Legendärer italienischer Rahmenbauer verstorben

Dario Pegoretti: “Fatto con le mani“

Von Wolfgang Preß

Foto zu dem Text "Dario Pegoretti: “Fatto con le mani“"
| Foto: gitabike.com

26.08.2018  | 

Dario Pegoretti war in den vergangenen Jahrzehnten eine der prägenden Figuren des Rennrad-Rahmenbaus. Vor drei Tagen verstarb er in Verona unerwartet an Herzversagen, im Alter von 62 Jahren.

Pegoretti begann 1975 in der Stadt Trient in den Dolomiten eine Lehre
bei dem legendären Rahmenbauer Luigino Milani, der später auch sein ­Schwiegervater wurde. In den 80er Jahren baute Dario Rahmen unter anderem für Miguel Indurain, Marco Pantani, Stephen Roche, Claudio Chiappucci, Mario Cipollini, und Andrea Tafi.

Der amerikanische Pinarello-Importeur Giorgio Andretta, für dessen Firma GiTa Pegoretti Rahmen produzierte, überzeugte ihn, 1991 eine eigene Firma zu gründen. Ab 1998 verkaufte Dario in Caldonazzo, einem Vorort von Trient, Rahmen - vor allem aus Stahl, aber auch Aluminium, unter seinem eigenen Label.

Pegoretti schweißte als einer der ersten Europäer
seine Rahmen im TIG-Schutzgas-Verfahren, das besonders schonend mit dem Metall umgeht, sehr schöne Nähte ergibt, aber deutlich langsamer ist als die üblichen Methoden. Und immer wieder arbeitete Dario mit führenden Rohr-Herstellern wie Dedacciai und Excell an der Entwicklung neuer Materialien und Rohrsätze.

Ein heute noch legendärer Rahmen ist "Big Leg Emma", eine atemberaubende Kreation aus Oversize-Stahlrohren, mit Kettenstreben mit einem Durchmesser von 22 mm, um Sprints mit hohen Anforderungen standzuhalten. Auf dem Unterrohr fanden sich schlanke, langgezogene Sechsecke: Lasergeschnittene Rillen auf der horizontalen Achse, die interne Streben für höhere Steifigkeit versteckten.

Im Jahr 2007 erkrankte ­Pegoretti an Lymphdrüsenkrebs,
den er jedoch nach wenigen Monaten Behandlung überwinden konnte. Bis zu seinem Tod arbeitete er weiter in seiner Werkstatt in Caldonazzo, wo er um 350 Rahmen im Jahr produzierte.

Pegoretti entwarf für Kunden auch Farb- und Grafik-Designs, die er "Ciavate" nannte, und die von Jean-Michel Basquiat und Mark Rothko inspiriert waren. Seine Arbeit war zudem beeinflusst von seiner tiefen Liebe zur Musik: Die Namen und Graphiken für seine Rahmen enthielten oft Verweise und Zitate auf seine Lieblings-Musik- und Prosa-Stücke.

Der Rahmen "Great Googoolee Moogoolee" ist nach einem Lied
von Frank Zappa benannt; sein erfolgreichstes Modell "Responsorium" nach einem Album des argentinischen Bandoneón-Künstlers Dino Saluzzi.

“Fatto con le mani“, handgemacht - das war Dario Pegorettis Motto, auf das er stets besonderen Wert legte. Nun ruhen seine Hände; möge auch er in Frieden ruhen.
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