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17.06.2016 | (rsn) – Auf der Königsetappe der 80. Tour de Suisse hat Tejay van Garderen (BMC) zurückgeschlagen. Der US-Amerikaner, der nach eigenen Angaben mit den gestrigen extremen Wetterbedingungen nicht klar gekommen war und im Schlussanstieg nach Amden viel Zeit eingebüßt hatte, zeigte sich auf dem mit 224,3 Kilometer längsten Abschnitt von Arbon nach Sölden zum Rettenbachferner von seiner besten Seite und feierte auf 2.669 Metern Höhe einen souverän herausgefahrenen Solo-Sieg.
Van Garderen, der vor der Etappe 2:09 Minuten Rückstand auf den Spitzenreiter Wilco Kelderman (LottoNL-Jumbo) hatte, ging rund 4,5 Kilometer vor dem Ziel aus der Favoritengruppe heraus in die Offensive, fuhr schnell einen Vorsprung von rund 20 Sekunden heraus und verteidigte diesen bis ins Ziel.
"Ich habe heute gemischte Gefühle, denn ich wusste, dass ich die Form hatte, hier die Gesamtwertung zu gewinnen, aber gestern habe ich einen großen Fehler gemacht. Aber zumindest kommen wir jetzt zumindest mit etwas Greifbarem aus diesem Rennen raus“, sagte van Garderen nach seinem zweiten Saisonsieg. Mit dem Fehler meinte der 27-Jährige die wohl unpassende Kleidung, denn nach der 6. Etappe hatte er über die Eiseskälte vor allem in den Abfahrten geklagt. "Ich erfror fast am Klausenpass. Das war komisch, denn üblicherweise finde ich mich bei schlechtem Wetter bestens zurecht.“
Am Freitag hatte van Garderen dagegen vor allem mit dem letzten Berg zu kämpfen. “Eine solch harte Steigung wie von Sölden hinauf zum Rettenbachferner musste ich in meiner Karriere noch nie bewältigen“, meinte der BMC-Kapitän.
Auf dem Österreich-Abstecher der Schweiz-Rundfahrt waren die Profis erstmals seit Tagen nicht im Regen unterwegs – lediglich in den hohen Lagen des elf Kilometer langen und im Schnitt zehn Prozent steilen Schlussanstiegs regnete es teilweise. "Es war definitiv schön, heute auch mal Sonnenschein zu haben – zumindest haben wir nicht in den Abfahrten gefroren“, freute sich nicht nur van Garderen über die deutlich besseren Bedingungen.
Davon hatte Kelderman allerdings nichts, denn der Niederländer fiel schon acht Kilometer vor dem Ziel aus der Favoritengruppe heraus und bemühte danach auf sich allein gestellt um Schadensbegrenzung. Die gelang dem 25-Jährigen bei schließlich 2:07 Minuten Rückstand auf den Etappensieger mehr schlecht als recht.
Damit fiel Kelderman vom ersten auf den neunten Rang der Gesamtwertung zurück, Neuer Träger des Gelben Trikots, das übrigens am dritten Tag in Folge seinen Besitzer wechselte, ist der Franzose Warren Barguil (Giant-Alpecin), der mit 16 Sekunden Rückstand auf van Garderen zeitgleich hinter dem Kolumbianer Miguel Angel Lopez (Astana) ankam. “Ich wollte nicht mitgehen, als van Garderen angriff. Ich dachte, dass es noch zu weit vom Ziel weg sei“, sagte der Giant-Alpecin-Kapitän im Ziel und freute sich über das Gelbe Trikot: “Die Tour de Suisse ist ein bedeutendes Rennen. Und seit meiner Zeit als Junior war es mir nie mehr vergönnt, ein Leadertrikot auf meinen Schultern zu haben.“
Barguil hatte sich 3,5 Kilometer vor dem Ziel auf die letztlich vergebliche Jagd nach van Garderen gemacht und dabei noch Begleitung von Lopez und dessen Landsmann Jarlinson Pantano (IAM) erhalten. Pantano wurde schließlich Vierter (+0:31) noch vor dem US-Amerikaner Andrew Talansky (Cannondale/+0:33), Titelverteidiger Simon Spilak (Katusha/+00:43), dem dreimaligen Gesamtsieger Rui Costa (Lampre-Merida/+0:49) sowie dem Spanier Ion Izaguirre (Movistar/+0:49).
Gut möglich, dass es bereits am Samstag zum nächsten Führungswechsel kommt, denn im Gesamtklassement liegt Barguil lediglich 21 Sekunden Vorsprung vor Lopez und 24 vor Talansky. Vor allem aber der viertplatzierte Jon Izaguirre (+0:55), der Sechste Spilak (Katusha/+1:07) und sogar van Garderen (BMC/+1:31), der sich vom 13. auf den siebten Rang verbesserte, könnten dem als eher schwächeren Zeitfahrer bekannten Barguil gefährlich werden. Und auch der Brite Geraint Thomas (Sky/+1:36) und Kelderman (+1:39) sind noch nicht ganz aus dem Rennen.
Der neue Spitzenreiter sieht dem Zeitfahren von Davos allerdings zuversichtlich entgegen: “Ich habe in den vergangenen Wochen viel mit der Zeitfahrmaschine trainiert. Zudem ist die Distanz kurz. Das wird keine großen Abstände geben“, prognostizierte Barguil.
Während der Kampf um den Gesamtsieg bis zum letzten Tag spannend bleibt, ist der um die Bergwertung bereits entschieden. Der Niederländer Antwan Tolhoek (Roompot) wiederholte erfolgreich die Taktik des Vortags und sicherte sich aus einer Ausreißergruppe heraus nach 85 Kilometern den Bergpreis der Ehrenkategorie am Hochtannbergpass. Danach ließ sich der 22-Jährige wieder in das Feld zurückfallen und kam mit 50 Minuten Rückstand ins Ziel. Nun muss Tolhoek nur am Sonntag heil in Davos ankommen, um den größten Erfolg seiner Laufbahn feiern zu können.
Tolhoek hatte mit etwas Verspätung zu Mathias Brändle (IAM) und Iljo Keisse (Etixx-Quick-Step) aufgeschlossen, die sich schon früh eine lange Flucht begeben hatten, bei der die Ausreißer maximal zwölf Minuten an Vorsprung zugestanden bekamen, ehe LottoNL-Jumbo, Giant-Alpecin und Astana das Tempo anzogen.
Am Fuß des Schlussanstiegs in Sölden waren davon immerhin noch sieben Minuten übrig, die dann aber schnell zusammenschmolzen. Während Keisse schnell die Kräfte verließen, wehrte Brändle sich noch bis 5,5 Kilometer vor Ziel als Solist und verabschiedete sich schließlich mit einem Wheelie von der Spitze des Rennens. Danach übernahmen die Favoriten das Kommando.
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