Race-Across-America-Sieger im Interview

Strasser: “Aus eigener Kraft könnte ich das nie alles schaffen“

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Strasser: “Aus eigener Kraft könnte ich das nie alles schaffen“"
Christoph Strasser - fünfmaliger Sieger des Race Across America | Foto: Alexander Karelly

25.06.2018  |  (rsn) - Das Race Across America 2018 ist Geschichte. Mit seinem fünften Erfolg beim Ultraradrennen von der West- zur Ostküste der Vereinigten Staaten krönte sich der Österreicher Christoph Strasser zum erfolgreichsten Athleten des seit 1982 ausgetragenem Events über eine Gesamtlänge von knapp 5.000 Kilometern. Der 35-jährige Strasser egalisierte den Rekord des Slowenen Jure Robic. In einem exklusiven Interview gewährte der Steirer radsport-news.at einen Einblick in seine Gefühlswelt nach dem Rennen.

Herzlichen Glückwunsch zum Sieg. Wenn Sie auf Ihr Debüt vor neun Jahren zurückblicken, wie hat das Race Across America Ihr Leben geprägt?

Christoph Strasser: Das RAAM ist mittlerweile mein Leben geworden. Das bringt es auch ziemlich auf den Punkt. Die Erfahrungen und die Erfolge haben mich geprägt und das war nicht absehbar. Damals war es der große Traum, auf den ich hingearbeitet habe. 2009 war ich noch Student und auf der Suche, wie ich mein Leben gestalte und meine Richtung für die Zukunft finde. Jetzt ist daraus eine Marke entstanden, durch die Rennerfolge mit meinen Vorträgen, dem Buch, das jetzt bald erscheint, und meinem Shop. Unglaublich, wie das alles mitgewachsen ist.


Mit dem fünften Sieg haben Sie auch den Rekord von Jure Robic egalisiert. In Ihren Anfangsjahren sind Sie ja noch gegen ihn gefahren. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?

Strasser: Meine Erinnerungen an ihn sind sehr intensiv und stark. Ich bin zu einer Zeit in den Sport gekommen, wo er der absolute Dominator war. Es war unvorstellbar, dass ihn jemand besiegt. Wolfgang Fasching war einer seiner größten Widersacher. Diese Duelle waren legendär, bis Wolfgang sich zurückzog. Es war eine besondere Ehre, gegen Jure anzutreten, vor allem bei seinem Heimrennen in Slowenien. Ich habe mich immer dieser Herausforderung gestellt, aber auch immer verloren. Dennoch wusste ich, einmal kann ich ihn schlagen. Seine Verwandlung am Rad war extrem beeindruckend. Denn traf man ihn vor einem Rennen, war er einer der nettesten Zeitgenossen. Im Wettbewerb mutierte Jure zur Kampfmaschine und blendete alles aus, was links und rechts von ihm passierte. Sein Unfalltod hat mich extrem tief berührt und vor allem auch sein Begräbnis wenige Tage später in Kranjska Gora. Er war in Slowenien ein Nationalheld. Als ich seinen Angehörigen mein Beileid aussprach, nahm mich seine Freundin zur Seite und erzählte mir, wie oft Jure von mir sprach und welch große Zukunft er mir voraussagte. Das war sehr emotional für mich. Zum einen habe ich eines meiner Idole verloren, aber anderseits einen wegweisenden Spruch für die Zukunft erfahren.

Welche Unterschiede oder Ähnlichkeiten sehen Sie zwischen Jure und sich?

Strasser: Ich denke, man hat es auch in diesem Jahr wieder gesehen, dass ohne eine perfekte Betreuung das Leistungspotential nur schwer abzurufen ist. Das war sicherlich bei uns beiden so. Es ist einfach wichtig, dass ich mich rein auf das Radfahren konzentrieren kann. In den nötigen Pausen sitzen alle Handgriffe und ich kann mich auf jedes Mitglied perfekt verlassen. Das Team von Jure war ja dadurch geprägt, dass er und alle seine Betreuer beim Militär gearbeitet haben.

Bei mir funktioniert alles auf freundschaftlicher Basis. Ich bin aber vom Charakter auch völlig anders als Jure: ein harmoniebedürftiger, ruhiger Typ, der seine Emotionen und Schwächen zeigen kann. Ich brauche den Zuspruch und dazu stehe ich. Aus eigener Kraft könnte ich das nie alles schaffen, was ich als Teamplayer in dem Fall zu leisten im Stande bin. Ohne den Zuspruch vom Team geht es mir auch nicht gut. Jure war da völlig anders. Der hat den harten Umgang gebraucht und lieber mal etwas mit der Brechstange versucht. Aber auch das liegt nicht jedem. Es macht aber keinen Sinn, unsere Systeme zu kopieren. Jeder muss da seinen individuellen und passenden Ansatz finden.


Im Ziel haben Sie erklärt, die fünf Erfolge wären "fast and smooth“, also schnell und glatt passiert. War es wirklich so einfach?

Strasser: Nach acht Tagen am Rad ist mir kein besseres Wort eingefallen. Natürlich gab es immer Rückschläge und Probleme, die man mit den Erfolgen nur zu schnell vergisst, aber fünf Siege bei acht Teilnahmen sind beachtlich. Alleine die Durchschnittsgeschwindigkeit aller meiner Siege ist höher als der frühere Geschwindigkeitsrekord durch Pete Penseyres. Grundsätzlich ist es wirklich gut gelaufen in den letzten Jahren und die Misserfolge haben mir gezeigt, wo ich mich verbessern musste. Es hätte aber durchaus blöder laufen können.

Was waren Ihre schwierigsten Stunden beim Rennen in diesem Jahr?

Strasser: Grundsätzlich muss ich dazu vorher erklären, dass gerade in der ersten Rennhälfte am Tag meine Betreuer mich nicht direkt begleiten dürfen und vom Auto aus betreuen. Dies wird als Leap-Frog-Modus bezeichnet. Erst ab der Staatsgrenze zu Kansas ändert sich das und dann ist auch untertags die Begleitung durch mein Team erlaubt. Kurz bevor wir dort hin kamen, saß ich schon über drei Tage am Rad und kam richtig müde aus den Rocky Mountains raus. Nachdem zuerst Rückenwind herrschte, drehte dann der Wind und blies kräftig von der Seite. Die Straßen sind in keinem guten Zustand und ich fand mich plötzlich ohne Hilfe und ohne Leute, mit denen ich kommunizieren kann, in einer Krise. Vor Müdigkeit bin ich fast vom Rad gefallen und musste stehenbleiben. Ich wusste nicht mehr, in welche Richtung es weitergeht. Das war die absolute Hölle. Mein Glück war nur, dass die Straße da schnurgerade geht und du dich deshalb nicht verfahren kannst.


Wie bewältigen Sie solche Krisen?

Strasser: In solchen Momenten ist das Weitermachen bei mir irgendwie ein Automatismus. Wenn ich da auf mein Rad hinuntersehe, pickt meistens irgendein Motivationsspruch oder ein Aufkleber mit dem Ziel "RAAM Nr. 5" am Rahmen. Da weiß ich dann beim ersten Hinblick schon, ich bin bei diesem großen Rennen und dann ist es mir klar, dass ich ja nur einen kleinen Schritt bis zum nächsten Punkt habe, wo mein Team auf mich wartet. Gerade das Denken ist aber bei extremer Müdigkeit fast unmöglich. Mental kannst du dir dann selbst nicht helfen. Da gibt es kein Krisen-Management, sondern es geht nur über einen automatisierten Prozess.

Und ab wann denken Sie an das nächste Rennen, schon nach dem Aufstehen am Tag danach?

Strasser: Am Morgen danach denke ich sicher nicht an den nächsten RAAM-Start, wobei natürlich unter dem Tag schon die ersten Gespräche mit den Teammitgliedern stattfinden. Wir reflektieren dann das Rennen, was alles passiert ist und was wir eventuell verbessern können. Natürlich weiß ich auch dann die Tendenzen, wer für einen Einsatz im nächsten Jahr wieder bereit ist. Nach der Heimreise steht dann viel am Programm, aber definitiv keine Rennplanung. Erst wieder im Herbst, wenn ich meine Ziele für das nächste Jahr durchgedacht und definiert habe.


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