Judith Haudums Sporternährungs-Blog

Vitamin-Präparate: Ein notwendiger Boost im Winter?

Von Judith Haudum

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| Foto: sportnutrix.com

26.11.2021  |  Wenn die Tage kürzer werden und es draußen kalt ist, dann wollen sich viele Radfahrer/innen schützen und ihre Abwehrkräfte stärken, um trotz Grippe- und Erkältungszeit wieder ins Training einzusteigen. Auch meine Sportler/innen haben eine wohlverdiente Pause hinter sich: Die Profis hatten eine lange Saison, waren  in der Welt unterwegs, die Breitensportler/innen haben versucht, in der momentan schwierigen Lage noch den einen oder anderen Wettkampf zu bestreiten.

Alle hatten ihre Pause nötig, in der es auch darum ging,
dem Körper einen richtigen Schub zu geben, durch Abstand vom Trainingsalltag und Abstand auch von der "typischen" Sportnahrung - aber sicher kein Abstand von gesunder Ernährung. Auch wenn der Sport deutlich reduziert ist, hat die Ernährung in der trainingsfreien Zeit weiter eine wichtige Rolle, unter anderem, durch ausreichende Nährstoffzufuhr gut für die nächste Saison gerüstet zu sein.

"Aber die Ernährung liefert uns ja heute gar nicht mehr alle Nährstoffe, die wir brauchen!" Das höre ich immer weiter von Klient/innen, die zu mir in die Praxis kommen. Beim ersten Gespräch geht es vor allem darum, die Ernährungsgewohnheiten kennenzulernen, erst dann ist effektive Ernährungsberatung möglich.

Viele Radfahrer/innen bringen eine kleine Sammlung
von Vitamin-Präparaten ins Anamnese-Gespräch mit, die wir uns dann gemeinsam anschauen. Von einzelnen Vitaminen-Pillen bis hin zu Multivitamin- und Mineralstoff-Präparaten reicht die Palette. Oft frage ich mich, wie viel die Leute dafür jeden Monat ausgeben, denn solche Pillen gehen mesit ordentlich ins Geld. Da jammern viele Menschen, dass Obst und Gemüse jetzt so teuer sind, aber gleichzeitig geben sie viel Geld für solche Präparate aus.

Aber brauchen wir solche Präparate überhaupt? Gerade jetzt, wenn wir in der Kälte trainieren und viele um uns herum kränkeln? Wenn kaum frisches Gemüse und Obst aus dem Garten verfügbar ist? Das sind alles relevante und häufige Fragen, die mir gestellt werden - und viele kann man recht schnell beantworten.

Brauchen wir sie also, die Vitamin-Präparate?
Immerhin sehe ich, dass meine Radfahrer/innen wissen, dass ihr Körper nun einen erhöhten Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen hat. Wer regelmäßig und zum Teil sehr intensiv Sport betreibt, der braucht mehr Mikro-Nährstoffe, um gesund zu bleiben. Vielen haben deshalb Angst, dass die tägliche Ernährung den Mehrbedarf nicht abdecken kann.

Erstes Beispiel: Vitamin C - ein Nährstoff, den wir uns in der kalten Jahreszeit gerne als Pulver oder Tabletten besorgen, um damit unser Immun-System zu unterstützen. Dabei gäbe es doch so viele Lebensmittel, die uns ausreichend Vitamin C liefern - auch jetzt im Winter! Denn die Natur passt sich an die Gegebenheiten an. So liefern jetzt zahlreiche Wintergemüsesorten sehr viel an Vitamin C: Feldsalat, Chicoree, Grünkühl, rote Rüben, Karotten, Brokkoli - alles, was jetzt oder in den letzten Wochen noch gewachsen und nun reif ist, liefert Vitamin C.

Und neben Vitamin C liefern diese Gemüse
noch zahlreiche andere Chemikalien und Nährstoffe, die unser Körper braucht - in Mengen, die nicht schädlich sind. Auch die Befürchtung, unsere Nahrung hätte nun keine Nährstoffe mehr, ist meist unbegründet. Natürlich kommt es darauf an, was man isst und welche Qualität man am Teller hat. Sportler/innen, die kaum kochen, vieles abgepackt und vorproduziert kaufen, werden Probleme haben, den erhöhten Nährstoffbedarf zu decken.

Was also tun? Das ist eigentich einfach: Mit der Saison gehen, frisch kaufen und abwechslungsreich essen. Durch eine ausgewogene Ernährung gelingt es, das Abwehr-System zu stärken und gegen Infekte gewappnet zu sein. Präparate sind also nicht immer notwendig und nicht immer sinnvoll. Doch es gibt noch mehr Gründe, warum man mit Vitamin- und Mikronährstoff-Präparaten aufpassen sollte.

Warum trainieren Radfahrer/innen?
Die meisten, um besser zu werden... Besser wird man, inden sich der Körper an Belastungsreize gewöhnt und lernt, damit besser umzugehen. Das führt zu einem gewisser Stress für das Immun-System, der durch das regelmäßige Training entsteht. Training fordert unser Immun-System, das mit zunehmender Fitness stärker wird. Gleichzeitig verbessert sich die Leistungskurve, denn auch für einen Leistungszuwachs braucht es Reize. 

In Studien unter Sportler/innen hat man in den letzten Jahren jedoch festgestellt, dass die Einnahme von hochdosierten Vitamin-C- und -E-Präparaten die wichtige Trainingsanpassung reduziert - wenn die Zufuhr über die Nahrung ausreichend ist und kein Vitamin-Mangel besteht. Ähnliche Ergebnisse gibt es auch bei anderen Nährstoffen, meistens aus der Gruppe der Anti-Oxidanzien, die alle wichtig sind für das Immun-System.

Was bedeutet das nun für Radfahrer/innen?
Zunächste einmal: Die zusätzliche Einname von einzelnen Nährstoffen hat keinen weiteren Nutzen, sondern wirkt eher leistungsmindernd - sofern die Aufnahme über die Ernährung ausreichend ist.

Wenn aber nun um mich herum alle kränkeln, oder ich selber krank bin, brauche ich dann Vitamine? Natürlich will man so wenige Trainingstage wie möglich verpassen. Doch wenn wir das Bett hüten müssen, helfen Vitamin- und Mineralstoff-Präparate auch nicht, um schnell wieder auf die Beine zu kommen. Zwar haben zahlreiche Mikro-Nährstoffe eine wichtige Rolle im Immun-System, aber sie wirken vor allem dann, wenn sie in kleinen Mengen über die Nahrung aufgenommen werden. Im Krankheitsfall bringt eine hochdosierte Einnahme  keine schnelleren, signifikanten Effekte.

Was hilft, ist auch dann eine Ernährung mit
viel frischem Gemüse und Obst, die uns eine Vielfalt an Mikro-Nährstoffen bringt. So vermeidet man außerdem, zu viel von einem einzelnen Nährstoff aufzunehmen; man müsste sich schon sehr einseitig ernähren, um bei einzelnen Nährstoffen über das Ziel hinauszuschießen.

Aber wenn es doch zu viel wird, ist es dann gefährlich? Eine verbreitete Annahme ist, dass man garnicht zu viele Vitamine essen kann, dann was zu viel ist, scheidet der Körper wieder aus. Das hat seine Richtigkeit in etlichen Fällen, aber beispielsweise fettlösliche Mikro-Nährstoffe werden nicht so einfach ausgeschieden. Auch zu viel aufgenommenes Zink oder Magnesium verlässt die Organe nicht einfach so. Der Körper nimmt alles auf, filtert es, und lagert manches ab. Das kann dann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen, denn all die Stoffe, die wichtig sind für unsere Gesundheit, sind meist nur in kleinen Mengen richtig.

In großen Mengen ändert sich bei manchen
Mikro-Nährstoffen die Wirkungsweise, andere führen zu Komplikationen, und alle führen sie zu einer Mehrbelastung des Stoffwechsels - man kann es nicht oft genug sagen. Sportler/innen brauchen keine Mikro-Nährstoff-Präparate Es gibt nur wenige Ausnahmen, die eine Supplementierung notwendig machen: Ein Mangel ist nachgewiesen, es besteht ein gesundheitliches Problem, oder ein Bedarf ist so hoch, dass man ihn durch die Ernährung nicht abdecken kann.

Vitamin- und Mineralstoff-Präparate lassen sich also durchaus durch vollwertige Kost und viel Obst ersetzen, oder auch mal einen gesunden Smoothie zwischendurch. Das ist billiger - und geschmacklich besser als aufgelöste Brause-Tabletten oder hochdosierte Präparate. Zudem können Smoothies und Obstsalate durch Gewürze und andere Zutaten zu einer leckeren Zwischenmahlzeit werden. So tragen sie zum großen Ziel in der Saison-Vorbereitung bei: Den Körper ausreichend mit Nährstoffen versorgen, ohne ihn damit zu überhäufen - und so die Trainingsanpassung zu verhindern.

Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle zwei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.

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