Hirschi knapp geschlagen, van der Poel chancenlos

Pidcock nimmt beim Amstel Revanche für umstrittene Niederlage

Von Kevin Kempf

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Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) hat das 58. Amstel Gold Race (1.UWT) gewonnen. | Foto: Cor Vos

14.04.2024  |  (rsn) – Vor drei Jahren wurde Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) wegen einer falsch ausgerichteten Zielkamera um den Sieg beim Amstel Gold Race gebracht, am Sonntag aber gewann er nach 253,6 Kilometern die 58. Ausgabe des ersten der drei Ardennenklassiker. Im Sprint einer vierköpfigen Spitzengruppe verwies der Brite den Schweizer Marc Hirschi (UAE Team Emirates) knapp auf den zweiten Platz. Dritter wurde der Belgier Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike), der wegen der unmittelbar bevorstehenden Geburt seines Kindes nicht wusste, ob er das Rennen zu Ende fahren würde.

Sein Landsmann Mauri Vansevenant (Soudal – Quick-Step belegte den vierten Platz, zeitgleich hinter ihm wurde Shootingstar Paul Lapeira (Decathlon – AG2R Fünfter. Das Hauptfeld sprintete elf Sekunden später um Rang zehn, den sich der Australier Michael Matthews (Jayco – AlUla) sicherte. Top-Favorit Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) kam nach einem diesmal eher blassen Auftritt auf Rang 22 ins Ziel.

Für den 24-jährigen Pidcock war es der siebte Profisieg seiner Karriere, beim Amstel Gold Race stand er 2021 (2.) und 2023 (3.) bereits auf dem Podium. “Ich würde sagen, dass es toll ist, es zum zweiten Mal gewonnen zu haben, aber ich habe in meiner Karriere schon für genug Kontroversen gesorgt…“, begann er sein Zielinterview mit einem süffisanten Lächeln.

Der Stachel der Niederlage gegen van Aert saß tief

Der Stachel der Niederlage gegen Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) saß offensichtlich noch tief. “Aber es fühlt sich jetzt einfach toll an. Der Beginn des Jahres war wirklich schwer. Ich habe viel aufgeopfert, war viel weg von zu Hause und jetzt passte endlich alles zusammen und ich konnte die Hände in die Luft strecken“, so Pidcock nach seinem ersten Saisonsieg.

“Ich habe dieses Rennen immer geliebt. Es ist etwas Besonderes. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber ich fahre hier immer gut. Heute hatte ich das Team voll hinter mir. Kwiatko hat alles für mich gegeben“, lobte er seinen polnischen Teamkollegen Michal Kwiatkowski, der das Amstel Gold Race bereits zweimal gewinnen konnte.

Im Finale musste es der Brite aber ohne seine Mannschaft richten – und das war kein Selbstläufer. “Nach Roubaix hatte ich Schulterprobleme und meine Hände taten weh, ich konnte die ganze Woche nicht sprinten oder meinen Lenker richtig festhalten. Richtig viel Vertrauen hatte ich darum nicht“, sagte Pidcock und zeigte dabei seine immer von noch Schürfwunden durchzogene Hand.

Weltmeister van der Poel verlor sein Heimspiel im Flachstück zwischen dem Eyserbosweg und dem Keutenberg. Seine Mannschaft hatte das Feld zunächst stark dezimiert. In der Zwischenpassage war dann aber niemand mehr beim Kapitän, um die rund 30-köpfige Gruppe zu kontrollieren. Van der Poel selbst reagierte nicht, als um ihn herum immer mehr Fahrer wegsprangen, den Keutenberg erreichte er letztendlich rund 30 Sekunden nach elf Spitzenreitern, die das Rennen unter sich ausmachten. “Da hatte wirklich jeder jeden angeguckt. Ich habe dann angegriffen und Tiesj und noch jemand gingen mit, wir waren die Letzten, die den Sprung nach vorn geschafft hatten“, analysierte Pidcock die rennentscheidende Phase.

Alexander Hajek (Bora – hansgrohe) zeigte sich im ersten WorldTour-Rennen seiner Karriere als einer der Ausreißer des Tages. Sein Teamkollege Maximilian Schachmann, der RSN vor dem Start berichtete, nach der Baskenland-Rundfahrt krank gewesen zu sein, musste das Peloton am Kruisberg ziehen lassen. Bester Deutscher wurde Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) auf Position 42 neun Sekunden hinter dem Feld, in dem auch die Schweizer Jan Christen (UAE Team Emirates) und Stefan Küng (Groupama – FDJ) dabei waren.

So lief das Amstel Gold Race:

Tosh van der Sande (Visma – Lease a Bike), Zeb Kyffin (TDT – Unibet), Enzo Leijnse (dsm-firmenich – PostNL) und Hajek hießen die vier Ausreißer, die sich nach 13 Kilometern aus dem Feld lösen konnten. Das Quartett fuhr seinen Verfolgern um maximal 4:30 Minuten davon, doch schon 74 Kilometer vor dem Ziel war es wieder eingefangen.

Louis Vervaeke (Soudal - Quick-Step), Mikkel Honoré Frolich (EF Education - EasyPost) und Paul Lapeira (Decathlon - AG2R La Mondiale) probierten es wenig später. Das Trio überstand an der Spitze den Einstieg ins Finale mit dem Loorberg, Gulperbergweg, Kruisweg und Eyserbosweg. Danach lösten sich aus dem Feld einige Fahrer, die am Keutenberg 28 Kilometer vor dem Ziel zu den Ausreißern aufschlossen. Vansevenant, Pidcock, Hirschi und Benoot setzten sich dort schließlich ab.

Dagegen kamen Roger Adria (Bora – hansgrohe), Kevin Vauquelin (Arkea - B&B Hotels), Bauke Mollema (Lidl - Trek), Lapeira, Honoré, Valentin Madouas, Quentin Pacher (beide Groupama - FDJ) und Pello Bilbao (Bahrain Victorious) auf dem Hochplateau wieder an die Spitze heran. Van der Poel hingegen schaffte den Anschluss nicht.

Das Streckenprofil des 58. Amstel Gold Race | Foto: Veranstalter

Am Cauberg fiel Honoré zurück, im Feld brachte ein Angriff von Mattias Skjelmose (Lidl – Trek) nicht das gewünschte Resultat. Danach setzte sich EF Education – EasyPost mit Richard Carapaz und Ben Healy an die Spitze, um dort für Teamkollege Marijn van den Berg Tempo zu machen. An der Kuppe es Geulhemmerbergs griff Hirschi voll an. Die Gruppe riss auseinander, nur Benoot, Pidcock und Vansevenant konnten folgen.

Sechs Kilometer vor dem Ziel griff Pidcock seine drei Begleiter auf dem Plateau nach dem Bemelerberg an. Benoot und Hirschi kamen wenige hundert Meter danach wieder heran, Vansevenant brauchte länger, doch auch er schaffte wieder den Anschluss.

D"Da die Verfolger im Finale immer näher kamen, trat der Soudal-Profi als sprintschwächster des Quartetts bereits 350 Meter vor dem Ziel an, um sich zumindest den vierten Platz zu sichern. Seine drei Konkurrenten zogen aber mühelos an Vansevenant vorbei und machten den Sieg unter sich aus. Den holte sich schließlich Pidcock knapp vor Hirschi, wobei er früh jubelte, sich dabei aber nicht wie Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) im Frauenrennen verschätzte.

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