Tour-Blog / Teil 17

Teamwechsel, bitte!

Von Guido Scholl

Foto zu dem Text "Teamwechsel, bitte!"
Andy und Fränk Schleck (Leopard-Trek) bei der 98. Tour de France | Foto: ROTH

24.07.2011  |  (rsn) - Eigentlich hatte Cadel Evans bereits im Herbst 2009, als er mit einem brillanten Auftritt die Straßenweltmeisterschaft gewann, den Ruf eines Mannes abgelegt, der einfach keine wichtigen Radrennen gewinnen kann. Doch ein genauer Blick aufs Palmares des Australiers konnte dies bisher nicht verbergen: Evans ist meistens stark, wenn es darauf ankommt, aber meistens nicht Erster. Trotz Siegen beim Fleche Wallône, der Tour de Romandie undsoweiter.

Ganz gleich, wie die Karriere des 34-Jährigen noch verläuft - mit einem Tour de France-Sieg und einem WM-Titel in der Tasche ist er zu einem echten Champion aufgestiegen. „Ewiger Zweiter“? Klar: 2007 und 2008 musste sich Evans denkbar knapp als Tour-Vize geschlagen geben. Hinzu kamen die Plätze drei und vier in der Endabrechnung der Spanien-Rundfahrt 2009 und 2007.

Im Giro d’Italia war Rang fünf in 2010 das beste Resultat des Mannes, der 2002 schon einmal das Rosa Trikot getragen hatte, es dann aber auf der letzten Bergetappe schwer ausgeknockt abgeben musste. Und just vor der gerade zu Ende gegangenen Frankreich-Rundfahrt beendete Evans die Dauphiné als Gesamtzweiter. Zum vierten Mal nach 2009, 2008 und 2007.

Ein böses Omen? Mitnichten, wie sich zeigte. Denn Zahlenspiele und Statistik sind das Eine. Die Randnotizen das andere. Evans hatte in seiner Karriere viel Sturzpech, was beispielsweise sein komplettes Gastspiel beim Telekom-Team 2003 und bei T-Mobile 2004 überschattete. In 2010 hatte der Australier auch bereits das Gelbe Trikot der Tour auf den Schultern und am Berg sogar den späteren Gesamtsieger Alberto Contador distanziert, ehe er mit gebrochenem Ellenbogen aus dem Spiel war. Evans furh die Tour zwar noch zu Ende - aber die Hoffnungen aufs Gelbe musste er begraben.

Jetzt ist Evans endlich mal ohne Malheur durchgekommen. Und prompt gewann er die Große Schleife. Er ist umso mehr ein Siegertyp, weil er sich diese Gelegenheit in den Alpen nicht nehmen ließ und epochale Attacken Andy Schlecks und Contadors beinahe im Alleingang entschärfte. Ein „Ewiger Zweiter“ ist Evans garantiert nicht mehr.

Diesen Titel muss sich aber nun ein anderer gefallen lassen. 2007 ging Andy Schlecks Stern kometenhaft auf, als er Gesamtzweiter des Giro wurde, nur von Danilo di Luca distanziert. Dass der knabenhafte Luxemburger auch bei der Tour erfolgreich sein würde, sickerte durch, als er im Jahr darauf am Anstieg nach Alpe d’Huez dem späteren Sieger, Carlos Sastre, den Rücken frei hielt und Dritter der Etappe wurde. Zeitgleich mit dem Zweiten, Samuel Sanchez.

Mittlerweile hat Schleck seinem Giro-Ehrenplatz drei weitere zweite Gesamtränge bei der Frankreich-Rundfahrt hinzugefügt. Nebenbei: Eine beeindruckende Bilanz. Kann er nicht gewinnen? Dieses dreiste Urteil darf niemand fällen, der die Galibier-Etappe am vergangenen Donnerstag verfolgt hat. Da hat der jüngere der Schleck-Brüder sogar mal taktisch geglänzt.

Genau da liegt offenbar dennoch das Problem. Die beiden Luxemburger sind teils nicht Profi genug, um einen ganz großen Sieg einzufahren. Dabei geht es nicht um so menschliche Züge wie die flatterhaften Abfahr-Auftritte. Sondern vielmehr um das Verpassen von Streckenbesichtigungen und zu sehr aufeinander fixiertes Auftreten. Mit etwas mehr Gefühlskälte hatte der Doppel-Schleck wohl auch Philippe Gilberts Lüttich-Bastogne-Sieg im April dieses Jahres unmöglich gemacht.

Einerseits ist die gegenseitige Rücksichtnahme der Brüder rührend. Aber andererseits wünscht sich wahrscheinlich mancher Betrachter, dass beide ihre großen Anlagen einmal völlig ungehemmt ausspielen. Ein Teamwechsel eines Schlecks hin zu einem anderen Spitzenteam wäre für den internationalen Radsport ein Gewinn.

Vielleicht fragt das „neue“ Stapleton-Team ja mal bei Frank nach. Die Truppe braucht dringend einen Tour-Kapitän. Und dann kämpfen im kommenden Jahr Schleck und Schleck gegen Evans, Contador und Co.

Endlich.

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.07.2011Die Spezialisten profitierten von den Regeländerungen

(rsn) – Mit neuen Punktesystemen für die Berg- und die Sprintwertung wartete die 98. Auflage der Tour de France auf. Für viele Fahrer, die sich in der Vergangenheit auf diese Sonderwertungen konze

23.07.2011Krönung oder drittes Drama?

(rsn) - Und täglich grüßt das Murmeltier? Mit ein wenig Übung könnte Cadel Evans ganz gut den mürrisch-melancholischen Bill Murray aus dem Kultfilm geben. Zum Abschluss der Tour zumindest könn

22.07.2011Comeback der „frischen Franzosen“

(rsn) - Die meisten Franzosen lieben ihre Tour de France bedingungslos, aber diese Liebe war zuletzt auch ein gespanntes Verhältnis. Seit dem Festina-Skandal 1998 hatten es Profis aus dem Gastgeberla

20.07.2011Doping: Wandel oder Weichspüler?

Wie geht´s uns denn heute? Zumindest einmal pro Tour muss die Gretchenfrage gestellt werden: Ist der Radsport auf dem Weg aus der Talsohle oder kurbelt er weiter eifrig auf die Klippe zu und stürzt

19.07.2011Ganz oder gar nicht!

(rsn) - „Ganz oder gar nicht“, möchte man all den Medien zurufen, die sich wegen der Doping-Skandale vergangener Jahre immer mehr aus der Radsport-Berichterstattung zurückziehen. Und am liebsten

18.07.2011Warum nicht in den Hindukusch?

Montpellier (rsn) - Die Tour de France hat nicht umsonst den Beinamen "Tour der Leiden weg". Jedes Jahr versuchen die Organisatoren, für Fahrer und Begleittross neue Schikanen einzubauen. Die erste

17.07.2011"It´s not a f...ing strip club"

(rsn) - Fabian Cancellara war sauer. Und wenn jemand mit dem Spitznamen "Spartakus" sauer wird, duckt sich selbst die aufdringliche Journalistenmeute weg. Vor wenigen Minuten hatte der Schweizer erst

15.07.2011Klöden ist mein „härtester Tour-Profi"!

(rsn) - Die Kollegen von der Zeitung mit den vier Buchstaben küren Johnny Hoogerland (Vacansoleil-DCM) heute zum härtesten Profi der Tour. Der Niederländer ist, im Gegensatz zu anderen Bild-Helden,

14.07.2011Sprinter-Rechenspiele

(rsn) - Mann, Mann, Mann! Haben Sie das gestern gesehen? Da hat sich der Mark Cavendish nicht die Wurst vom Brot nehmen lassen. Da konnte Andre Greipel seinem Ex-Kollegen nicht den Schaum vom Guiness

13.07.2011Noch ein "beschissenes kleines Rennen"?

(rsn) - „Greipel ziiiiiieht an Cavendish vorbei und gewinnt seine erste Tour-de-France Etappe!“ - ein schöner Ausruf, oder? Darauf haben deutsche Fans lange warten müssen. Man könnte sich glatt

09.07.2011Wer trägt die Verantwortung?

(rsn) – Die Tour ist die Tour, das wichtigste Radrennen der Welt. Die Pedaleure riskieren bei der Grand Boucle Kopf und Kragen und das im wahrsten Sinne des Wortes. So viele Stürze wie in dieser er

07.07.2011Peloton durch's Nadelöhr

(rsn) - Die Tour de France hat sich in den vergangenen Jahren wohltuend etwa vom Giro d’Italia abgehoben. Die Organisatoren der ASO legten nämlich bei der Streckenplanung ind er Regel keinen besond

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

25.04.2024Teutenberg jubelt zum Auftakt der Tour de Bretagne

(rsn) - Nachdem er in seinen ersten drei U23-Jahren vergeblich einem UCI-Sieg hinterhergejagt war, eilt Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg. Nach sei

25.04.2024Lechner sorgt für den ersten UCI-Saisonsieg einer Deutschen

(rsn) – Corinna Lechner vom Bundesliga-Team Wheel Divas aus Berlin hat für den ersten Saisonsieg einer deutschen Frau auf UCI-Niveau gesorgt. Die 29-Jährige, die am 14. April bereits Dritte beim e

25.04.2024Romandie-Prologsieger Zijlaard bricht sich Ellenbogen

(rsn) – Nur zwei Tage nach seinem Triumph im Prolog der Tour de Romandie (2.UWT) hat Maikel Zijlaard (Tudor) einen heftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Wie der 24-jährige Niederländer gegenüb

25.04.2024Bike-Aid: Dorn hat in der Türkei das Bergtrikot “ziemlich save“

(rsn) – Das deutsche Kontinental-Team Bike Aid ist weiterhin der Aktivposten der Türkei-Rundfahrt (2.Pro). Am fünften Tag in Folge war die saarländische Equipe in der Ausreißergruppe vertreten

25.04.2024Nys krönt ersten Ausreißversuch der Karriere, Lipowitz Vierter

(rsn) – Ein 21-Jähriger Crossspezialist aus Belgien hat bei der Tour de Romandie (2.UWT) für die nächste Überraschung gesorgt. Thibau Nys (Lidl - Trek) entschied auf der 2. Etappe die erste Berg

25.04.2024Jakobsen gibt Andresen Grünes Licht für den zweiten Etappensieg

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat mit dem zweiten Tagessieg in Folge seine Führung in der Gesamtwertung der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) ausgebaut. Der 21-jährige Däne

25.04.2024Drei Bergankünfte, Sprints, Windkantengefahr & Teamzeitfahren

(rsn) – Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden nach Asturien an den Atlantik und zur abschließenden Bergankunft an den L

25.04.2024Zwölf deutsche Profis auf vorläufiger Startliste des Giro d´Italia

(rsn) – Insgesamt zwölf deutsche Profis werden nach aktuellem Stand am 4. Mai den 107. Giro d’Italia in Angriff nehmen, wie aus der vom Veranstalter RCS Sport veröffentlichten vorläufigen Start

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)