einer neuartigen Schnellspann-Steckachse, sondern schon jetzt mit Scheibe aus.

TV-Tip:
Der Fernsehsender HR3 überträgt in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober zwischen 23:45 Uhr und 3.30 Uhr live vom Ironman auf Hawaii.

Mehr Informationen zu diesem Thema

23.08.2024Baldiso One (B1) absolviert Tests: Liefertermine bekanntgegeben

Der Hersteller BALDISO Bikes, um den langjährigen Rad-Profi Sebastian Baldauf, freut sich, die erfolgreichen Testergebnisse des neuen BALDISO One Bikes bekannt zu geben. "Die ersten Prototypen überz

13.04.2024SternShift: Elektro-Getriebe-schaltung jetzt auch für “Bio-Bikes“

Rohloff und Rennlenker – das war bisher eine eher schwierige Kombination, da die Getriebeschaltung original mit einem Drehgriff geschaltet wird. Um die Nabe auch per Bremsschalthebel an einem Ren

27.02.2024Basso: Neues Allroad-Bike Palta Vicenza Dream

In Zusammenarbeit mit Campagnolo stellte Basso Bikes vergangene Woche in den Forschungs- und Entwicklungslabors in Vicenza das neue Allroad-Bike "Palta Vicenza Dream" vor - "mit einem einzigartigen un

20.01.2024Flandern: Ex-Profi-Räder mieten

(rsn) - Haben Sie schon immer davon geträumt, mal auf dem Renner eines echten Profis zu fahren? In Flandern können Sie es - genauer im Flandrien Hotel, das sich kürzlich mit dem Verleih "Bike Rent

17.01.2024Mason Definition3: Sportliches Ganzjahres-AllRoad-Bike

Vor zehn Jahren haben Dom und Julie Mason in Hove in der englischen Grafschaft Sussex einen Fahrrad-Hersteller gegründet - "mit Ehrgeiz, fortschrittlichen Ideen und einer gesunden Skepsis für Konven

05.01.20243T RaceMax Italia: “Superleicht, aerodynamisch, schnell...“

Das neue RaceMax Italia ist ein "superleichtes, aerodynamisches und schnelles Gravelbike", so der Hersteller 3T. Es wird zu hundert Prozent in Italien hergestellt, in der 3T-hauseigenen ProduktionsstÃ

23.12.2023Schindelhauer Siegfried: Jubiläums-Modell für guten Zweck versteigert

"Siegfried" war das erste Modell der 2009 gegründeten Fahrradmarke Schindelhauer aus Berlin-Kreuzberg. Mit puristischer Ästhetik und der Reduktion auf das technisch Wesentliche gilt "Siegfried" heut

19.12.2023Officine Mattio: Das neue Lemma 3.0

Am 13. Dezember hat Officine Mattio am Firmensitz in Cuneo sein neues Rennrad "Lemma 3.0" präsentiert. Die Oberitaliener haben das Vorgänger-Modell neu definiert, und das Rad in Form, Design und Aus

07.12.2023Eine Legende rollt wieder

Die Geschichte des modernen Fahrrads beginnt vor nicht weniger als 187 Jahren: Im Jahr 1839 entwickelte der Schmied Kirkpatrick Macmillan in Dumfriesshire in Schottland eine neue Methode, die fußbetr

16.11.2023Cinelli Pressure ADR: Neuer “All-Day-Racing“-Renner

Gestern hat Cinelli die offizielle Markteinführung seines neuesten Rennrads bekannt gegeben, das Pressure ADR - die "hypermoderne Vision des italienischen Grand-Tour-Rads". ADR steht für “All-Day

09.11.2023Lotus Type 136 E: Motor vom Mars, Technik von der Bahn

(rsn) - Am vergangenen Montag stellte Lotus in seinem Showroom in London das neue E-Rennrad "Type 136 E" vor, mit einem Motor vom Mars und Technik von der Rennbahn - zu haben in der "First Edition" zu

01.11.2023Cinelli Nemo Gravel 2024: Neues Schotter-Flaggschiff

Gestern präsentierte Cinelli das neue Nemo Gravel, "das Flaggschiff unter den Gravelbikes Made in Italy", so die Mailänder. "Wir reagieren damit auf den Trend zu immer extremeren, technischeren Rou

Weitere Radsport-Markt-Nachrichten

18.12.2024Exklusiv: Designer und Ingenieur zum neuen Colnago Y1Rs

(rsn) - Colnagos neues Aerorad Y1Rs hat nach dem Leak einiger erster Bilder Anfang Dezember die Gemüter in der Radsport-Welt erhitzt und mit seiner auffälligen neuen Rahmenkonstruktion rund um eine

13.12.2024Assos Winterkollektion im Praxistest

Sind wir ehrlich, Radsport im Winter ist eine Herausforderung und die richtige Ausrüstung ist eine Grundvoraussetzung. Schutz vor Kälte, Wind und Nässe ist unverzichtbar, damit die Ausfahrt auch in

12.12.2024Kaffeekultur trifft Rad-Leidenschaft

Italienische Kaffeekultur und Radsport teilen eine besondere Verbindung: Beides steht für Genuss, Leidenschaft und Momente der Ruhe und Energie. CYCLEBEAN feiert diese Verbindung mit stilvollen Produ

12.12.2024Vorm Bildschirm auf die Radsport-Insel

Jahrzehnte lang war das Trainingslager auf Mallorca vor allem Mittel zum Zweck. Klar, auch ein geliebtes Ritual, zumal man nach einem langen mitteleuropäischen Winter endlich wieder die Sonne sah

29.11.2024Leichter Radsatz zum attraktiven Preis

Der junge Hersteller hat sich auf Carbonlaufräder spezialisiert und ist bereits in sehr günstigen Preisklassen mit solidem Material vertreten. Auch ein mit rund 1.300 Gramm sehr leichter Radsatz mus

25.11.2024Contador vs. Froome am Montagabend auf BKOOL

(rsn) – Sieben Jahre ist es her, dass Alberto Contador und Chris Froome bei der Vuelta a Espana zuletzt als Radprofis gegeneinander angetreten sind. Damals gewann der Brite die Spanien-Rundfahrt und

19.11.2024Outdoor-Hersteller baut Reparatur-Netzwerk aus

Repair Weeks statt Black Friday: Outdoor-Hersteller Ortlieb setzt auf dauerhafte Nutzung statt schnellen Konsum, und dazu gehört auch die Reparatur der langlebigen Produkte aus Heilsbronn. Im Werk in

12.11.2024Tubolito senkt seine Preise

Tubolito ist ein Pionier, wenn es um leichte TPU-Fahrradschläuche geht. Seit vielen Jahren sind die orangen Schläuche ein beliebtes Tuningteil bei Rennfahrern und Weight Weenies. Seit dem 01.11.2024

11.11.2024Superleicht und wartungsfreundlich

Lückenschluss beim Leichtbau-Radsatz: BikeBeat aus Frankfurt bietet seinen Maßstab nun auch mit 45 mm tiefen Felgen an. Damit wendet sich der Hersteller an all jene, die 55 mm am aerodynamisch optim

11.11.2024Virtuell trainieren zwischen Feuer und Eis

Mit der Trainingsplattform Rouvy holt man sich die ganze Radsportwelt ins Wohnzimmer. Das Unternehmen aus Prag hat zahllose legendäre Strecken digitalisiert, darunter Anstiege wie Stelvio und Mont Ve

06.11.2024Giro d´Italia Virtual: Mit BKOOL auf Originalstrecken unterwegs

(rsn) – Es wird kälter und der Winter wirft seine langen Schatten voraus. Die Zeit des Indoor-Trainings hat für viele Radsportler und Radsportlerinnen begonnen und mit BKOOL bietet sich derzeit ei

06.11.2024Verstellbare Kurbel für den Reha-Bereich

Ob nach einer Verletzung, aufgrund eines Handicaps oder zum Ermitteln der optimalen Kurbellänge: Mit dem Kurbeladapter WX Vario können Radsportler mit besonderen Ansprüchen ihre Standard-Kurbel mil

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine