Tour: Froome vor Gesamtsieg, Aru bricht ein

Izaguirre triumphiert nach Bergab-Attacke in Morzine

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Izaguirre triumphiert nach Bergab-Attacke in Morzine"
Ion Izaguirre (Movistar) hat die letzte Alpenetappe der 103. Tour de France gewonnen. | Foto: Cor Vos

23.07.2016  |  (rsn) - Nach den Franzosen am Vortag durften auch die Spanier spät den ersten Tageserfolg bei dieser Tour de France bejubeln. Ion Izaguirre (Movistar) setzte sich auf einer verregneten 20. Etappe nach 146,5 Kilometern von Megève nach Morzine nach einer Attacke in der letzten Abfahrt vor Jarlinson Pantano (IAM/+0:19) durch. Platz drei ging an Vincenzo Nibali (Astana/+0:42). Die Favoriten hielten sich auf der letzten Alpenetappe größtenteils zurück – trotzdem gab es noch Veränderungen unter der ersten Zehn des Gesamtklassements. Chris Froome (Sky) steht vor der Schlussetappe nach Paris vor dem Gesamtsieg.

"Ich bin glücklich. Es ist großartig. Ich hatte heute gute Beine, aus dem Auto hat man mir gesagt: ‚Geh, geh!‘ Ich wusste, dass es schwierig werden würde, und dass man auf den richtigen Moment warten muss. Als Nibali dann attackiert hat, wusste ich, dass ich ihm folgen muss. Auf der Abfahrt musste ich dann natürlich Vollgas fahren, um die Etappe zu gewinnen. Es war ein sehr schöne Abfahrt. Wenn es regnet, sieht man auch die Kurven sehr gut, das hat mir geholfen", lautete das Fazit des 27-jährigen Izaguirre, der mit seinem Sieg die Bilanz einer ansonsten enttäuschenden Tour für Movistar rettete.

"Der Sieg war heute unser Ziel. Izaguirre war heute wirklich so gut. Berghoch ist er sehr gut gefahren, runter war er noch besser. Ein wirklich verdienter Sieg", lobte Teamchef Eusebio Unzue seinen Schützling, der den Sieg schließlich im strömenden Regen in der 12,5 Kilometer langen Abfahrt zum Ziel herausfuhr, das Froome gemeinsam mit seinen Teamkollegen 4:18 Minuten nach Izaguirre erreichte.

"Heute habe ich mich besser gefühlt als gestern. Während der Etappe habe ich eigentlich nicht an meinen Sturz gedacht, denn ich habe nicht unter meinen Verletzungen gelitten, da war nur ein bisschen Haut abgeschürft. Aber es war trotzdem ein schwerer Tag, mit einer langen Reihe von Anstiegen und Abfahrten… und vor allem mit dem Regen", kommentierte Froome die letzte schwere Kletterprüfung dieser Tour, die er schadlos überstand.

 Izaguirre war bereits in der Gruppe des Tages dabei, die sich bereits kurz nach dem Start bildete. Zunächst konnten sich fünf Fahrer um Wilco Kelderman (LottoNL) vom Feld lösen – in der Folge schafften immer mehr Fahrer den Sprung nach vorne. Im Col des Aravis (2. Kategorie), dem ersten Anstieg des Tages, wuchs die Gruppe schließlich auf 37 Fahrer an.

Neben den üblichen Verdächtigen der vergangenen Tage wie Pantano, Nibali, Julian Alaphilippe (Etixx-Quick-Step), Pierre Rolland (Cannondale-Drapac), Thomas De Gendt (Lotto Soudal) und Ilnur Zakarin (Katusha) befanden sich auch Patrick Konrad (Bora-Argon 18) und Roman Kreuziger (Tinkoff), der Elfte der Gesamtwertung, in der Gruppe.

Viel Harmonie kam allerdings nicht auf. Der Vorsprung der Ausreißer wuchs nie über sechs Minuten und in der Abfahrt vom Col de la Ramaz verabschiedeten sich 46 Kilometer vor dem Ziel schließlich Alaphilippe und Pantano von ihren Begleitern. Das Duo erarbeitete sich zwei Minuten an Vorsprung, doch im Anstieg zum Col de Joux Plane konnte zunächst Nibali und schließlich auch Izaguirre  aufschließen.

Alaphilippe konnte Nibalis Tempo nicht mehr folgen, Pantano dagegen biss sich fest und stürzte sich zusammen mit dem Tour-Sieger von 2014 und Izaguirre in die finale Abfahrt. Steil, technisch anspruchsvoll und nass wurden die letzten Kilometer zur besonderen Herausforderung. Pantano kam beinahe zu Fall,  Izaguirre dagegen stürzte sich wagemutig in die Tiefe und meisterte die letzte Herausforderung dieser Tour am besten. Der Zweite der Tour de Suisse enteilte seinen Begleitern und fuhr die letzten Kilometer als Solist durch den auf ihn einprasselnden Regen nach Morzine hinein.

Auch für Kreuziger lohnte sich am Ende die Beteiligung an der "Fluchtarbeit". Der Tschechische Meister, der zunächst auch noch auf die Dienste von Weltmeister Peter Sagan bauen konnte, erreichte als Tagessechster mit 1:44 Minuten Rückstand das Ziel und arbeitete sich noch von Platz zwölf auf Rang zehn im Klassement vor. Der größte Sprung gelang jedoch Joaquim Rodriguez (Katusha).

Bei seiner letzten Tour de France wollte es der 37-jährige Spanier am Col de Joux Plane noch einmal wissen, attackierte aus der Favoritengruppe heraus und erreichte 48 Sekunden vor den anderen großen Namen den Zielstrich. In der Gesamtwertung wurde seine Leistung noch mit einer Verbesserung von Platz elf auf Sieben (+6:58) belohnt – zeitgleich vor dem Achten Louis Meintjes (Lampre-Merida).

Ansonsten versuchte nur Bauke Mollema (Trek-Segafredo) noch eine Attacke aus der Gruppe, scheiterte nach seinem Sturzpech vom Vortag allerdings bereits nach einigen Kilometern am Col de Joux Plane und büßte weiter Zeit ein. Der Niederländer fiel noch aus den Top Ten und wird die Tour als Elfter beenden.

Viel schlimmer erwischte es noch Fabio Aru (Astana): Als Gesamtsechster in die Etappe gegangen, verlor der kleine Sarde gleich zu Beginn des letzten Anstiegs des Tages den Anschluss und erreichte abgeschlagen 17:38 Minuten hinter dem Tagessieger das Ziel. In der Gesamtwertung rutschte Aru noch auf Platz 13 (+19:20) zurück.

Unter den ersten fünf im Klassement gab es dagegen keine Verschiebungen mehr. Der 31-jährige Froome wird auf der Schlussetappe in Paris seinen dritten Tour-de-France-Sieg nach 2013 und 2015 entgegen fahren. "Es war so eine Erleichterung, heute die Ziellinie zu überfahren! Es war so viel Arbeit, und es ist so schwer, das Gelbe Trikot zu verteidigen. Eine dritte Tour de France zu gewinnen, ist einfach unglaublich", strahlte Froome. Neben dem Titelverteidiger werden Romain Bardet (Ag2r/+4:05) und Nairo Quintana (Movistar/+4:21) das Podium komplettieren.

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