RSNplusVan Aert: “Nicht meine beste Entscheidung“

Visma geht Alpecin auf den Leim und Kooij verpasst Siegchance

Von Felix Mattis

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Olav Kooij (Visma - Lease a Bike) | Foto: Cor Vos

16.05.2025  |  (rsn) – Das Team Visma – Lease a Bike hat auf der 227 Kilometer langen 6. Etappe des Giro d'Italia 2025 viel investiert, um für einen Massensprint in Neapel zu sorgen und Olav Kooij den Weg zum ersten Sieg bei dieser Italien-Rundfahrt zu ebnen.

Genau da, wo er 368 Tage zuvor seine erste und bislang einzige Grand-Tour-Etappe für sich entschieden hatte, sollte es wieder klappen für den 23-Jährigen. Doch am Ende jubelte trotz aller Arbeit der Männer in Gelb einer in Grau, nämlich Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck), Kooij dagegen stand schließlich als Zehnter in den Ergebnislisten.

Die Enttäuschung stand Kooij ins Gesicht geschrieben, nachdem ihm im Sprint um den Sieg auf der linken Straßenseite zwischen Matteo Moschetti (Q36.5) und der Bande der Platz ausging und er seinen Spurt abbrechen musste. Moschetti wurde von der Jury wegen gefährlichen Verhaltens im Sprint zwar distanziert, doch das änderte auch nichts mehr daran, dass Kooijs Chance verstrichen war. ___STEADY_PAYWALL___

Während Kaden Groves siegt, rollt Olav Kooij (im Hintergrund im Maglia Ciclamino) aus. | Foto: Cor Vos

"Ich dachte, ich hätte meine Chance auf der Innenseite. Das ist der schnellste Weg ins Ziel und es liegt im Instinkt eines Sprinters, diesen zu wählen. Leider war ich nicht der Einzige, der das dachte, wodurch die Lücke, die vorher da war, sich wieder schloss", sagte der Niederländer, ohne sich direkt über Moschetti zu beschweren: "Schade, dass ich heute nicht um den Sieg sprinten konnte."

Kooij ließ van Aert ziehen, weil der Weg noch weit war

Im Nachhinein wäre es schlauer gewesen, wie Groves rechts herauszustechen und den etwas weiteren Weg zu wählen. Da war bedeutend mehr Platz und der Australier gewann trotz der längeren Strecke deutlich. Beim Lancieren des Sprints waren er und Kooij etwa gleichschnell, so dass wohl auch der Visma-Kapitän außen herum an allen vorbeigekommen wäre.

Eine weitere Entscheidung musste Kooij bereits deutlich früher treffen. Denn etwa 800 Meter vor dem Ziel führte ihn Wout van Aert an die Spitze des Feldes und sah, dass Jensen Plowright (Alpecin – Deceuninck) um einige Meter enteilt war. Van Aert gab sofort Vollgas, sprang hinterher und holte den 25-Jährigen ein, um danach noch bis etwa zur 200-Meter-Marke durchzuziehen – wenn auch mit am Ende niedriger werdender Geschwindigkeit. Ob das noch als Leadout für Kooij zu gebrauchen gewesen wäre, schien fraglich.

Visma – Lease a Bike fuhr auf der 6. Etappe des Giro d'Italia meist an der Spitze des Pelotons. | Foto: Cor Vos

Das hatte er bei van Aerts Beschleunigung schon bezweifelt und seinen belgischen Teamkollegen deshalb allein hinter Plowright herfahren lassen, um sich selbst bei Groves im Sprinterpulk einzuordnen und die anderen Teams Plowright und van Aert einholen zu lassen. "Als Wout 800 Meter vor dem Ziel angriff, habe ich bewusst beschlossen, etwas Abstand zwischen uns zu lassen. Meiner Meinung nach war das in dem Moment auch das einzig Richtige", erklärte Kooij im Ziel.

Allerdings wusste van Aert davon wohl nichts. "Ich dachte, Olav wäre an meinem Rad und wir wären näher am Ziel. Ich hatte die Chance, mit Olav an meinem Hinterrad zu fahren. Erst als ich den Fahrer von Alpecin erreichte, wurde mir klar, dass hinter mir eine Lücke war", erzählte der Belgier, der aber auch unterstrich, dass ihm am Ende die Kraft ausging und der Weg einfach zu weit war: "Das war nicht meine beste Entscheidung. Ich hätte etwas länger warten sollen. Ich habe es weiter versucht, aber ich habe gesehen, dass das Tempo hinter mir immer noch da war. Auf den letzten 200 Metern wollte ich dann nicht der Fahrer sein, der im Weg steht."

Alpecin vollendet Katalonien-Trick gegen Visma beim Giro

Mit seinem Nachsetzen hinter Plowright ging also van Aerts Leadout für Kooij in die Brüche und der 30-Jährige tappte in gewisser Weise in eine Falle von Alpecin – Deceuninck. Denn die Männer in Grau hatten den Australier an dessen 25. Geburtstag 1,2 Kilometer vor dem Ziel in der letzten engeren Rechtskurve wegfahren lassen, als sie zu dritt an der Spitze waren und an zweiter Stelle etwas stärker bremsten.

Zu diesem Zeitpunkt war Plowright bereits 300 Meter an der Spitze im Wind gefahren und es schien fraglich, ob man mit nur noch einem Helfer zwischen ihm und Groves noch ein perfektes Leadout hinbekommen würde. Genauso fraglich war es zwar, ob Plowright allein an der Spitze 1.500 Meter würde zum Sieg durchziehen können, doch so geriet die Konkurrenz zumindest in Zugzwang.

Wout van Aert kommt hinter den Sprintern ins Ziel von Neapel. | Foto: Cor Vos

Van Aert und das Polti-Team schlossen die Lücke schließlich, wogegen Groves sich nochmal etwas weiter hinten im Windschatten einsortierte und auf den richtigen Moment für den Sprint wartete – der spontane Plan ging auf und Alpecin konnte das vollenden, was man auf der 1. Etappe der Katalonien-Rundfahrt im März bereits mit Tibor Del Grosso und Groves versucht hatte, dort aber durch Vismas bärenstarkes Nachwuchs-Ass Matthew Brennan vereitelt wurde.

So jubelte diesmal Alpecin und Visma schaute in die Röhre. Doch der Sportliche Leiter Marc Reef nahm seine Fahrer in Schutz: "Ich denke, Olav und Wout haben heute im Finale die richtigen Entscheidungen getroffen. Es muss eben alles in Sekundenbruchteilen passieren und leider kam Olav am Ende nicht zum Sprint. Das ist schade, gerade weil wir heute viel in die Etappe gesteckt haben. Das Ergebnis ist enttäuschend, aber die Art und Weise, wie wir heute während der Etappe gefahren sind und auch das Gefühl der Fahrer stimmen uns optimistisch", so Reef.

Tatsächlich hinterließ Kooij mit seinem Antritt einen guten Eindruck – wie auch schon in Lecce, wo er auf Etappe 4 hinter Casper van Uden (Picnic – PostNL) Zweiter geworden war. Dort übertrumpfte das Picnic-Team die Visma-Mannen im Leadout und die Situation war ähnlich: Edoardo Affini als letzter Anfahrer vor Kooij musste auf dem Schlusskilometer eine Lücke schließen und fehlte dann als letzter Anfahrer, um seinen Teamkollegen möglichst spät abzuliefern.

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