RSNplusNach 16. Tour-Etappe dennoch zufrieden

Visma und Vingegaard probieren alles – und gewinnen nichts

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Visma und Vingegaard probieren alles – und gewinnen nichts"
Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) zeigte auch am Ventour kenine Schwächen | Foto: Cor Vos

22.07.2025  |  (rsn) – An Willen mangelte es Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) auf dem Weg zum Mont Ventoux jedenfalls nicht. Am Ruhetag hatte er erklärt, den Tour-Sieg noch nicht abgeschrieben zu haben, Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) nochmal angreifen zu wollen. Auf der 16. Etappe ließ er am “Riesen der Provence“ seinen Worten Taten folgen. Gleich drei Mal attackierte er den Weltmeister auf der zweiten Hälfte des Anstiegs – allein der Erfolg blieb aus.

Stattdessen war es der Mann in Gelb, der mit einem Sprint auf den finalen 200 Metern nochmal zwei Sekunden auf seinen Dauerrivalen gutmachte. Allerdings sah Pogacar dabei nicht ganz so locker aus wie an den vergangenen Tagen, als er nahezu spielerisch die Berge dominierte. Ob er allerdings wirklich noch durch Halsschmerzen und verstopfter Nase beeinträchtigt war, scheint durchaus fraglich.

___STEADY_PAYWALL___Es wäre für die Konkurrenz zumindest noch beunruhigender, wenn ihnen der 26-Jährige auch angeschlagen noch den Schneid abkaufen könnte. Mit neuer Rekordzeit für die Südwestauffahrt des Ventoux, das kommt noch dazu. Allerdings lagen auch Vingegaard, Primoz Roglic und Florian Lipowitz (beide Red Bull – Bora – hansgrohe) noch unter dem alten Bestwert von Iban Mayo aus dem Jahr 2004.

Visma schöpft aus Niederlage “Motivation“ und “Hoffnung“ 

“Ich bin mit meiner Leistung heute zufrieden, da ich das Gelbe Trikot verteidigen konnte, wie wir es uns am Morgen vorgenommen hatten“, sagte Pogacar, der einräumte, dass es dieses Mal allerdings nicht ganz so einfach war. “Es gab einige Stellen, an denen ich zu kämpfen hatte, aber heute gab es nur einen Anstieg – eine einzige Anstrengung mit Vollgas von unten bis oben. Die nächsten Tage werden mehrere Anstiege haben und für den Körper anstrengender sein.“

Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike, li.) ließ am Mont Ventoux nichts unversucht, um Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) in Bedrängnis zu bringen. | Foto: Cor Vos

So zufrieden wie Pogacar war allerdings auch Vingegaard – was im ersten Moment schon etwas seltsam klingt, da er im Vergleich zum Slowenen sein Ziel, Zeit gutzumachen, nicht erreichen konnte. “Ich fühlte mich heute sehr gut. Ich bin zufrieden über meine Beine und die Attacken. Ich habe zwar keine Zeit gewonnen, dafür aber Motivation“, so Vingegaard am Eurosport-Mikrofon. 

Ein kleines Aber fügte sein Sportlicher Leiter Grischa Niermann gegenüber RSN, letztlich kam aber auch er zu dem gleichen Schluss. “Natürlich sind wir am Ende des Tages immer nur zufrieden, wenn wir gewonnen haben oder zumindest Zeit auf das Gelbe Trikot gutmachen konnten. Aber unter diesen Umständen schauen wir auf uns selbst und die Jungs haben heute wirklich ein fantastisches Rennen abgeliefert.

Die “Umstände“ betrafen Matteo Jorgenson, der noch nicht zu seiner Form aus der ersten Tour-Woche zurückgefunden hat, im Etappenverlauf aber eine größere Rolle hätte spielen sollen. “Wir wollten am Anstieg zum Ventoux ein hartes Tempo anschlagen und für den oberen Teil des Aufstieges auch Jungs weiter vorne platziert haben. Matteo fühlte sich heute nicht zu 100 Prozent fit und aus diesem Grunde haben wir die anderen Jungs miteingespannt.“ 

Auf den letzten Kilometern der 16. Tour-Etappe lieferten sich die beiden Top-Stars ein packendes Duell. | Foto: Cor Vos

Victor Campenaerts und Tiesj Benoot waren in der großen Ausreißergruppe des Tages und konnten am Ventoux in unterschiedlichen Phasen des Berges noch Hilfestellung leisten. Deswegen “hat uns der heutige Tag natürlich Hoffnung gegeben“, so Niermann, der auch in diesem Punkt mit Vingegaard übereinstimmte.

Pogacar: “Nicht mal Superman hätte das geschafft“

Nicht zuletzt sprach auch Ausreißer Benoot bei Eurosport dieselbe Sprache. “Unser Plan ist aufgegangen“, erklärte er, was seinerseits schwer zu erklären war, da weder ein Zeitgewinn auf Pogacar noch der Etappensieg heraussprangen. “Wir wollten Pogacar natürlich unter Druck setzen.“ Wenigstens das dürfte zumindest in Teilen gelungen sein, war der Mann in Gelb doch relativ früh isoliert. “Es war gut, dass wir zwei Jungs in der Gruppe hatten. Ich konnte dann arbeiten, als Simon (Yates) und Sepp (Kuss) fertig waren. Als Jonas angegriffen hatte, war Victor sofort da. Wir haben heute alles gegeben. Mit dem Gegenwind ab Chalet Reynard (eine Skistation an der Baumgrenze, d. Red.) wussten wir, dass ein Helfer ein großer Vorteil ist.“

Ein Vorteil, aus dem Visma keinen Gewinn ziehen konnte. Denn die Fakten im Kampf um den Tour-Sieg sprechen eine andere Sprache. 4:15 Minuten hat Vingegaard Rückstand auf Pogacar. Und wieder eine Chance weniger, diesen noch aufzuholen. “Er konnte bei jeder meiner Attacken mitgehen. Ich denke nicht, dass ich heute irgendwelche Schwächen bei ihm gesehen habe“, ließ Vingegaard dann auch wissen. Dass sich daran etwas an den nun noch ausstehenden zwei Bergetappen ändern soll, zeichnet sich aktuell nicht ab.

In der letzten Kurve schüttelte der Mann im Gelben Trikot seinen stärksten Gegner bei dieser Tour noch ab. | Foto: Cor Vos

Das weiß auch der Gejagte. “Jonas hat heute wirklich alles gegeben. Sie [Visma] sind als Team ziemlich gut gefahren, aber zum Glück hatte ich bessere Beine als 2021 und konnte mit Jonas' Tempoverschärfung mithalten“, sagte Pogacar. “Mein Hauptaugenmerk lag auf Jonas und sonst nichts.“ Also auch nicht auf dem Tageserfolg, was dem doch unter permanentem unter Siegeshunger leidenden 21-fachen Tour-Etappensieger nur schwerlich abzunehmen ist. Nach drei Teilstücken ohne Jubler an der Ziellinie kann der Hungerast kaum mehr fern sein. “Einen Kilometer vor dem Ziel sahen wir die Sieger, aber nicht einmal Superman hätte sie einholen können.“ Was immer noch die Frage offenlässt, warum Pogacar es nicht selbst versucht hat.

Und so bleibt von der Etappe am legendären Berg aus sportlicher Sicht nicht viel mehr übrig, als dass auch die Alpen mit ihren langen Anstiegen wahrscheinlich nicht dazu taugen, das Rennen um den Gesamtsieg aus Visma-Sicht nochmal spannend zu machen. Aber “wir haben den Leuten zu Hause eine gute Show geboten“, sagte Benoot. Immerhin.

Mehr Informationen zu diesem Thema

11.08.2025Gianetti: “Pogacar zu sein ist schön, aber nicht einfach“

(rsn) – Mauro Gianetti, der Teamchef von UAE – Emirates – XRG hat sich zum kommenden Rennkalender und zum Vuelta-Verzicht von Tadej Pogacar geäußert. Am Ende der Tour de Pologne sagte er gege

03.08.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrerinnen / 9. Etappe

(rsn) - 154 Profis aus 22 Teams sind am 26. Juli im westfranzzösischen Vannes zur 4. Tour de Frances Femmes (2.WWT) angetreten, darunter sieben Deutsche, sechs Schweizerinnen und drei Österreicheri

31.07.2025Pogacar “langweilte“ sich in der zweiten Hälfte der Tour

(rsn) – Neben dem Gelben und dem Gepunkteten Trikot sicherte sich Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Tour de France 2025 vier Etappensiege. Den letzten davon feierte der Slowene ab

30.07.2025Häuslicher Unfall: Vauquelin bricht sich den Knöchel

(rsn) – Spätestens mit seinem siebten Platz bei der 112. Tour de France hat Kevin Vauquelin (Arkéa – B&B Hotels) auch international seinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöht. Die Freude über das

29.07.2025Zwei Tage nach der Tour: Aldag verlässt Red Bull - Bora - hansgrohe

(rsn) – Rolf Aldag und Red Bull – Bora – hansgrohe gehen ab sofort getrennte Wege. Das kündigte der deutsche WorldTour-Rennstall überraschend zwei Tage nach Ende der Tour de France an, bei der

28.07.2025Lipowitz: “Manchmal ist der Sportchef nicht glücklich mit mir“

(rsn) - Nur Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) konnte in den Bergen der Tour de France ansatzweise mit Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und dem Zweitplat

28.07.2025Im Überblick: Alle Gelbe Karten bei der 112. Tour de France

(rsn) – Drei Tage hat es gedauert, bis die UCI-Jury bei der Tour de France 2025 zum ersten Mal hart durchgegriffen und Gelbe Karten verteilt hat: Im Sturzchaos von Dünkirchen bestraften die Kommiss

28.07.2025Angst, natürlicher Schwund und finanzielle Ungleichheit

(rsn) – Die Tinte in den Radsport-Geschichtsbüchern ist gerade erst getrocknet: Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat bei der Tour de France 2025 im direkten Duell mit seinem großen Widersa

28.07.2025Vingegaards “merkwürdige Tour“ endet auf Platz zwei

(rsn) – Das große Ziel hat Visma – Lease a Bike bei dieser Tour de France verfehlt. Jonas Vingegaard musste in Paris mit der zweiten Stufe auf dem Podium vorliebnehmen, der ewige Rivale Tadej Po

28.07.2025Montmartre wirklich einmalig? Prudhomme zieht Tourmalet-Vergleiche

(rsn) – Es sollte etwas Besonderes werden. Immerhin gab es ja auch einen runden Geburtstag zu feiern. Vor 50 Jahren endete die Tour de France erstmals in Paris auf den Champs-Élysées, Ex-Telekom-T

28.07.2025Bericht: Pogacar verzichtet auf die Vuelta

(rsn) – Nach der Tour de France wird es wohl nicht zum nächsten Duell der beiden Topfahrer Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) und Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike) bei der Vuelta a España

28.07.2025Ineos: Von “Null Toleranz“ zu “Null Transparenz“

(rsn) - Es hat etwas gedauert, bis die ARD-Reportage “Geheimsache Doping: Im Windschatten“ auch bei der Tour de France ankam. Aber auf der Pressekonferenz der 20. und vorletzten Etappe sah sich sc

Weitere Radsportnachrichten

09.10.2025Il Lombardia wechselt wieder die Fahrtrichtung

(rsn) - Il Lombardia (1.UWT) wechselt bei seiner 119. Austragung wieder die Richtung. Wie zuletzt 2023 führt das "Rennen der fallenden Blätter" von Como nach Bergamo, nachdem es in den "geraden Jahr

09.10.2025Astana verlängert mit López, Cofidis mit Buchmann und Izagirre

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

09.10.2025“Form stimmt, Beine sind gut“: Pogacar bereit für Il Lombardia

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Team – Emirates – XRG) will seiner bisher wohl stärksten Saison der Karriere am Samstag mit einem fünften Sieg bei Il Lombardia (1.UWT) das Sahnehäubchen aufset

09.10.2025Die Aufgebote für das 119. Il Lombardia

(rsn) – Zum 119. Mal steht Il Lombardia im Rennkalender. Das der fünf Monumente des Radsports führt diesmal über 241 Kilometer von Como nach Bergamo, wobei die Strecke fast identisch mit der von

09.10.2025Neue UCI-Helmregeln ab 2027

(rsn) - Die UCI hat die angekündigten Helmvorschriften nun festgeschrieben. Nachdem in dieser Saison einige Teams bei Straßenrennen Helme einsetzten, die eher an Zeitfahrmodelle erinnern, will der R

09.10.2025Deutschland Tour 2026 vom 19. - 23. August

(rsn) - Mit der Veröffentlichung des UCI-Rennkalenders steht fest: Die kommende Deutschland Tour (2.Pro) wird vom 19. – 23. August 2026 stattfinden. Die nationale Rundfahrt führt dann über wieder

09.10.2025Verabschiedet sich Evenepoel mit einem Sieg von Soudal?

(rsn) – Remco Evenepoel will sich mit einem “guten Ergebnis“ von seinem Team Soudal – Quick-Step verabschieden. Der Zeitfahrwelt- und -europameister, der in der kommenden Saison das Trikot von

09.10.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

08.10.2025Deutschland bekommt 2026 eine zweite UCI-Rundfahrt

(rsn) – Am Dienstag präsentierte der Radsportweltverband UCI den Rennkalender der Männer für 2026 und wie jedes Jahr gibt es auch in der neuen Saison zahlreiche Änderungen. Die wichtigsten fasst

08.10.2025Cyclocross bei Olympia 2030 immer wahrscheinlicher

(rsn) – Seit vielen Jahren versucht der Radsportweltverband UCI die Disziplin Cyclocross ins Olympische Programm zu hieven. Und die Anzeichen verdichten sich, dass dies bei den Winterspielen 2030 ta

08.10.2025Del Toro peilt beim Gran Piemonte 15. Saisonsieg an

(rsn) – Nach seinem mal wieder in überragender Manier herausgefahrenen Sieg bei Tre Valli Varesine (1.Pro) gönnt sich Tadej Pogacar (UAE – Team Emirates – XRG) vor Il Lombardia (1.UWT) , dem l

08.10.2025“Ein bisschen so wie damals, als Eddy Merckx Rennen fuhr“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Team – Emirates – XRG) tritt in dieser Saison dominanter denn je auf. Vor seinem letzten Einsatz bei Il Lombardia (11. Okt.), wo er seinen fünften Triumph in Seri

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Gran Piemonte (1.Pro, ITA)