Das universelle Breitreifen-Rennrad

Gravel-Bike: Alter Wein in neuen Schläuchen?

Von Thomas Geisler

Foto zu dem Text "Gravel-Bike: Alter Wein in neuen Schläuchen?"
In den Anfangszeiten der Tour de France waren Teerstraßen die Ausnahme - und breitere Reifen unabdingbar. | Foto: Covadonga Verlag

07.12.2017  |  Viele träumen davon: Wie die Profis bei der Tour de France auf Asphalt dahinzugleiten, aber auch auf schlechten Pisten sicher unterwegs zu sein. Das ist die Idee des Gravel-Bikes: Es ist das universelle Breitreifen-Rennrad.

Das Prinzip des Gravel Racers ist recht alt, der Name aber relativ neu.
Gravel
ist das englische Wort für Schotter. Schon frühe Rennräder hatten breite Reifen und waren für losen Untergrund geeignet – kein Wunder, gab es doch noch kein glattes Asphalt-Straßennetz.

Wenn man nun breite Reifen mit meist hydraulischen Bremsen sowie modernen, leichten Rahmen und Komponenten verbindet, erhält man das neue Vielzweckrennrad.

Zwei Faktoren beschleunigen die aktuelle Entwicklung
bei den Gravel-Bikes. Erstens die Scheibenbremse: Ihre Vorteile sind die wetterunabhängig gute Funktion und, bei hydraulischen Systemen, die geringen Handkräfte bei ideal dosierbarer Bremskraft.

Zweitens etabliert sich der Tubeless-Reifen, der statt eines Schlauchs einen Schluck Dichtmilch enthält. „Die Milch schützt einerseits auch bei geringem Luftdruck vor Pannen und andererseits reduziert sie den Rollwiderstand, den die Reibung des Schlauchs im Reifen verursacht, um ein deutlich spürbares Maß“, weiß Peter Krischio vom Reifenhersteller und Tubeless-Vorreiter Schwalbe.

Mit Cyclocrossern gemein haben Gravel-Renner

die sportlichen Gene. Sie sind reinrassige Ganzjahres-Rennräder mit einer sportlichen oder langstreckentauglichen Sitzposition und tiefen Tretlagern. Auf der Straße überzeugen sie dank eines geringen Rollwiderstands der breiteren Reifen. Allerdings sind sie durch deren größere Stirnfläche bei hohen Geschwindigkeiten aerodynamisch im Nachteil gegenüber reinen Straßenrennrädern.

Hersteller mit eher sportlichem Hintergrund, wie Stevens oder Koga, bieten Allwege-Rennräder derzeit mit Reifenbreiten bis maximal 40 Millimetern an. Aktuelle Modelle sind etwa das „Tabor“ von Stevens (999 Euro) oder Kogas „Colmaro Allroad“ mit Aluminium-Rahmen und Carbon-Gabel (1899 Euro) sowie Einfach-Schaltung und Scheibenbremsen.

Interessant: Für mehr Steifigkeit setzt Koga

bei der Montage auf Steckachsen. „Mit neun Kilogramm ist unser Rad dennoch sportlich leicht“, sagt Harald Troost vom niederländischen Fahrradhersteller.

Andere Anbieter wie die US-Pioniere von Salsa haben dagegen Räder mit bis zu 50 Millimetern Reifenbreite im Angebot. „40 Millimeter Reifen sind für uns jedoch die beste Wahl in Sachen Durchschlagsschutz und Komfort“, meint Krischio von Schwalbe.

Einen guten Einstieg ins Gravel-Segment hat Haibike
aus Schweinfurt im Katalog: Das „Seet Alltrack 2.0“ für 1299 Euro ermöglicht Reifen bis zu 40 Millimetern Breite. Alternativ können auch schmalere Reifen und Schutzbleche montiert werden.

Gravel-Bikes eignen sich nicht nur zur deutlichen Erweiterung der Hausrunde, sondern auch für sportliches Reisen. Befeuert wird das vom Trend zum Bikepacking, also leichtes Gepäck in Taschen an Sattel, Lenker und Rahmen unterzubringen, die die Fahrdynamik des Rades nicht stark verändern.

„Sportliche Fahrer können abseits der Straße das Abenteuer
suchen, und neue Wege erkunden. Wir bieten mit unseren Taschen die passenden wasserdichten Produkte für den Wochenend-Trip. Die Trends Gravel-Racer und Bikepacking unterstützen sich gegenseitig“, sagt Peter Kühn vom Radtaschen-Spezialisten Ortlieb.

Der wichtigste Effekt der Neuerungen ist das Aufweichen der über Jahrzehnte festgeschrieben Radgattungen – und der Nutzen, den alle Radfahrer davon haben. Wer z. B. seinen Crosser zusätzlich im Sommer nutzen möchte, der kann auch herkömmliche Rennradreifen aufziehen.

Felt bringt mit der „VR“-Serie Komfort-Rennräder
ab 999 Euro auf den Markt, mit denen dank 30 Millimeter Reifenbreite auch mal Schotter- und Feldwege befahren werden können. „Der Rennrad-Gedanke steht dabei aber im Vordergrund. Es ist aus unserer Sicht kein Gravel-Racer“, stellt Martin Ohliger klar.

Die Vielfalt der Griff-Positionen am Rennradbügel schätzen andererseits immer häufiger auch Alltagsvielfahrer oder Radreisende.Hier  kommen sogenannte Endurance-Renner ins Spiel, die Scheibenbremsen, und etwas breitere Reifen haben als Rennräder, bei denen aber der Sitzkomfort im Mittelpunkt steht.

Die Position ist hier gemäßigter als bei Renner,
Gravel-Bike oder Crosser: Die Lenker der Endurance-Racer sind höher, etwas näher am Sattel, und haben mitunter eine ergonomischere Form. Viele Hersteller verbauen an ihren neuen Rennlenker-Rädern Aufnahmen für Gepäckträger, Schutzbleche und feste Beleuchtung, was ihre Tourentauglichkeit unterstreicht.

Das Angebot an diesen Rädern ist derzeit fast unüberschaubar vielfältig. Ein aktuelles Beispiel ist das „Speedster SP-300“ von Velotraum (ca. 3500 Euro). Eine Reifenbreite von maximal 60 Millimeter, ein Rennradlenker und eine aufrechte Sitzposition machen es zu einem Crossover-Fahrrad par excellence.

Aber nicht jeder Hersteller will den Trend
zum Gravel-Bike mitgehen. „Wir bauen seit 1993 Räder mit Rennlenkern und breiten Reifen für den robusten Einsatz. Klar könnten wir das jetzt auch Gravel-Bike nennen“, meint Stefan Stiener von Velotraum. Aber warum eigentlich nicht?

Thomas Geisler iat Redakteur beim "pressedienst-fahrrad".

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.08.2025Mit Highspeed über Schotterstraßen

Der US-Hersteller präsentierte sein erstes Race-Gravelbike vor ziemlich genau einem Jahr und stellte damit dem bekannten Checkpoint eine aerodynamisch optimierte, schnellere Variante zur Seite. Das

08.08.2025Neues Gravel-Racebike aus Italien

Wer die Seele des Gravelns im Rennsport verortet – oder jedenfalls darin, schnell und ausdauernd über unbefestigte Pfade zu flitzen –, wird sich dem Reiz des neuen Wilier Rave SLR nicht entzieh

02.04.2025Traumhafter Leichtbau-Renner im Aero-Trimm

Material von der Stange gibt es bei Parapera nicht. Der Carbonspezialist hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Vorzüge des Fasermaterials wirklich zu nutzen, sodass so ziemlich alle Modelle beim G

02.04.2025Renntauglicher Bolide zum attraktiven Preis

Wer Radrennen fahren oder jedenfalls schnell Rad fahren möchte, kommt heute um bestimmte Merkmale nicht herum. „Road Aero“ ist die Devise, nach der moderne Rennmaschinen gestaltet werden, und die

02.04.2025Allroad trifft Aero

Was ein modernes Rennrad ausmacht, zeigt Focus mit dem aktuellen Paralane. Merkmal Nummer eins ist die gut sichtbare Aero-Optimierung, die hier freilich nicht auf die Spitze getrieben wird. Tief anges

28.03.2025Elektroschaltung für Einsteiger

Mechanische Schaltsysteme haben am Rennrad ihre große Zeit hinter sich. Auf Tastendruck präzise die Gänge zu wechseln gehört heute ebenso dazu wie Carbonrahmen und Aero-Laufräder – und Rose zei

25.03.2025Cyclocross-Renner mit Straßen-Ambitionen

Die Kölner Marke ist in Sachen Gravel breit aufgestellt: Mit dem Hook EXT ist ein Stahlrad im Sortiment, das mit zwei Zoll breiten Walzen gefahren werden kann, und auch Titan- und Carbon-Modelle biet

25.03.2025Individueller Langstrecken-Renner mit viel Reifenfreiheit

Das Unternehmen aus Hard am Bodensee hat mit seinem Hotmelt-Carbon sowie Features wie linsenförmigen, dadurch besonders schlagfesten Oberrohren und speziellen Verstärkungen im Inneren der Rohre Pion

25.03.2025Preiswerter Renner mit Profi-Geschichte

Die Österreicher stellen ihren im Spitzensport erprobten Rennrahmen auch Kunden im unteren Preisbereich zur Verfügung und kreieren mit dem Revelator Alto Elite eine ausgesprochen interessante Rennma

25.03.2025Alles, was man sich wünscht – nur kein großer Name

Rennmaschinen werden immer teurer, und zwar nicht nur die der traditionsreichen, großen Marken. Heute sind viele Akteure am Markt, die man noch nicht lange kennt und die dennoch für ihre Highend-Bik

25.03.2025Superleichter Rahmen mit Aero-Features

Scott hat sein Leichtgewicht deutlich optimiert und stellt einen internen Rekord auf: Mit einem Rahmengewicht um 650 Gramm ist dies der leichteste Scott-Rahmen aller Zeiten; für die Gabel gibt der He

25.03.2025Farbenfrohes Topmodell

Der Hersteller vom Alpenrand stellt sein Topmodell in einer farbenfrohen Team-Variante vor, die in unterschiedlichen Ausstattungsvarianten verfügbar ist. Das bunte Bike ist mit der kompletten 2024er

Weitere Radsport-Markt-Nachrichten

21.08.2025Zweite Zündstufe des MIPS-Systems

Ein Sicherheits-Feature, das sich aus modernen Radhelmen nicht mehr wegdenken lässt, ist MIPS – kurz für Multi-Directional Impact Protection System. Die Funktionsweise ist schnell erklärt: Um z

14.08.2025Profi-Schuh mit festem Sitz

Ende der 1980er war die Schnürung am Radschuh gerade vom Klettriemen ersetzt worden, da kam Sidi mit einer einzigartigen Innovation heraus: dem „Tecno“-Drehverschluss mit einem extrem reißfest

14.08.2025Deltaform für viel Komfort

„Kurz und breit“ lautet das Rezept des italienischen Herstellers für einen Sattel, der für den Offroad-Einsatz optimiert ist – und zwar ebenso mit dem Gravelbike wie dem MTB. Mit 245 mm Län

14.08.2025Mit Highspeed über Schotterstraßen

Der US-Hersteller präsentierte sein erstes Race-Gravelbike vor ziemlich genau einem Jahr und stellte damit dem bekannten Checkpoint eine aerodynamisch optimierte, schnellere Variante zur Seite. Das

08.08.2025Neues Gravel-Racebike aus Italien

Wer die Seele des Gravelns im Rennsport verortet – oder jedenfalls darin, schnell und ausdauernd über unbefestigte Pfade zu flitzen –, wird sich dem Reiz des neuen Wilier Rave SLR nicht entzieh

07.08.2025Geschnürter Radschuh in modernster Ausführung

Ein extremes Leichtgewicht stellt Giro mit dem neuen Empire SLX vor, der in mittlerer Größe nur 195 Gramm pro Stück wiegen soll. Das Geheimrezept für ein solch geringes Gewicht ist die klassisch

07.08.2025Neuer Top-Radschuh mit geringem Gewicht

Sechs Jahre nach dem ersten Imperial stellt Giro sein sommerliches Topmodell in einer neuen Version vor. Der Giro Imperial 2 besteht nach wie vor aus luftigem TPU-Gewebematerial mit großflächigen

31.07.2025Schaltaugen richten mit maximaler Präzision

Abbey Bike Tools in Bend, Oregon ist die Adresse für all jene, die sich in den USA gefertigtes Werkzeug der Spitzenklasse wünschen. Die Tools der Marke sind in Sachen Funktion und Verarbeitungsquali

31.07.2025Tubeless-Zubehör für Pannenschutz und Pannenfall

Optimale Dichtwirkung verspricht sich der Schweizer Hersteller milKit von seiner innovativen Pannenflüssigkeit, zu deren Inhaltsstoffen Microfasern gehören – und die können laut milKit Löcher vo

15.07.2025Leistung und Nachhaltigkeit auch im Spitzensport

Immer leistungsstärkere und nachhaltigere Fahrradreifen: Pirelli ist weltweit der erste Hersteller von Fahrradreifen mit FSC®-zertifiziertem Naturkautschuk, deren Leistungen die bereits erstklassige

10.07.2025Leistungsstarker Radsatz mit Nähe zum Profi-Material

Unterhalb der Baureihe Vision Metron, die Top-Material für höchste Ansprüche und den Berufssport bereithält, hat der Zubehörhersteller seinen SC SL Disc Clincher TLR positioniert. In zwei Variant

10.07.2025Schneller mit goldenem UFO

Mit dem Air Atlas schließt Limar die Lücke zwischen Allround- und Aero-Road-Helm: Der mit insgesamt 17 Öffnungen gut belüftete Kopfschutz kann durch ein cleveres Feature seinen Charakter ändern u

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine