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12.07.2012 | La Toussuire (dapd) - Seit 27 Jahren wartet die "Grande Nation" nun schon auf einen Toursieger. 1985 hatte Bernard Hinault letztmals die Marseillaise auf den Pariser Champs Elysees erklingen lassen und den letzten von insgesamt 36 französischen Siegen geholt. Dabei wird es bleiben, ein Ende der Durststrecke ist auch anno 2012 nicht in Sicht. Ein französischer Radprofi ist jedenfalls im vorderen Bereich des "Classement general" der 99. Tour de France weit und breit nicht zu finden. Wie gut, dass wenigstens Thomas Voeckler den Franzosen regelmäßig im Juli ein wenig Freude bereitet.
Auf der 10. Etappe schlug wieder die Stunde des kleinen Elsässers. Voeckler holte sich auf der ersten Alpenetappe den dritten Tour-Tagessieg seiner Karriere, doch diesmal war es ein ganz besonderer. "Wir haben als Mannschaft viel erdulden müssen. Mein Sieg war eine Antwort, keine Rache", sagte Voeckler.
Damit sprach der 33-Jährige die Dopingvorwürfe gegen sein Europcar-Team an, die pünktlich zum Start der Frankreich-Rundfahrt publik wurden. Von verbotenen Infusionen, vom Missbrauch von Kortikoiden während der letzten Frankreich-Rundfahrt war da die Rede. Eine Voruntersuchung der französischen Gesundheitsbehörde (OCLAESP) läuft bereits. Beim Start in Lüttich wurde die Mannschaft ausgepfiffen. "Das hat sehr weh getan", sagt der 33-Jährige.
Pfiffe gegen Voeckler, das wäre im vergangenen Jahr noch undenkbar gewesen. Zehn Tage - genauso viele wie im Jahre 2004 übrigens - war er da im Gelben Trikot durchs Land gefahren. Urplötzlich träumte Frankreich gar wieder von einem Toursieg. Am Ende reichte es immerhin noch zum vierten Platz, noch vor dem zweimaligen Gesamtsieger Alberto Contador (Saxo Bank), der inzwischen eine Dopingsperre absitzt.
Doch dieser Sieg sei nicht vergleichbar mit den zehn Tagen in Gelb. "Was ich letztes Jahr geschafft habe, war wirklich großartig. Aber ich fahre, um Rennen zu gewinnen. Das setzt Emotionen frei", erklärte Voeckler. Diese Emotionen durfte er schon 2009 und 2010 bei seinen ersten beiden Etappensiegen genießen.
Dass er überhaupt wieder auf das große Podium der Tour steigen durfte, stand vor der Rundfahrt noch in den Sternen. Eine Sehnenentzündung im Knie hatte ihn im Juni außer Gefecht gesetzt. Das sei kein Bluff gewesen, betonte Voeckler: "Einige Leute sagen, dass ich nichts gehabt hätte. Das stimmt nicht. Ich habe acht Tage zuhause gesessen und nichts gemacht. Ich sage immer, was ich fühle und wenn man mich fragt, sage ich, wie es wirklich ist. Es interessiert mich nicht, was die Leute über mich sagen."
Vielleicht interessiert ihn aber, was die französischen Blätter nach seinem Triumph zu Papier gebracht hatten. "Voeckler, Prince de la renaissance", war im Tour-Organ "L'Equipe" zu lesen. Frankreich hat seinen Liebling wieder ins Herz geschlossen. Und da er bei seinem Etappensieg auch gleichzeitig das Gepunktete Trikot des Führenden in der Bergwertung eroberte, durfte er gleich zweimal auf das Podium steigen und "Monsieur Hinault" die Hand schütteln. Nur auf seinen legitimen Nachfolger muss der fünfmalige Toursieger weiter warten.
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