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23.05.2014 | [pd-f/ cg] - Wetterfeste Bekleidung gibt es schon lange – man denke nur an Wachsjacke und Friesennerz. Moderne Funktionsbekleidung unterscheidet sich von diesen Vorläufern jedoch in einem wichtigen Punkt: Sie ist multifunktionell - kann also nicht nur eine Sache gut, sondern mehrere.
Anfang der 90er Jahre kamen Regenjacken auf,
die über eine geheimnisvolle Eigenschaft verfügten: Sie waren atmungsaktiv. Die Jacken zuvor waren kaum mehr als Plastiksäcke mit Ärmeln; nun steckte eine Membran im Kleidungsstück, die Feuchtigkeit von innen nach außen transportieren sollte.
„Die Membran war im Bekleidungsbereich ein echter Meilenstein“, erzählt Stephanie Herrling vom Outdoor- und Radbekleidungs-Hersteller Vaude (aude.com): „Vor allem, da sich diese Technologie bald auch in der Alltagskleidung durchsetzte.“
Wie muss man sich so eine Membran vorstellen?
„Im Prinzip ist das eine extrem feine Kunststoff-Folie“, erklärt Herrling: „Sie ist halbdurchlässig: Durch ihre feinen Poren können zwar Wassermoleküle hindurch, aber nicht Wassertropfen.“ Schweiß und Kondenswasser, Feuchtigkeit also, die sich sonst über kurz oder lang am Körper und in der Unterkleidung sammeln würde, kann so nach außen dringen. Dennoch ist das Kleidungsstück absolut wasserdicht.
„Da die Membran sehr fein ist, muss sie dauerhaft fest mit der Oberstoff-Lage verbunden werden“, erklärt Herrling – daher rührt der Begriff „Laminat“. Membran-Materialien sind in unterschiedlichen Varianten erhältlich. Üblich ist das Zwei-Lagen-Laminat, auch „Oberstoff-Laminat“ genannt: Unter dem Verbund aus Oberstoff und Membran liegt lose ein Futterstoff, der die Membran zum Träger hin abdeckt, und vor Verschmutzung schützt.
Beim 2,5-Lagen-Laminat fehlt der Futterstoff,
stattdessen ist an der Innenseite der Membran ein Druck aufgebracht, der die Membran schützt und die Innenseite geschmeidiger werden lässt. Das Kleidungsstück wird durch das Fehlen des Futterstoffs auch leichter.
Beim dreilagigen Laminat sind alle Schichten – Oberstoff, Membran und Futterstoff – fest miteinander verbunden. Solche Materialien sind sehr strapazierfähig und in höchstem Maße wasserdicht, können aber etwas steifer ausfallen.
Neben dem Stoff selbst kommt es für die Wasserdichtigkeit
in hohem Maß auf Verarbeitung und Zubehörteile an. So müssen die Nähte verschweißt oder verklebt sein, und zudem spezielle Reißverschlüsse zum Einsatz kommen: Wichtig etwa auch an den Taschen.
Zwar ist Funktionskleidung mit Membran absolut wasserdicht, wasserabweisend wird sie aber erst durch eine außen aufgebrachte dünne Ausrüstung, besser bekannt als Imprägnierung. Deren Funktion hält jedoch nicht ewig, und muss hin und wieder aufgefrischt werden, da sich die Ausrüstung mit der Zeit abnutzt.
„Regenwasser perlt dann nicht mehr ab,
es bilden sich nasse Flecken im Oberstoff, und die Atmungsaktivität der Membran beginnt eventuell zu sinken“, erläutert Stephanie Herrling. „Nach-Imprägnieren kann man entweder mit speziellen Sprays, die eine schützende Schicht von außen auftragen, oder durch spezielle Waschmittel, die in einem extra Waschgang die wasserabweisende Funktion des Kleidungsstücks wiederherstellen.“
Hier empfiehlt Vaude-Sprecherin Herrling, unbedingt auf Fluorcarbon-haltige Imprägnierungen zu verzichten, da manche Fluor-Verbindungen gesundheits- und umweltschädlich sind, insbesondere bei Gebrauch zu Hause.
„Imprägnierungen auf Polyurethan- und Silikon-Basis
sind umweltverträglicher und leisten vergleichbare Ergebnisse. Beim Thema Erst-Imprägnierung erlaubt der Stand der Technik leider noch nicht den Verzicht auf per- und polyfluorierte Chemikalien, kurz PFC", so Herrling weiter.
Die Erst-Imprägnierung ab Werk wird dauerhaft auf das Textil aufgebracht, und hält erheblich länger als jede Nach-Imprägnierung. "Vaude arbeitet mit Hochdruck an der vollständigen Umstellung auf Fluorcarbon-freie Imprägnierungen“, erläutert sie.
Generell ist ein starker ökologischer Ruck in der Outdoor-Industrie
spürbar. Das süddeutsche Unternehmen Vaude achtet bereits seit mehreren Jahren auf eine ressourcenschonende Herstellung seiner Produkte. „Wir verwenden überwiegend nachhaltige Materialien, die meist auch dem strengsten ökologischen Textilstandard ‚Bluesign‘ genügen, ohne dass dabei funktionelle Einbußen bei den Produkten entstehen", erzählt Herrling: "Zudem sind alle unsere verwendeten Membranen schon jetzt zu 100 Prozent PFC-frei.“
Nicht immer muss es eine wasserdichte Jacke sein. Besonders wichtig beim Radfahren ist mindestens ebenso oft ein Windschutz. Diese Aufgabe übernehmen heute Jacken aus Softshell-Material, das je nach Ausführung bis zu 100 % winddicht sein kann.
„An unseren Radsport-Jacken kommt überwiegend Softshell-Material
zum Einsatz, das etwa 80 % des Winds vom Körper hält", : "Der große Vorteil des teilweise winddurchlässigen Stoffes ist seine hohe Atmungsaktivität. Das ist für bewegungsintensiven Sport wie Radfahren perfekt, denn der Wind, der es durch die Jacke schafft, wird abgeschwächt und sorgt für angenehme Kühlung.“
An kälteren Tagen haben sich Softshell-Jacken bewährt, die mit einer weichen Fleece-Innenseite versehen sind. Diese speichert die Körperwärme und sorgt für ein wohliges Tragegefühl. „Gerade an warmen Softshell-Jacken sind Belüftungs-Reißverschlüsse praktisch“, erklärt Dieter Schreiber von Radzubehör-Händler Grofa: „So kann man immer wieder mal frische Luft an den Körper lassen.“
Softshell-Jacken sind in der Regel weich und geschmeidig,
und dadurch angenehm zu tragen; meist sind sie durch eine Beschichtung auch wasserabweisend. „Bei einem richtigen Regenguss muss man aber eine Regenjacke überziehen“, so Schreiber weiter.
„Wichtiger als die Kleidungsstücke, die man mitnimmt, ist jedoch das, was man während der Fahrt am Körper trägt. Die Unterkleider seien vor allem absolut aus Wolle, und zwar nicht aus Halbwolle, sondern aus bester reiner Schafwolle“, schrieben einst die Radsport-Experten Victor Silberer und George Ernst.
Was schon 1885 im „Handbuch des Bicycle-Sports“ ein guter Tip war,
wird seit einiger Zeit wieder verstärkt von Herstellern und Radlern beherzigt. „Direkt auf der Haut getragen, ist Merino-Wolle ein wirklich optimales Material“, urteilt Dieter Schreiber vom Giro-Importeur Grofa (www.grofa.com).
Auch bei Vaude sind Sport-Unterhemden aus der weichen Wolle erhältlich, etwa das in Deutschland produzierte „Women’s Seamless Shirt“ aus Merino-Mischgewebe. „Im Unterschied zu synthetischen Fasern kann Merino-Wolle weitaus mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Auch in feuchtem Zustand fühlt sie sich trocken auf der Haut an und behält ihre wärmende Eigenschaft“, erklärt Stephanie Herrling.
Dass Merino-Wolle anders als die meisten synthetischen
Funktions-Materialien geruchsabweisend ist, gehört zu den weiteren Vorzügen der feinen Wolle – die übrigens, anders, als ein mancher befürchten würde, kein bisschen kratzt.
Zwischen Funktions-Unterhemd und Jacke ist noch viel Platz – etwa für ein Radtrikot.
„Nach dem klassischen Zwiebel-Prinzip ist das ein guter Midlayer, der zwischen Baselayer, also der direkt am Körper liegenden Schicht, und der Außenschicht getragen wird“, erklärt Vaude-Fachfrau Herrling. Wichtig sei, dass diese Zwischenschicht aus einem Material bestehe, das Feuchtigkeit gut weiterleitet.
„Neben synthetischen Materialien eignet sich auch hier Merino-Wolle,
vor allem dann, wenn neben der Funktion auch eine alltagstaugliche Optik gewünscht ist“, erläutert Grofa-Mann Schreiber.
Aufrecht sitzende Alltagsradler kommen mit normal geschnittenen Jacken klar; ein großes Plus ist ein doppelseitiger Reißverschluss, der sich auch von unten aufzippen lässt. So kann die Jacke nach den Seiten fallen und wird nicht von den Oberschenkeln hochgeschoben.
Bei eher sportlicher Haltung auf dem Rad
sieht die Sache anders aus, erläutert Dieter Schreiber: „Jacken, die für Sportler oder schnelle Berufspendler gestaltet sind, sind vorne am Saum etwas kürzer geschnitten, hinten dafür länger. So staucht die Jacke vorne nicht, und deckt hinten gut den Lendenbereich ab.“
Wichtig, so Schreiber, sind auch längere Ärmel und genug Bewegungsfreiheit im Schulterbereich. „Mit diesen Merkmalen wird eine Jacke wie das ,Softshell Jacket‘ von Giro zu einer echten Radjacke, auch wenn sie dezente Casual-Optik bietet.“
Für mildere Tage bietet sich etwa das „Cycling Wind Shirt“ an
– geschnitten wie ein Oberhemd, aber aus einem winddichten, wasserabweisenden Baumwoll-Material gefertigt. Dazu passt etwa die Regenhose im Jeanslook, die Vaude unter dem Namen „Homy Rainpants“ im Sortiment hat.
Womit wir zu einem wichtigen Punkt kommen: Im Alltag sind grelle Farben out, stilvolle Funktionsbekleidung ist gefragt. Im Sport sind ähnliche Entwicklungen erkennbar, was Giros neue Rennrad-Kollektion „New Road“ erkennen lässt: Hier treffen gedeckte Farben auf legere Schnitte.
Firmen wie Vaude und Giro gehen mit gutem Beispiel voran,
wenn es darum geht, zweckmäßige, elegante oder stylische Bekleidung für den Radler zu entwerfen – und bringen damit vielleicht Menschen zum Radfahren, die dem typischen Radler-Look bislang nichts abgewinnen konnten...
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