RSNplus“Letztes Jahr lief nichts nach Plan“

Bestechende Frühform: Dygert “Down Under“ eine Klasse für sich

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Bestechende Frühform: Dygert “Down Under“ eine Klasse für sich"
Chloe Dygert (Canyon - SRAM - zondacrypto) sprintet mit großem Vorsprung zum Etappensieg in Stirling. | Foto: Cor Vos

19.01.2025  |  (rsn) – Chloe Dygert hat bei der Women's Tour Down Under eindrucksvoll unterstrichen, dass sie es in diesem Jahr sehr ernst meint: Die 28-jährige US-Amerikanerin wird im Jahr nach den Olympischen Spielen von Paris ihren Fokus so sehr in Richtung Straße schieben wie noch nie in ihrer Karriere und plant eine volle Saison auf dem Asphalt. Erstmals seit 2017 ist sie in Australien daher auch schon im Januar Radrennen gefahren, und noch nie zuvor hat sie so früh im Jahr einen Sieg gefeiert wie nun auf der 3. Etappe der Tour Down Under in Stirling.

Dort ließ Dygert der Konkurrenz im Sprint am Ende einer zwei Kilometer langen und im Schnitt vier Prozent steilen Schlusssteigung nicht den Hauch einer Chance und gewann mit mehreren Radlängen Vorsprung ihre erste WorldTour-Etappe seit dem RideLondon Classique Ende Mai 2023.

Und auch wenn sie das beim Überqueren der Ziellinie nicht mit frenetischem Jubel quittierte, sondern eher zur Kenntnis nehmend im Durchrollen locker die Faust vom Lenker nahm, war dieser Erfolg für sie ein wichtiger. Schließlich zählen in der Welt der so ehrgeizigen US-Amerikanerin, die schon immer extrem hohe Ansprüche an sich selbst gestellt hat, nur Siege. ___STEADY_PAYWALL___

"Ich bin sehr froh über diesen Sieg", sagte Dygert im Zielbereich, nachdem sie dort erst ihre Teamkolleginnen Neve Bradbury und Alice Towers sowie anschließend ihren ehemaligen Bahnrad-Nationaltrainer Gary Sutton geherzt hatte. Der Australier hatte seit 2017 die weiblichen Bahn-Asse der USA um Dygert betreut und zu zahlreichen WM-Titeln sowie Olympia-Medaillen geführt.

Vorbereitung bei Ex-Coach Sutton

Nach dem gemeinsamen Olympiasieg in der Mannschaftsverfolgung im vergangenen Sommer in Paris trat der 69-Jährige zurück, aber die gute Verbindung blieb: Dygert kam zum Jahreswechsel frühzeitig nach Australien und wohnte einige Tage bei ihrem Ex-Coach, um sich bestmöglich auf ihren Saisoneinstieg bei der Tour Down Under und die Hitze in Australien vorzubereiten. 

Das zahlte sich offensichtlich aus. Denn Dygert präsentierte sich gleich bei ihrem Saisondebüt in bestechender Form. Das zeigte sie nicht nur mit ihrem überlegenen Sprintsieg in Stirling, sondern auch schon mit Tempoverschärfungen oder Nachführarbeiten auf den ersten beiden Etappen, wo sie jeweils im Flachen so viel Watt produzierte, dass ihr selbst am Hinterrad kaum jemand folgen konnte.

Es darf niemand wundern, dass Dygert die schwere Schlussetappe durch die Adelaide Hills nicht besonders schwer fand, wogegen der Großteil des Pelotons sehr litt. "Die erste Runde war sehr schnell, aber die weiteren Runden eher langsam", antwortete sie mit einem überraschten Gesicht im Sieger-Interview auf die Frage, wie hart der Tag denn gewesen sei. "Wir waren die ganze Zeit in einem großen Block unterwegs und es hat mich etwas frustriert, denn ich hatte eigentlich gehofft, dass es sich mehr und mehr ausdünnt."

Chloe Dygert strahlt auf dem Podium nach der Schlussetappe der Women's Tour Down Under als Tagessiegerin. | Foto: Cor Vos

Um das zu erreichen, hatte Dygerts Leipziger Rennstall Canyon – SRAM – zondacrypto den ganzen Tag immer wieder mit unterschiedlichen Fahrerinnen attackiert. Und im Finale arbeitete auch die als Top-Favoritin in die Rundfahrt gestartete Neve Bradbury für ihre Teamkollegin.

Die Australierin hatte auf dem letzten Kilometer bei der Bergankunft am Willunga Hill am Samstag nicht mit der späteren Siegerin Noemi Rüegg (EF – Oatly – Cannondale) mithalten können und belegte vor der Schlussetappe Rang vier der Gesamtwertung. Bradbury opferte ihre Chancen aufs GC-Podium in Stirling aber für die Siegchancen ihrer Teamkollegin auf und fuhr Dygert den Sprint an, nachdem sie in die zwei Kilometer lange Schlusssteigung hinein bereits das Tempo verschärft hatte.

Mit 2024 trotz Medaillenregens nicht zufrieden

"Wir sind hergekommen, um sowohl die Gesamtwertung als auch eine Etappe zu gewinnen. Heute ging es vor allem aber noch um die Etappe und wir haben alles darauf gesetzt, weil das GC ziemlich außer Reichweiter war", erklärte Dygert den Plan ihres Teams. "Wir haben für diesen Sieg heute alle alles gegeben und sind wirklich froh, dass es geklappt hat."

Manchmal scheint es, als würde Dygert gar nicht wissen oder realisieren, wie stark sie ist und wie sehr sie der Konkurrenz weh tun kann, so sehr ist sie auf das Gewinnen an sich fokussiert. Denn nur das zählt eben für sie. Das hatte Dygert schon bei der Pressekonferenz am Vortag der Tour Down Under mal wieder unterstrichen, als sie die Anwesenden mit einer überraschend negativen Bilanz von 2024 verblüffte.

Beim Überqueren der Ziellinie in Stirling nimmt Dygert lediglich die rechte Hand kurz vom Lenker und ballt zufrieden die Faust. | Foto: Cor Vos

Immerhin hatte Dygert im vergangenen Jahr neben dem Olympiasieg in der Mannschaftsverfolgung auf der Bahn auch Bahn-WM-Silber in der Einerverfolgung  im dänischen Ballerup sowie in Zürich im Straßenrennen Silber und WM-Bronze im Einzelzeitfahren mitgenommen. Von einer solchen Ausbeute können die meisten Sportlerinnen nur träumen.

Voll motiviert in die wohl kompletteste Straßensaison der Karriere

Doch Dygert betonte sogar nach ihrem Sieg in Stirling: "Letztes Jahr ist nichts wirklich nach Plan gelaufen. Klar: Wir haben Olympia-Gold in der Mannschaftsverfolgung geholt und ich stand bei der Straßen-WM im Zeitfahren und Straßenrennen auf dem Podium. Aber das waren nicht die Ergebnisse, die ich wollte. Es war einfach nicht mein Jahr und an Tag X war immer jemand besser als ich."

Die verpassten Siege hätten sie im Winter aber nun motiviert, besonders hart zu arbeiten, um nicht nur gut in Form zu kommen, sondern auch "keine Verletzung zu riskieren", wie Dygert erklärte. Vom Ergebnis dieser harten Arbeit durfte man nun bei der Tour Down Under einen ersten Vorgeschmack bekommen. Und die Konkurrenz darf wohl gewarnt sein, dass da im Verlauf von Dygerts erster kompletten Straßensaison noch einiges mehr kommen wird.

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.01.2025Copponi erfüllt mit Jubelpose in Adelaide ihren Wetteinsatz

(rsn) – Clara Copponi (Lidl – Trek) hat den erstmals ausgetragenen Schwalbe Women´s Classic (1.Pro) auf dem Rundkurs der Schlussetappe der Tour Down Under der Männer in Adelaide gewonnen und dab

19.01.2025Rüegg wehrt alle Angriffe ab und gewinnt die Tour Down Under

(rsn) – Noemi Rüegg hat sich den Gesamtsieg bei der Women´s Tour Down Under auf der Schlussetappe durch die Adelaide Hills rund um Stirling nicht mehr nehmen lassen. Die Schweizer Meisterin wehrte

18.01.2025Gegen Rüeggs Kraft sind am Willunga Hill alle chancenlos

(rsn) - Noemi Rüegg (EF – Oatly – Cannondale) hat die berüchtigte Bergankunft der Women´s Tour Down Under am Willunga Hill gewonnen und sich so auch die Gesamtführung der ersten WorldTour-Rund

17.01.2025Kathrin Schweinberger überrascht sich Down Under selbst

(rsn) - Nach drei Jahren beim deutschen Rennstall Ceratizit - WNT Pro Cycling schloss sich Kathrin Schweinberger Ende 2024 dem US-amerikanischen Team Human Powered Health an. Gleich bei ihrem ersten E

17.01.202550-km-Solosieg zum Auftakt: Hengeveld lässt Ceratizit jubeln

(rsn) – Das deutsche Team Ceratizit – WNT hat die Saison 2025 begonnen, wie es das Jahr 2024 beendete: mit einem WorldTour-Sieg. Auf der 1. Etappe der Women´s Tour Down Under am Snapper Point in

16.01.2025Startschuss zur WorldTour-Saison mit doppeltem Willunga Hill

(rsn) – Es ist soweit: Am Freitag beginnt in Australien die WorldTour-Saison 2025. In Brighton am südlichen Stadtrand von Adelaide fällt der Startschuss für die 9. Santos Women´s Tour Down Under

15.01.2025Women`s Tour Down Under im Rückblick: Die letzten 10 Jahre

(ran) - Mit der Santos Tour Down Under startet am 17. Januar in Australien die Women´s World Tour 2025. Die dreitägige Rundfahrt wurde erstmals 2014 ausgetragen und stieg zur Saison 2023 in die hö

Weitere Radsportnachrichten

16.11.2025Nys nach packendem Finale in Hamme mit besserem Ende für sich

(rsn) – Dramatischer hätte der dritte Lauf zur X20 Badkamers Trofee in Hamme nicht laufen können. Nachdem sich Thibau Nys (Baloise - Glowi Lions) und Cameron Mason (Seven) nahezu über den gesamt

16.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025An Brand kommt auch bei der X2O in Hamme niemand vorbei

(rsn) – Mit ihrem Sieg bei der X20 Badkamers Trofee in Hamme gelang Lucinda Brand (Baloise - Glowi Lions) Historisches im Cross-Sport der Frauen. Die 36-Jährige fuhr zum 50. Mal in Folge auf das P

16.11.2025Canyon-Urgestein Cromwell verlängert Vertrag

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

16.11.2025Gesamtwertungsdritter Aerts muss für X2O in Hamme passen

(rsn) - Sein vor einer Woche in Middelkerke gewonnenes Europameister-Trikot konnte Toon Aerts (Deschacht – Hens) bislang noch nicht genießen. Am Dienstag bei der Superprestige in Niel enttäuschte

16.11.2025Osborne findet zu sich selbst zurück wird zum dritten Mal Weltmeister

(rsn) - Jason Osborne ist zum dritten Mal nach 2020 und 2024 Esports-Weltmeister geworden. Der 31-Jährige Titelverteidiger holte sich in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach einem packenden

16.11.2025“Unterdurchschnittliches Jahr“ mit viel Pech

(rsn) – Es ist Mitte November, doch Max Walscheid hat viel zu tun. Der Heidelberger befindet sich trotz seines späten Saisonendes 2025 am 19. Oktober bei der Tour of Guangxi längst wieder voll im

16.11.2025Riman schnappt Oertzen den ersten UCI-Sieg weg

(rsn) – Nachdem er 2022 in Hittnau (C2) in der Schweiz zum erstmals erfolgreich war, hat Jakub Riman in Owocowy Przelaj zum zweiten Mal in seiner Karriere zugeschlagen. Der Tscheche stand in Polen z

15.11.2025Klassikerqualitäten in den Dienst des Kollektivs gestellt

(rsn) – Vor seinem sechsten Jahr als Berufsradfahrer wechselte Johan Jacobs erstmals die Teamfarben: Vom spanischen Rennstall Movistar ging der Schweizer zur französischen Equipe Groupama – FDJ.

15.11.2025Nieuwenhuis auch durch Stürze und defekten Schuh nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Siegen beim Exact Cross in Heerde und bei der X2O Badkamers Trofee in Lokeren hat Joris Nieuwenhuis (Ridley) auch in der Superprestige zugeschlagen. In Merksplas war der Niederländer b

15.11.2025Brand gewinnt auch zweites Superprestige-Rennen der Woche

(rsn) – Vier Tage nach ihrem Sieg bei der Superprestige in Niel hat Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) in der Crossserie erneut zugeschlagen. In Merksplas reichte ihr eine Attacke zur Rennmitte

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)