Interview mit dem neuen Deutschen Meister

Greipel: „Es passt alles mit Blick auf die Tour"

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André Greipel (Lotto-Belisol) ist am Sonntag erstmals in seiner langen und erfolgreichen Karriere Deutscher Meister auf der Straße geworden. | Foto: ROTH

24.06.2013  |  (rsn) – André Greipel (Lotto-Belisol) ist am Sonntag erstmals in seiner langen und erfolgreichen Karriere Deutscher Meister auf der Straße geworden. Im Interview mit Radsport News schildert der 30-Jährige die entscheidenden Momente des Rennens und wirft bereits einen Blick auf die am Samstag beginnende Tour de France.

Nach vielen Anläufen hat es gestern in Wangen endlich mit dem ersten Meistertitel geklappt. Mischt sich in Ihre Freude auch Erleichterung?

Greipel: Auf jeden Fall. Ich hatte ja anfangs überlegt, ob ich überhaupt starten sollte. Dann habe ich mir aber den Kurs angeschaut und festgestellt, dass ich doch gute Chancen haben würde.

Trotzdem war es nicht unbedingt ein Sprinterkurs – sind Sie selber ein bisschen überrascht über ihren Sieg?

Greipel: Nicht unbedingt. Ich habe ja in anderen Rennen wie zuletzt bei der Ster ZLM Toer gezeigt, dass ich ganz gut über die Berge komme.

War das Profil doch nicht ganz so schwer?

Greipel: Gestern spielte der Rennverlauf mir sicherlich in die Karten. Lange Zeit lief alles doch sehr kontrolliert ab. Sibi hat sich dann auf den letzten 25 Kilometern wieder in meinen Dienst gestellt und dann sogar noch selbst seine Chance gesucht. Ich glaube, jeder hätte ihm den Sieg gegönnt, aber er war dann im Finale doch schon ein bisschen angeknockt.

Sie sagten nach dem Rennen, dass Sieberg die Hälfte des Trikots gehöre – hätten Sie ohne seine Attacke nicht gewonnen?

Greipel: Argos war ja mit sechs Fahrern in der Verantwortung und auf den letzten 25 Kilometern, als sich die Spitzengruppe bildete, war auch kein rechter Zug drin. Da hat Sibi dann attackiert und Argos in Zugzwang gebracht und Simon Geschke musste dann das Loch zufahren. Ohne Sibis Attacke wäre das Rennen im Finale ganz anders verlaufen - das ist sicher.

War Siebergs Aktion abgesprochen?

Greipel: Wir haben natürlich vor und auch in dem Rennen viel miteinander gesprochen, aber seine Attacke hat sich dann einfach aus der Situation heraus ergeben.

Als sie in der Spitzengruppe auf die flache Zielgerade einbogen - waren Sie sich da ihres Sieges sicher?

Greipel: Nein, überhaupt nicht. Noch 500 Meter vor dem Ziel waren fast alle auf einer Höhe und es war ein ziemliches Kuddelmuddel. NetApp, die gestern auch richtig stark und mit drei Mann vorne vertreten waren, hat dann den Sprint für Paul Voß angezogen. Ich war an seinem Hinterrad und hatte eine gute Position, um mich gegen Ciolek und Degenkolb durchsetzen zu können.

Wieso das Hinterrad von Voß und nicht das von Degenkolb oder Ciolek?

Greipel: Auch das ergab sich aus der Situation heraus. Es war einfach die günstigste Position und ich habe da einfach meinem Instinkt vertraut.

Ist der Sieg denn ein Indiz für Ihre Erfolgsaussichten für die Tour de France?

Greipel: Nein, das nicht. Eine Meisterschaft hat ihre eigenen Gesetze. Im letzten Jahr habe ich ja auch nicht gewonnen und habe dann bei der Tour drei Etappensiege eingefahren. Dieses Jahr hat’s halt endlich mit dem Titel geklappt. Bei der Tour werde ich dann aber zu 100 Prozent auf meinen Sprintzug bauen können. Meine Form ist da, der Sprintzug funktioniert. Es passt also alles.

Wie stark schätzen Sie Ihren Sprintzug im Vergleich zum letzten Jahr ein?

Greipel: Es sind ja dieselben Fahrer, die dafür gesorgt haben, dass wir letztes Jahr die Sprintankünfte der Tour dominiert haben und ich hoffe, dass es dieses Jahr genauso sein wird. Argos und Orica treten ebenfalls mit starken Sprintzügen an. Bei Quick Step muss man abwarten. Aber Cavendish braucht nicht unbedingt einen Zug, der kann das auch, indem er sich das Hinterrad eines Konkurrenten sucht.

Sind Sie genauso stark wie bei der Tour 2012?

Greipel: Das hoffe ich doch. Wobei Form ja relativ ist. Dazu kommen noch Glück und die Fähigkeit, innerhalb einer Zehntelsekunde die richtige Entscheidung zu treffen. Ich hoffe, dass mir das dieses Jahr auch wieder gelingt.

Der Kreis der Konkurrenten ist noch größer geworden – neben Cavendish, Sagan und Goss starten auch Kittel und Degenkolb. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Chancen auf Etappensiege?

Greipel: Natürlich wird es wieder ein hartes Stück Arbeit, aber ich bin zuversichtlich, dass das klappt.

Wer sind Ihre schärfsten Konkurrenten?

Greipel: Cavendish und Sagan natürlich, aber ich habe auch großen Respekt vor Marcel Kittel. Argos-Shimano wird auf den Flachetappen komplett für ihn arbeiten und ich stelle Marcel auf eine Stufe mit Cavendish und Sagan.

Gleich auf der 1. Etappe auf Korsika kommt es zum Aufeinandertreffen der Sprinter. Der Etappensieger wird zudem mit dem Gelben Trikot belohnt. Motiviert das zusätzlich?

Greipel: Wer bei der Tour nicht motiviert an den Start geht, hat den falschen Beruf.

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