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02.12.2025 | (rsn) – Wenige Monate vor seinem Profidebüt bei Bora – hansgrohe bestritt Ben Zwiehoff im Juli 2020 bei der polnischen Rundfahrt Dookola Mazowsza (2.2) sein erstes UCI-Rennen auf der Straße. Fünfeinhalb Jahre später ist der Essener ein gestandener Berufsradfahrer, der in der Saison 2025 an sieben WorldTour-Rundfahrten teilgenommen hat. Auf eine solche Anzahl kommt keiner seiner Teamkollegen.Â
Dieser Tatsache war sich der ehemalige Mountainbiker allerdings gar nicht bewusst, als RSN an ihn herantrat. “Ich hatte das gar nicht auf dem Schirm, dass ich die meisten WorldTour-Rennen gefahren bin. Wenn ich drüber nachdenke, waren nur Tour of the Alps, Burgos und Münster nicht WorldTour“, ließ der 31-Jährige seine Saison Revue passieren. ___STEADY_PAYWALL___
Zwiehoff vergaß dabei allerdings die Surf Coast Classic (1.1) Ende Januar und die Deutsche Meisterschaft, wodurch er auf 13 Renntage unterhalb der höchsten Kategorie kam. Denen gegenüber stehen die Tour Down Under, das Cadel Evans Great Ocean Road Race, die UAE Tour, Paris-Nizza, die Tour de Romandie, die Donostia San Sebastian, die Hamburg Cyclassics, die Vuelta a Espana und die Tour of Guangxi – insgesamt 65 Renntage in der WorldTour.
Ben Zwiehoff (Red Bull - Bora - hansgrohe) beim Critérium Dauphiné (2.UWT) zwischen Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) und seinem Kapitän Florian Lipowitz | Foto: Cor Vos
Zum Vergleich: Kapitän Primoz Roglic hat 2025 insgesamt lediglich 54 Tage im Rennsattel verbracht, der Tour-de-France-Dritte Florian Lipowitz kam sogar nur auf 52. “Das hat mir signalisiert, dass das Team in den großen und wichtigen Rennen auch mich setzt. Das ist immer schön“, resümierte Zwiehoff nach seiner bisher aktivsten Saison. “Ich habe dieses Jahr einiges an Erfahrungen sammeln können, die wertvoll für die Zukunft sein werden. Ich habe gerade im Helferjob noch mal einen Riesenschritt gemacht. Dabei haben mir natürlich Rennen wie Paris-Nizza und die Dauphiné mit Lipo extrem weitergeholfen“, fügte er an.
Als Kletterer, der Defizite in der Explosivität hat, liegt der Job des Domestiken nah. Doch Zwiehoff hat auch eigene Ambitionen. “Meine Rolle habe ich selbst so definiert: Helfer bei den großen WorldTour-Rennen und dann vielleicht hier und da mal eine eigene Chance bei kleineren WorldTour-Rennen“, erklärte er, um sich direkt zu korrigieren: “Wobei es ‘kleiner‘ heute gar nicht mehr gibt. Aber bei den frühen und späten WorldTour-Rennen bin ich mehr als happy und dankbar, dass ich das alles so machen kann.“
Bei seinem letzten Saisonauftritt durfte Zwiehoff dann auch tatsächlich auf höchstem Niveau noch mal auf eigene Rechnung fahren. Nach vier Flachetappen der Tour of Guangxi stand am fünften Tag die kurze, aber sehr knackige Bergankunft in Nongla auf dem Programm. Am Ende des 15 Prozent steilen Schlusskilometers kam er als Achter ins Ziel, was zu Platz neun im Gesamtklassement führte. “China war aus der Sicht der eigenen Resultate das Highlight des Jahres. Wir hatten dieses Ziel dieses Saison auch von Anfang an für mich gesteckt. Ich sollte dort selbst die Chance bekommen, um auf GC zu fahren“, erklärte Zwiehoff.
Seinen persönlichen Rekord in der WorldTour verpasste er damit knapp. “Es war das zweite Mal, dass ich auf dem Level in die Top Ten fahren konnte“, blickte Zwiehoff auf den achten Platz bei der UAE Tour 2023 zurück. Diese Bestleistung hätte in China fallen können. “Ich bin mir sehr, sehr sicher, dass da mit ein bisschen mehr Glück und besserem Timing noch durchaus ein paar mehr Plätze weiter vorn drin gewesen wären. Aber es hat gezeigt, dass ich auf jeden Fall nah dran bin und vielleicht in Zukunft auch an den Top 5 kratzen könnte. Das wäre ein schönes Ziel. Ich denke, dass das in den nächsten Jahren auch meine Rolle sein wird“, prognostizierte er.
Ebenfalls eigenen Ambitionen nachjagen durfte Zwiehoff Ende April bei der Tour of the Alps (2.Pro) und eine Woche später bei der Tour de Romandie (2.UWT). Bei beiden Rundfahrten sollte er allerdings nicht auf Klassement fahren. “Da habe ich mich ein bisschen in den Breakaways ausgetobt. Gerade die Romandie war extrem hart, da war ich aufgrund des Bergtrikots gefühlt jeden Tag vorn dabei“, erzählte der Kletterer, der rundfahrtübergreifend bei neun Massenstartetappen fünfmal in der Gruppe des Tages war.
Bei der Tour de Romandie gewann Zwiehoff das Bergtrikot. | Foto: Cor Vos
Dabei kam die Gruppe nur einmal durch, wobei er sich am Schlusstag der Tour of the Alps für seinen Team- und Fluchtgefährten Emil Herzog einsetzte, der Dritter wurde. Einen persönlichen Erfolg konnte Zwiehoff mit dem Sieg in der Bergwertung in der Romandie verbuchen. “Das Bergtrikot war für mich ein absolutes Highlight. Da habe ich mich extrem drüber gefreut, so etwas in meiner Karriere gesichert zu haben. In meinem ersten Jahr habe ich immer gedacht, dass es cool wäre, das auch mal zu schaffen, als ich sah, wie andere Fahrer auf dem Podium Trikots bekamen. Diese Saison hat es dann geklappt und das hat extrem viel Spaß gemacht“, so Zwiehoff.
Die aggressive Fahrweise war für den Deutschen in dieser Saison ansonsten atypisch, gefallen hatte sie ihm trotzdem: “Es hat mir auch mal Spaß gemacht. Da ging es viel weniger darum, auf Krampf Etappensiege einzufahren. Es wäre schön gewesen, wenn wir öfter durchgekommen wären, aber das ist kein Selbstläufer im heutigen Radsport. Ich kann mir durchaus vorstellen, noch mal auf ein Bergtrikot zu fahren, wenn es das Rennen hergibt, was bei den Ansprüchen bei uns im Team eher selten der Fall ist“, sagte Zwiehoff.
Die Ansprüche im Team sind seit dem Einstieg von Red Bull als Hauptsponsor, dem Transfer von Roglic und dem Durchbruch von Lipowitz nicht kleiner geworden. “Wir sind eines der absolut weltbesten Teams. Das sind wir schon immer gewesen, aber seit dem Einstieg von Red Bull haben wir viel mehr Wucht dahinter“, berichtete Zwiehoff mit Blick auf die Vuelta a Espana, bei er als Helfer von Jai Hindley seine vierte dreiwöchige Rundfahrt bestreiten durfte. “Es ist nicht selbstverständlich, da überhaupt in die Grand-Tour-Aufgebote reinzukommen.“
Das hatte Zwiehoff am eigenen Leib erfahren, denn 2024 ging er erstmals in seiner Profikarriere leer aus bei der Vergabe der Grand-Tour-Tickets. “Die Vuelta war für mich sportlich ein Highlight. Eine Grand Tour ist immer wichtig für die eigene Entwicklung. Ich habe es letztes Jahr schmerzlich vermisst, deswegen war ich jetzt dankbar und extrem glücklich, dass ich wieder eine fahren konnte“, meinte er.
Bei der Vuelta schaffte Zwiehoff es, sich ganz auf den Radsport zu konzentrieren. | Foto: Cor Vos
Dass die letzte dreiwöchige Rundfahrt des Jahres wegen der Pro-Palästina-Proteste eine ist, die nicht nur aus sportlichen Gründen in die Geschichtsbücher eingegangen ist, spielte für Zwiehoff keine Rolle. “Die Umstände bei der Vuelta waren natürlich speziell, aber ich bin ehrlich: Ich habe einfach nur genossen, dass ich dabei war. Ich hatte extrem viel Spaß und habe in alter Ruhrpott-Manier weiter gearbeitet wie ein Irrer und versucht, mich für meinen Leader aufzuopfern. Und ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen“, bilanzierte er.Â
Als die Rundfahrt am letzten Tag in Madrid wegen der massiven Proteste dann doch noch abgebrochen wurde, stand für Zwiehoff Platz 51 zu Buche, sein Kapitän Hindley verpasste das Podium als Vierter knapp.
So schloss er seine fünfte Profisaison zufrieden ab, eine sechste im Red-Bull-Trikot wird folgen. “Ich will nächstes Jahr so weiter machen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich extrem gut entwickelt habe im Team und dass ich meine Nische gefunden habe“, befand er. Die Rolle des Helfers wird 2026 durch den Transfer von Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel sicher noch gefragter sein als bisher.
Das ist für Zwiehoff aber kein Problem. “Sie macht mir sehr viel Freude und bringt dem Team auch was, wenn ich gut drauf bin. Daran will ich anknüpfen. Vielleicht gelingt mir irgendwann noch eine Top 5 im GC oder natürlich mein erster Profisieg. Da warte ich auch noch drauf, aber das kann und soll man auch nicht erzwingen“, sagte er und fügte an: “Deswegen mache ich einfach so weiter und stelle mich in den Dienst meiner Kapitäne, wie ich es immer mache. Wir haben ja durchaus genug im nächsten Jahr und ich freue mich darauf, dann – hoffentlich auch offensiv – helfen zu können.“
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