Von Reusser in Wahlheimat auch mental geschlagen?

Vollering nach Suisse-Niederlage “leer - Zeit zu schlafen“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Vollering nach Suisse-Niederlage “leer - Zeit zu schlafen“ "
Demi Vollering (FDJ - Suez) im Trikot der Punktbesten bei der Tour de Suisse, das sie stellvertretend für Marlen Reusser (Movistar) trug. | Foto: Cor Vos

15.06.2025  |  (rsn) – Völlig ausgepumpt und mit tiefer Enttäuschung in der Miene saß Demi Vollering (FDJ – Suez) nach der Schlussetappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) in Küssnacht am Absperrgitter. Die Niederländerin musste sich auf der Schlussetappe der viertägigen Rundfahrt durch ihre Schweizer Wahlheimat – Vollering wohnt inzwischen in Luzern am Vierwaldstättersee – Marlen Reusser (Movistar) geschlagen geben und gerade am Sonntag einsehen: Die Frau im Gelben Trikot war in dieser Woche einfach stärker.

Auf die Frage vom Schweiter Fernsehen, wie sie sich nun fühle, antwortete die 28-jährige Niederländerin kurz und knapp: "Leer. Zeit zu schlafen." Dann aber fand sie auf Nachfrage nach der entscheidenden Attacke durch Reusser in der letzten kurzen Gegensteigung des Tages doch noch mehr Worte.

"Ich wusste, dass der Angriff kommen würde und konnte einfach nicht folgen. Marlen war wirklich stark heute", gab Vollering zu und suchte auch sofort nach einer Begründung dafür, dass sie in der Schweiz von Tag eins an schwächer wirkte, als die strahlende Siegerin, der sie auch in Gstaad am Ende der schweren 1. Etappe bereits im Sprintduell unterlegen war.

"Ich habe mich von Anfang an nicht gut gefühlt und habe jeden Tag versucht, mein Bestes zu geben. Ich bin meinem Team sehr dankbar. Vielleicht habe ich einen Virus oder so etwas in meinem Körper. Elise (Chabbey) hat heute auch sehr gelitten und wir sind zusammen im Zimmer – von daher…", überlegte Vollering.

"Aber ich weiß nicht, ich bin einfach wirklich leer und freue mich darauf, jetzt in den See zu springen, heim zu fahren und mich etwas zu erholen. Denn ich bin in den letzten Wochen viele Rennen gefahren: Ich habe die Vuelta, Itzulia und Catalunya gewonnen. Wir können nicht immer in Top-Form sein, jetzt ist Zeit für Erholung."

Volles Rennprogramm seit Ende April "offenbar zu viel"

Nachdem Vollering im Frühjahr die Kopfsteinpflaster-Klassiker ausgelassen und ihr Programm bewusst nicht zu vollgestopft hatte, war sie ab den Ardennen-Klassikern im Dauereinsatz. "Offenbar war das zu viel. Das weiß man vorher nie. Wie gesagt: Von Beginn an habe ich mich nicht gut gefühlt und normalerweise erhole ich mich ziemlich schnell. Aber hier habe ich jedes Mal sehr gelitten, sobald ich gepusht habe. Heute habe ich mich wirklich an und übers Limit gebracht", so Vollering.

Zeit sich zu erholen wird Vollering nun haben. Ob sie an den Niederländischen Meisterschaften am kommenden Wochenende teilnimmt, ist offen. Ansonsten aber ist bis zum Start der Tour de France Femmes am 26. Juli in der Bretagne kein Rennen geplant. Dort in Frankreich sollte sie also bedeutend frischer sein.

Doch das scheint auch nötig, denn Reusser hat sich in den vergangenen Wochen immer weiter gesteigert und scheint nun eine echte Podiumskandidatin sogar für die Tour zu sein. Dazu kommt Titelverteidigerin Katarzyna Niewiadoma, die in der Schweiz von Tag zu Tag stärker wurde, nachdem sie auf der 1. Etappe in der Abfahrt vom Jaunpass mangels schwererer Gänge den Anschluss an Vollering und Reusser verloren und anschließend auf dem langen flachen Weg ins Tagesziel viel Zeit verloren hatte. Außerdem wird auch von Lotte Kopecky und Anna van der Breggen (beide SD Worx – Protime) bei der Tour sehr viel zu erwarten sein.

Duelle mit Ex-Teamkolleginnen besonders schwer?

Die Frage ist aber auch, ob es für Vollering nur um körperliche Frische geht. Denn auch mental hinterlässt die Niederländerin den Eindruck, dass ihr die Aufeinandertreffen mit ihren Ex-Teamkolleginnen zusetzen. Ihre Rivalität mit Kopecky stand bereits im Winter im Fokus. Rund um die Tour de Suisse nun tat sich die Niederländerin keinen Gefallen, als sie nach der 1. Etappe behauptete, dass Reusser genau in dem Moment am Jaunpass attackiert habe, als Vollering am Trinken gewesen sei. Denn die TV-Bilder belegten ganz klar: Das stimmte nicht.

Als tagsdrauf Vollering nicht wirklich bei der Verfolgung half, nachdem Niewiadoma ausgerissen war, wurde Reusser von CyclingPro.net befragt, ob der Zeitgewinn der Polin eine Konsequenz der Rivalität zwischen Reusser und Vollering gewesen sei. "Das ist eine gute Frage! Ich… Jetzt muss ich überlegen, wie ich das formuliere", antwortete die Schweizerin mit einem vielsagenden Lächeln. "Ich würde sagen Demi ist nicht die Person, die in solchen Situationen viel Verantwortung übernimmt. Ich denke sie wird dann sehr panisch, und wenn sie nur etwas normaler fahren würde in diesen Momenten, dann würden wir nicht so oft in solch gefährliche Situationen kommen."

Taktischer Fehler vor Reussers entscheidender Attacke

Auf der Schlussetappe nun tat Vollering das Gegenteil: Als Niewiadoma in der Abfahrt vom letzten Berg erneut attackierte, übernahm diesmal die Niederländerin die Führungsarbeit dahinter und Reusser wartete an ihrem Hinterrad ab, um dann in der kurzen Gegensteigung mit einem bärenstarken Antritt davon zu sprinten.

Dieser Schachzug war entscheidend für die Gesamtwertung, denn bis Reusser davonfuhr, lag die Schweizerin nur zwei Sekunden vor Vollering. Der Sprint um den Etappensieg in Küssnacht hätte Vollering das Blatt noch wenden lassen können.

Und so kann man durchaus hineininterpretieren, dass Reusser die Rundfahrt neben ihren starken Beinen auch durch Psychologie gewonnen hat. Denn schon im Finale der 1. Etappe in Gstaad erreichte sie das Hirn ihrer ehemaligen Teamkollegin mit freundlichem Trash-Talk bereits, nachdem die Niederländerin ihr von Magenproblemen erzählt hatte und Reusser vor dem Sprintduell um den Sieg ihrer Gegnerin zurief, dass sie nicht besonders stark in Bahnrennen sei. Vollering eröffnete den Sprint anschließend zu früh und Reusser zog noch vorbei.

Mehr Informationen zu diesem Thema

17.06.2025Tracking-System und Sicherheitszentrale bei Tour de Suisse

(rsn) – Fast neun Monate ist es her, dass Muriel Furrer im Alter von gerade einmal 18 Jahren verstorben ist, nachdem sie im WM-Straßenrennen der Juniorinnen im Wald oberhalb von Küsnacht am Züric

15.06.2025Reusser fährt taktisch klug zum Etappen- und Gesamtsieg

(rsn) – Marlen Reusser (Movistar) hat auf der Schlussetappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) rund um Küssnacht ihre Sonderstellung bei ihrer Heimat-Rundfahrt noch einmal eindrucksvoll unter Beweis

13.06.2025FDJ sattelt auf Kraak um und gewinnt

(rsn) – Amber Kraak (FDJ – Suez) hat die 2. Etappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) gewonnen. Die Niederländerin fuhr am letzten Anstieg des Tages ihren Mitausreißerinnen davon und setzte sich a

12.06.2025Reusser ringt und plaudert Vollering nach langer Duo-Flucht nieder

(rsn) – Marlen Reusser (Movistar) hat in Gstaad die Auftaktetappe der 5. Tour de Suisse Women (2.WWT) gewonnen und sich dabei nach 95,5 schweren Kilometern im Sprintduell gegen Demi Vollering (FDJ -

12.06.2025Niewiadoma und Reusser fordern Vollering heraus

(rsn) – Die Tour de Suisse Women (2.WWT) geht ab Donnerstag in ihre fünfte Auflage und wird in diesem Jahr erstmals seit 2021 wieder vor dem Rennen der Männer ausgetragen. Am Sonntag übergeben di

11.06.2025Etappen im Detail: Strecke der 5. Tour de Suisse Women

(rsn) – Erstmals seit 2021 kein Zeitfahren und auch eine Bergankunft fehlt bei der Tour de Suisse Women 2025. Trotzdem aber, oder vielleicht sogar gerade deswegen, verspricht die viertägige WorldTo

11.06.2025Tour de Suisse Women im Rückblick: Die ersten vier Jahre

(rsn) – Seit 2021 richtet die Tour de Suisse ihre Frauen-Rundfahrt aus – immer verknüpft mit dem einwöchigen Männer-Rennen, entweder direkt danach oder direkt davor, und zumindest einen Tag üb

04.06.2025Tritt Almeida bei der Tour de Suisse in die Fußstapfen von Yates?

(rsn) – Das am 8. Juni beginnende 77. Critérium du Dauphiné kann mit dem letztjährigen Tour-de-Franc-Podium Tadej PoGacar (UAE – Emirates- XRG), Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und Re

11.02.2025Streckenpläne der Tour de Suisse komplett

(rsn) – Mit der Bekanntgabe von Chur und Gstaad als Etappenorte sind die Streckenpläne der Tour de Suisse der Männer und der Frauen komplett. Wie die Organisatoren ankündigten, wird in Chur, de

Weitere Radsportnachrichten

22.10.2025Charmig zurück zu Uno-X, Peter wird Profi bei Unibet

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

22.10.2025Lappartient mit Solidaritätsadresse an “meinen Freund Sarkozy“

(rsn) – Immer wieder beschwört der organisierte Sport die Trennung von der Politik. Das geschieht meistens dann, wenn staatliche Stellen regulierend einzugreifen drohen oder allgemeine Kritik geüb

22.10.2025UAE bestätigt: Del Toro am Start der Mexikanischen Meisterschaften

(rsn) – Mit bisher 16 Saisonsiegen hat Isaac Del Toro (UAE – Team Emirates – XRG) nur vier weniger auf seinem Konto als sein Teamkollege Tadej Pogacar. Den Rückstand auf den Welt- und Europamei

22.10.2025Unibet künftig mit deutschem Co-Sponsor

(rsn) – Bas Tietema wird in der kommenden Saison nicht mehr im Namen seiner Mannschaft auftauchen. Der in Frankreich lizensierte Rennstall, der gute Chancen hat, 2026 sein Debüt bei der Tour de Fra

22.10.2025Das Programm der UCI-Bahn-WM von Santiago de Chile

(rsn) – Bei den UCI-Bahn-Weltmeisterschaften in Santiago de Chile (21. – 26. Oktober) werden Medaillen in insgesamt 22 Disziplinen vergeben - jeweils elf bei Männern und Frauen. Den Anfang mache

22.10.2025Späte Standortbestimmung für German Cycling

(rsn) – Vor allem für die deutschen Sprinterinnen stellen die am Mittwoch in Santiago de Chile beginnenden UCI-Bahn-Weltmeisterschaften (22. – 26. Oktober) die erste echte Standortbestimmung nach

21.10.2025Vingegaard erwägt Giro-Tour-Double 2026

(rsn) – Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) hat in einem Interview mit L’Equipe Einblicke in seinen zukünftigen Rennkalender gegeben. Gegenüber der französischen Sportzeitung sagte der

21.10.2025Juni-Start für Tour de France 2028 – in Luxemburg?

(rsn) – Die Tour de France 2028 soll Medienberichten zufolge bereits am 23. Juni beginnen – eine Woche früher als normalerweise. Damit könnte man einer Terminkollision mit den Olympischen Spiel

21.10.2025Jetzt träumt Seriensieger Magnier von den Monumenten

(rsn) – 19 Siege in einer Saison, 14 Siege innerhalb von fünf Wochen. Diese Fabelzahlen stammen nicht von Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) oder Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) – nic

21.10.2025Intermarché ohne Antrag auf WorldTour-Lizenz

(rsn) – Die UCI hat in einer Pressemitteilung alle Teams veröffentlicht, die für das kommende Jahr WorldTour- oder ProTour-Lizenzen beantragt haben. Sowohl bei den Männern als auch bei den Frau

20.10.2025UCI spricht sich gegen Einnahme von Ketonen aus

(rsn) – Der Radsportweltverband UCI hat sich in einer Pressemitteilung zur Einnahme von Ketonen zur Regeneration geäußert. Darin hieß es, dass der Verband den Gebrauch nicht empfehle, da die Stu

20.10.2025Fakten und Gerüchte zur Strecke der Tour de France 2026

(rsn) – Am 23. Oktober wird die ASO um Präsident Christian Prudhomme die Strecke der Tour de France 2026 offiziell bekanntgeben. Schon vor der großen Zeremonie in Paris im Beisein einiger Superst

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine