RSNplus“Können morgen Ausreißer gehen lassen“

Pogacar verneigt sich: Ist der Mann in Gelb jetzt satt?

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Pogacar verneigt sich: Ist der Mann in Gelb jetzt satt?"
Mit derselben Siegerpose, wie beim Giro d´Italia in Bassano del Grappa bejubelte Tadej Pogacar auch seinen Sieg in Isola 2000 am Freitag. | Foto: Cor Vos

19.07.2024  |  (rsn) – Es war der Kampf des unersättlichen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) gegen den mutigen Ausreißer Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) hinauf nach Isola 2000, der die Zuschauer der 111. Tour de France in ihren Bann zog. Der US-Amerikaner, eigentlich als Relaisstation für seinen Kapitän Jonas Vingegaard vorgesehen, bekam vom Dänen einen Freifahrtschein und ging mit einem Vorsprung von vier Minuten in den letzten Berg der 19. Etappe. Eigentlich ein gutes Polster, doch schlussendlich zu wenig, um gegen den Slowenen zu bestehen.

Rund zehn Kilometer vor dem Ziel griff Pogacar aus der Gruppe der Favoriten heraus an, nachdem seine Mannschaft über 130 Kilometer die große Ausreißergruppe kontrolliert hatte. Der Mann im Maillot Jaune knabberte Sekunde um Sekunde vom Vorsprung des US-Amerikaners ab, ehe er dann 1,9 Kilometer vor dem Ziel an ihm vorbeiflog. Wieder zeigte er keine Gnade und sauste zu seinem vierten Etappenerfolg, auf der vierten Hochgebirgsetappe, womit seine Aussage mehr als zutraf, dass besonders dieses Terrain ihm bei dieser Tour liegen würde. ___STEADY_PAYWALL___

Man muss schon weit in der Geschichte der Tour de France zurückblicken, um eine ähnliche oder gleiche Bergdominanz bei einem Fahrer zu finden. 2004 gewann Lance Armstrong mit Ausnahme der Bergankunft in La Mongie, welche er im Sprint gegen Ivan Basso verlor, alle schweren Bergetappen der Alpen und Pyrenäen. Die Siege sind ihm mittlerweile wegen Dopings aberkannt.

Tadej Pogacar fuhr Jonas Vingegaard und Remco Evenepoel (beide im Hintergrund) auch hinauf nach Isola 2000 wieder weg. | Foto: Cor Vos

Vorher gewann zuletzt der große Gino Bartali 1948 alle schweren Bergetappen. Der Italiener siegte damals zwei Mal in den Pyrenäen. Er lag vor den Alpen aber noch über 21 Minuten in der Gesamtwertung zurück. Mit drei Erfolgen dort holte er sich seinen zweiten Gesamtsieg - im Alter von 34 Jahren!

Ein Mann für Rekorde ist auch Pogacar, denn mit seinem Sieg egalisierte er die Bestmarke von Eddy Merckx, innerhalb eines Radsportjahres an 37 Etappen das Führungstrikot bei den großen Landesrundfahrten zu tragen. Bleibt Pogacar bis Tourende in Gelb, was fast sicher ist, baut er diese Zahl auf 39 aus.

Pogacar reagierte sofort auf Vismas Taktikwechsel am Bonette

Aber nicht nur die Rekordstatistik baute Pogacar aus, auch seinen Vorsprung in der Gesamtwertung. Fünf Minuten und drei Sekunden beträgt der Abstand zwischen ihm und Titelverteidiger Vingegaard vor den letzten beiden Tagen.

Schon an der Cime de la Bonette brach das UAE Team Emirates Jonas Vingegaards Lust auf einen Angriff. | Foto: Cor Vos

"Ich habe jetzt schon einen schönen Abstand und denke, dass ich die morgige Etappe genießen kann. Wir können Ausreißer weggehen lassen und werden die Straßen, auf denen wir trainiert haben, genießen", sagte der König der diesjährigen Tour im ersten Sieger-Interview. Er scheint endlich satt zu sein, obwohl ihm auch die 20. Etappe entgegenkommen würde und er im Zeitfahren von seiner Wahlheimat Monaco nach Nizza sowieso zu den Favoriten zählt. Sollte er wirklich nur noch verteidigen wollen? Vielleicht, weil ihm der Kampf um seinen vierten Tageserfolg Körner gekostet hat?

"Wir sind hinauf zur Bonette schon ein gutes Tempo gefahren. Mein erster Gedanke war, dass Vingegaard es hier versuchen würde", erinnerte er sich gegenüber Eurosport an die Königsetappe der Alpen, auf der gleich drei Anstiege über 2.000 Meter zu bewältigen waren. Als dann der erwartete Angriff seines Kontrahenten ausblieb, der ihn die letzten beiden Jahre bezwingen konnte, merkte der Slowene schnell, das Visma die Taktik geändert hatte und Jorgenson nun von der Helferrolle auf Etappensieg umprogrammiert worden war.

Der dritte Tour-Sieg scheint Pogacar nun nicht mehr zu nehmen zu sein. | Foto: Cor Vos Doch den gönnte Pogacar dem Team nicht, dass ihn die letzten beiden Touraustragungen bezwungen hatte. "Ich merkte, dass der Tageserfolg jetzt ihr oberstes Ziel war. Aber den habe ich ihnen dann noch weggenommen", lachte er. So nett er immer wirkt, gegenüber der Konkurrenz ist Pogacar auch gnadenlos.

Alles aufgegangen in den Bergen, die er sich fürs Training aussuchte

"Auf den letzten Kilometern war ich schon fast leer. Als ich mit hoher Geschwindigkeit an Jorgenson vorbeifuhr habe ich meine Beine etwas kaputt gemacht. Ich dachte, er könnte wieder zurückkommen", erinnerte sich Pogacar. Ob er das wirklich fürchtete? Ein wenig Psychoduell ist immer dabei, wenn Pogacar gegen die niederländische Equipe antritt.

Seinen vierten Etappensieg brachte er aber souverän in trockene Tücher, wie wohl auch seinen dritten Gesamterfolg. Nur unweit seiner Wahlheimat ist er die klare Nummer eins der Tour de France. Hier kennt er jede Kurve, denn nicht nur aufgrund der Nähe zu Monaco sind die südlichen Seealpen das Trainingsgebiet des Slowenen, sondern auch, weil er sich nach seinem Giro-Triumph genau diese Berge zur Vorbereitung aussuchte, um das Double aus Giro- und Toursieg zu schaffen, das ihm kaum noch zu nehmen ist. "Wir haben bereits im Training den Plan dieser 19. Etappe aufgestellt und ihn auf den Tag zugeschnitten. Es ist zu 100 Prozent aufgegangen", stellte er abschließend zufrieden fest.

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