Muskel-Funktionstests notwendig - auch zur Prävention

Verletzungen: Sportlicher Wiedereinstieg häufig zu früh

Von Thore Zantop

Foto zu dem Text "Verletzungen: Sportlicher Wiedereinstieg häufig zu früh"
aus dem Comic "Mont Ventoux" von Florin v Salis | Foto: Edition Moderne

28.09.2015  |  Nach dem Kreuzbandriss sechs bis neun Monate pausieren – das ist die allgemein gültige Regel. Die meisten Hobby- aber auch Spitzensportler halten sich jedoch nicht an diese Empfehlung, und steigen zu früh wieder ins Training ein. Oder ihre Verletzung ist in der vorgegebenen Spanne noch nicht ausgeheilt.

Aussagekräftiger als die zeitliche Faustregel

sind Muskel-Funktionstests: Sie ermitteln auch das Risiko einer neuerlichen Verletzung. Wie ein solcher „Return to play“-Test funktioniert, und warum er auch als Präventionsmaßnahme sinnvoll ist, diskutieren Experten auf einer Pressekonferenz am 20. Oktober im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin.

Nach einer Kreuzband-OP zeigen sich Defizite bei Muskel-Aktivitäten in Knie, Hüfte und Knöchel – teilweise sogar noch bis zu fünf Jahre nach der Operation. Viel zu häufig kehren verletzte Sportler zu früh ins Training oder den Wettkampf zurück. Das kann weitere Verletzungen etwa am Meniskus ebenso wie eine neuerliche Kreuzband-Ruptur zur Folge haben.

Die Rückfall-Rate beim Riss des vorderen Kreuzbands
liegt für das operierte sowie das andere Knie zwischen 3 und 49 Prozent. „Für Leistungssportler ist ein zu früher Trainings-Einsatz nach einer Verletzung nicht selten das Ende der Wettkampf-Karriere“, weiß Prof. Michael Nerlich, Direktor der Klinik für Unfall-Chirurgie am Universitätsklinikum Regensburg, und Kongress-Präsident des DKOU 2015.

„Nach erneuter langer Verletzung ist irgendwann der Zug abgefahren“, so Nerlich weiter: "Fast immer entscheidet allein der Zeitfaktor über die Rückkehr auf den Sportplatz, meist in Zusammenhang mit einer Beweglichkeitsprüfung oder dem Lachman-Test."

Nur zwei von fünf der in einer Studie berücksichtigten Operateure

(insgesamt 260) führten einen Muskel-Funktionstest durch. Eine Überprüfung der passiven Stabilisatoren, bei der der Arzt das Knie bewegt und nicht der Patient selbst, reicht aber nicht aus. Zudem sind die Anforderungen an die Knie-Muskulatur und die Bewegungsmuster je nach Sportart unterschiedlich.

Daher überprüft der von Zantop mitentwickelte „Return to play“-Test nicht nur die Muskelstärke, sondern erstellt auch eine Art Bewegungs-Analyse. Dabei geht es unter anderem darum, Schwachstellen wie eine falsche Sprung- oder Lauftechnik zu ermitteln.

Knie-Experten empfehlen den Test, der etwa anderthalb Stunden dauert,

auch zur Prävention. Studien haben gezeigt, dass Stabilisations- und Kräftigungsübungen oder angepasste Bewegungsabläufe wie das Landen mit dem gebeugten statt dem gestreckten Knie das Verletzungsrisiko deutlich senken können.

Ein Beispiel: Die häufige X-Bein-Stellung bei Sportlerinnen, die die Band-Strukturen des Kniegelenkes unnötig belastet. Der Test ermöglicht es, verletzungsanfällige Sportler, gerade auch bei Jugendlichen, zu identifizieren.

Eine Ruptur des Kreuzbands, vor allem des vorderen,
gehört zu den häufigsten Sportverletzungen. Der Anteil von Kniegelenksschäden insgesamt liegt bei etwa 18 Prozent; ein großer Teil davon geht auf das Konto von Kreuzbandrissen. Die entsprechenden Hochrisiko-Sportarten sind Fuß-, Hand- und Basketball, sowie alpiner Skilauf.

Dr. med. Thore Zantop

ist Unfall-Chirurg, Privat-Dozent, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (GOTS), stellvertretender Leiter des Knie-Komitees der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie (AGA), und ehemaliger Leistungssportler der Handball-Bundesliga.

Der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfall-Chirurgie

(DKOU 2015) wird von der Deutschen Gesellschaft für Unfall-Chirurgie (DGU), der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) sowie dem Berufsverband für Orthopädie und Unfall-Chirurgie (BVOU) ausgerichtet. Er findet statt vom 20. bis 23. Oktober am Messegelände Süd in Berlin, und hat sich mit rund 12 000 Teilnehmern zum größten medizinischen Fach-Kongress in Europa entwickelt.

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