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15.08.2024 | (rsn) – Die 5. Etappe der Tour de France Femmes von Bastogne nach Amnéville war einmal mehr ein Paradebeispiel für das alte Sprichwort, dass man die Tour jeden Tag verlieren kann. Das erste Etappenfinale in Frankreich schien eines zu sein, in dem entweder Ausreißerinnen oder hügelfeste Sprinterinnen triumphieren würden. Am Ende aber wurde sogar die Gesamtwertung durcheinander geworfen und Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM) durfte das Gelbe Trikot überstreifen.
"Es war nach dem Rennen so chaotisch mit all dem, was ich zu tun hatte, dass ich mich jetzt eigentlich nur freue, zu meinem Team zu kommen und den Moment mit ihnen aufzusaugen", sagte Niewiadoma radsport-news.com nach der Siegerehrung und ihrem ersten TV-Interview-Marathon im Maillot Jaune in der Mixed Zone.
So richtig angekommen schien es bei der 29-Jährigen da noch nicht zu sein, dass sie nun die Frankreich-Rundfahrt anführt. "Ich hatte noch gar nicht genug Zeit, das alles sacken zu lassen", antwortete sie auch kurz darauf auf der Pressekonferenz noch einmal auf die Frage nach dem Gefühl, das Gelb nun auslöse. "Aber es ist natürlich ein großartiger Tag für uns alle in und ums Team." ___STEADY_PAYWALL___
Am Mannschaftsbus dann war die Freude greifbarer. Niewiadoma umarmte die wartenden Team-Mitarbeiter um den Sportlichen Leiter Adam Szabo, Teamchef Ronny Lauke und auch Erik Zabel. Dann gab sie den wartenden Fans Autogramme und stieg endlich zu ihren Mannschaftskameradinnen in den Bus. Dort in der Tür herzte sie auch Chloe Dygert.
Die US-Amerikanerin hatte mit ihrer konsequenten Führungsarbeit auf den letzten fünf Kilometern der Etappe maßgeblich dazu beigetragen, dass Niewiadoma Gelb eroberte und nun 1:19 Minuten Vorsprung auf Titelverteidigerin Demi Vollering (SD Worx – Protime) hat. "Ich habe Kasia über Funk 'Go!' rufen hören und sie ist der Kapitän: Wenn sie sagt 'Spring!', dann frage ich nur: 'Wie hoch?'", schilderte Dygert RSN die entscheidenden Momente des Tages.
Rund sechs Kilometer vor Schluss war es in der letzten Abfahrt des Tages hinunter in den Zielort Amnéville an einer engen Linkskurve zum Massensturz gekommen, in den auch Vollering im Gelben Trikot verwickelt war und der für Pfeiffer Georgi (dsm-firmenich – PostNL) das Tour-Aus bedeutete. Nach der kurzen Abfahrt waren nur noch etwas mehr als zehn Fahrerinnen vorne beisammen und Niewiadoma entschied sofort: Dygert sollte Vollgas geben, um ihr zu helfen, die Etappe zu gewinnen.
Das gelang der Polin im Sprint nach einer kurzen Steigung auf dem Schlusskilometer zwar nicht. Den Sieg errang Blanka Vas (SD Worx – Protime) vor Niewiadoma und Liane Lippert (Movistar). Aber weil Vollering erst 1:47 Minuten nach ihnen ins Ziel kam, übernahm die Canyon-Kapitänin die Gesamtführung.
"Ich habe von dem Sturz zuerst nichts mitbekommen. Ich war weit vorne und als ich dann gesehen habe, wie klein das Feld ist, dachte ich, es sei in der Abfahrt zerrissen", sagte Niewiadoma im Ziel und gab zu: "Das ist nicht die Art, wie irgendjemand das Gelbe Trikot übernehmen will. Aber ich denke jeder ist mal in einem Sturz, ich war auch auf der 1. Etappe am Boden, meine Teamkollegen Elise Chabbey ist deswegen schon raus aus dem Rennen. Es passiert jedem Team und ist Teil des Rennens."
Schließlich waren Niewiadoma und ihre Teamkolleginnen besser positioniert als Vollering die Abfahrt hinuntergefahren und deshalb auch nicht in den Sturz verwickelt, der laut Dygert wohl eine Kettenreaktion war, weil die Spitze des Feldes den Scheitelpunkt der engen Kurve verpasst hatte. Einige Positionen weiter hinten ging dann schlicht der Platz aus und es krachte. Niewiadoma und Co. aber waren da schon durch die Kurve durch und kamen mit Vorsprung aus der Abfahrt heraus.
In dieser Situation am Ende des Rennens auf die Gestürzte in Gelb zu warten, das war ohnehin nicht möglich oder zu erwarten. Das sah auch Vollerings Team-Manager Danny Stam ein. "Nein, nein. Das ist einfach Teil des Sports. Wenn das 50 Kilometer vor dem Ziel passiert, kann man das vielleicht erwarten, aber nicht vier Kilometer vor Schluss", sagte er radsport-news.com.
Niewiadoma führt die Tour vor den drei Bergetappen, die die Frankreich-Rundfahrt beschließen, 19 Sekunden vor Kristen Faulkner (EF – Oatly – Cannondale) und 22 Sekunden vor Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) sowie 47 Sekunden vor Cédrine Kerbaol (Ceratizit – WNT) und 56 Sekunden vor Juliette Labous (dsm-firmenich – PostNL) an. Vollering ist mit 1:19 Minuten Rückstand nun Neunte. Damit scheint die Tour im Duell der beiden Top-Favoritinnen nun sehr offen. Vollering gilt als etwas besser an den langen Anstiegen am Wochenende, Niewiadoma dafür hat den Vorsprung auf ihrer Seite.
"Das könnte viel sein und gleichzeitig auch gar nichts. Wir werden es am Wochenende sehen", sagte die Polin in Amnéville mit Blick auf ihr Polster gegenüber der Niederländerin, warnte ihre Gegnerin aber auch gleich, dass sie inzwischen stärker an den langen Anstiegen sei, als noch 2023, als Vollering am Col du Tourmalet eine Klasse für sich war.
"Ich habe mich für diese Tour speziell auf die letzten beiden Etappen vorbereitet. Deshalb fühle ich mich wohler damit, an den längeren Bergen zu fahren, als das was wir bisher hatten. Ich werde mein Bestes geben und Demi genauso", so Niewiadoma. "Seit dem Start in Rotterdam warte ich nur darauf, dass wir endlich in die Berge kommen. In gewisser Weise fühle ich mich zuversichtlich, weil ich viel Energie und Arbeit da hineingesteckt habe, um meine Kletterfähigkeiten zu verbessern. Aber gleichzeitig weiß ich, dass Demi extrem stark ist und auch daran gearbeitet hat. Ich denke es wird eine faire Schlacht."
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